Jörg-Martin Schultze

Compliance-Handbuch Kartellrecht


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also im elementaren Interesse der Verbände selbst, Vertrauen bei ihren Mitgliedern zu schaffen, indem sie durch Änderung von Strukturen und Abläufen zeigen, dass eine sichere Verbandsarbeit möglich ist. Diese verbandsinternen Schritte entbinden die Mitgliedsunternehmen natürlich nicht von der Verpflichtung, eigene Vorkehrungen und Compliance-Maßnahmen zur Einhaltung von Kartellrechtsregeln zu treffen, wenn sie die Risiken von Rechtsverstößen durch ihre Mitarbeiter künftig eindämmen wollen. Ohne eine Entsprechung auf Verbandsseite gehen diese unternehmensspezifischen Schritte allerdings ins Leere. Die Risiken, dass Mitarbeiter die Grenzen von Kartellrechtsverstößen anderenfalls verkennen und weiterhin an kartellrechtswidrigen Diskussionen, Datensammlungen etc. teilnehmen, sind ohne wechselseitige Vorkehrungen zu groß.

       4. Gefahrenbereich Ausschreibungen

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       5. Risikofaktoren für unzulässige Absprachen zwischen

       Wettbewerbern – Checkliste Compliance

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      Folgende Fragen können einen ersten Ansatzpunkt bei der Analyse von Risikofaktoren für unzulässige Absprachen und/oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Wettbewerbern liefern. Eine wirkungsvolle Compliance-Arbeit im Unternehmen muss ermitteln, ob und wenn ja welche besonderen Gefahrenbereiche in einem Unternehmen im Hinblick auf einen möglicherweise unzulässigen Informationsaustausch mit Wettbewerbern bestehen.

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       Checkliste: Risikofaktoren für unzulässige Absprachen

       ✓ Gibt es in den Geschäftsfeldern des Unternehmens bereits Anhaltspunkte für kartellrechtliche Untersuchungen?

       ✓ Haben in den Geschäftsfeldern oder bei Zulieferern oder Händlern des Unternehmens Durchsuchungen stattgefunden?

       ✓ Ist das Unternehmen auf Märkten aktiv, in denen eine hohe Markttransparenz herrscht oder auf andere Weise eine Reaktionsverbundenheit mit Wettbewerberverhalten festgestellt werden kann?

       ✓ Sind die Marktverhältnisse auf den relevanten Märkten starken Veränderungen ausgesetzt oder sind sie weitgehend stabil?

       ✓ Stellt das Unternehmen Produkte her, die sich von Wettbewerberprodukten vor allem über den Preis unterscheiden oder spielen andere Kriterien wie Qualität, Innovation etc. eine größere Rolle?

       ✓ Gab es in der Vergangenheit Umstände, die für alle Unternehmen am Markt Konsequenzen für die jeweilige Absatzstrategie hatten (z.B. Rohstoffpreiserhöhungen, Aufschläge, Steuererhöhungen, Umweltvorgaben etc.)? Wenn ja, gibt es Anhaltspunkte, dass Wettbewerber sich hier gleichförmig verhalten haben?

       ✓ Wie häufig finden Preisänderungen auf den relevanten Märkten statt? Gibt es einen einheitlichen Zeitpunkt für Preisänderungen, wenn ja, warum?

       ✓ Gibt es engen Kontakt zu Wettbewerbern? Wenn ja, von wem und zu welcher Gelegenheit?

       ✓ Sind die Kunden des Unternehmens z.T. auch seine Wettbewerber?

       ✓ Nimmt das Unternehmen an Ausschreibungen teil? Ist das Unternehmen Teil eines Bieterkonsortiums?

       ✓ Gibt es regelmäßigen Wettbewerberkontakt über Fachverbände, Messen oder ähnliche Veranstaltungen? Wer geht zu diesen Veranstaltungen? Wie wird über diese Veranstaltungen im Unternehmen berichtet?

       ✓ Gibt es Situationen, in denen sich das Unternehmen mit Wettbewerbern über Preise oder Verkaufsbedingungen austauscht?

       ✓ Sendet das Unternehmen Wettbewerbern direkte Informationen wie z.B. Preislisten zu oder erhält es solche Informationen von Wettbewerbern?

       ✓ Welche Rolle spielt die Preissetzung des Unternehmens für andere Teilnehmer im Markt?

       ✓ Kennt das Unternehmen die Preise, sonstige Verkaufsbedingungen oder künftige Strategien seiner Wettbewerber? Falls ja: woher? Kennen die Wettbewerber die Preise bzw. künftigen Strategien des Unternehmens? Falls ja: woher?

       ✓ Hat das Unternehmen jemals Schritte unternommen, um Wettbewerbern zu signalisieren, wie es sich im Markt verhalten wird bzw. welches Verhalten es von Wettbewerbern erwartet?

       ✓ Bestehen Kooperationsverträge mit Wettbewerbern?

       ✓ Setzt das Unternehmen Dritte systematisch zur Informationsbeschaffung ein?

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