Februar 2019
Sibylle Hofer
1Das Konzept dieses Leitfadens
1.1.Zielsetzung und Grundzüge der Gliederung
1. Quellen und Rechtsordnung
Das Buch verfolgt vor allem zwei Zielsetzungen: Zum einen will es bedeutsame historische Rechtstexte vorstellen. Zum anderen soll ein Einblick in Konzeptionen der Rechtsordnung gegeben werden. Dementsprechend ist jedes Kapitel in zwei Teile gegliedert: „Quellen“ und „Rechtsordnung“.
2. Epochen
Die Perspektive „Quellen“ bildet auch die Grundlage für die Kapiteleinteilung. Jedes Kapitel ist einem Zeitabschnitt gewidmet, der aus rechtsgeschichtlicher Perspektive als eine Epoche angesehen werden kann. Eine Zäsur wird immer dann gesetzt, wenn neue Arten von Rechtstexten – sei es im Hinblick auf Urheber, Formen oder Inhalte – in den Vordergrund treten. Dementsprechend benennen die Kapitelüberschriften Kategorien von Rechtstexten bzw. wissenschaftliche Richtungen, die eine bestimmte Zeitspanne kennzeichnen. Die Angaben von Jahreszahlen sind dabei als bloße Orientierungshilfen zu verstehen. Eine strikte zeitliche Abgrenzung der Epochen ist nicht möglich; es gibt stets fließende Übergänge.
3. Zeitliche und geographische Dimension
In zeitlicher Hinsicht umfasst die Darstellung etwa 2500 Jahre. Sie beginnt bei den ältesten überlieferten Quellen des römischen Rechts (5. Jahrhundert v. Chr.) und endet mit der Gründung der Europäischen Union (Ende 20. Jahrhundert). Der Leitfaden bezieht das römische Recht ein, da in späteren Zeiten vielfach darauf zurückgegriffen wurde. Um die Bedeutung solcher Rückgriffe ermessen zu können, sind Kenntnisse der ursprünglichen Gestalt notwendig. Die Schilderungen werden bis zu den ersten europäischen Gemeinschaften nach dem Zweiten Weltkrieg fortgeführt, da diese Gemeinschaften erste Grundlagen für einheitliche Rechtsgestaltungen in Europa legten.
In geographischer Hinsicht erfolgt eine Beschränkung auf Kontinentaleuropa, wobei der Schwerpunkt auf den Gebieten der heutigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz liegt.
4. Rechtsetzung und Rechtswissenschaft
Unter der Überschrift „Quellen“ werden in jedem Kapitel ausgewählte Texte erwähnt, aus denen heute das Recht einer Epoche bekannt ist. Schwerpunkte liegen auf Rechtsetzungen (z. B. Gesetze, Verfassungen) und auf rechtswissenschaftlichen Publikationen. Bei den Rechtsetzungen werden insbesondere das Rechtsetzungsverfahren sowie Regelungsmaterien geschildert. Im Mittelpunkt der Ausführungen zu wissenschaftlichen Publikationen stehen deren Themen und Methoden.
5. Grundkonzeption der Rechtsordnung
Der zweite Teil jedes Kapitels trägt die Überschrift „Rechtsordnung“. Darin geht es um die Konzeption der Rechtsordnung im jeweiligen Zeitraum. Entscheidend für diese Konzeption ist, ob bzw. inwieweit ein Staat Einzelpersonen Freiheiten zugestanden und diese geschützt hat. Die Perspektive gesicherter Freiräume lässt sich auch in Zeiten verfolgen, in denen es noch keinen Staat im modernen Sinn gab. Da ist dann auf die Haltung von Gemeinschaften bzw. Herrschaftsträgern abzustellen.
Die Grundkonzeption der Rechtsordnung wird mittels einer konkreten Herangehensweise aufgezeigt. Es erfolgen für jede Epoche Ausführungen zu drei Themenbereichen, deren Gestaltung sichtbar macht, in welchem Umfang und in welcher Weise Freiräume gewährt wurden: (1) Private Rechtsgestaltungen, (2) Gerichtswesen, (3) Verfolgung von Straftaten. Diese drei Themen berühren verschiedene Rechtsgebiete (Privatrecht, Strafrecht, Verfassungsrecht). Sie machen damit auch deutlich, dass im Hinblick auf die Grundkonzeption Verbindungslinien zwischen häufig getrennt betrachteten Rechtsgebieten bestehen.
1.2.2.1.Private Rechtsgestaltung
6. Gestaltungsfähige Personen
Unter der Überschrift „Private Rechtsgestaltung“ wird der Frage nachgegangen, inwieweit es Privatpersonen zu einer bestimmten Zeit möglich war, ihre Rechtsbeziehungen selbst zu regeln. Es geht somit um die Situation, die heute üblicherweise mit dem Begriff „Privatautonomie“ umschrieben wird. Die Ausführungen beginnen mit Hinweisen darauf, welchen Personengruppen überhaupt das Recht zukam, über ihr Vermögen zu verfügen und Rechtsgeschäfte abzuschließen.
7. Verträge
Die folgenden Abschnitte sind dann dem Umfang der Gestaltungsmöglichkeiten gewidmet. Zunächst wird darauf eingegangen, inwieweit die als gestaltungsfähig angesehenen Personen frei über den Abschluss und den Inhalt von Verträgen entscheiden konnten. Details zu einzelnen Vertragsarten bleiben dabei außen vor.
8. Eigentum
Im Anschluss daran geht es um die Frage, inwieweit gestaltungsfähigen Personen Verfügungsmöglichkeiten über Sachen eingeräumt wurden, die in ihrem Eigentum standen. Ein besonderes Augenmerk gilt der Verfügungsmöglichkeit über Grundstücke. An diesem Punkt kommen oft besonders deutlich prinzipielle Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Einzelpersonen und der Gemeinschaft zum Ausdruck.
9. Letztwillige Verfügungen
Von Eigentumsverfügungen, die zu Lebzeiten des Eigentümers wirksam werden, sind solche zu unterscheiden, deren Wirkung erst nach dem Tod eintritt. Ob bzw. inwieweit bestimmte Personen solche letztwilligen Verfügungen vornehmen konnten, ist der letzte Gesichtspunkt, der im Abschnitt „Rechtsgestaltungen“ dargestellt wird.
10. Gerichtsorganisation
Für den Schutz individueller Freiheiten spielt das Gerichtswesen eine wichtige Rolle. Diesem ist deswegen ein eigener Abschnitt gewidmet. Darin wird unter der Überschrift „Gerichtsorganisation“ geschildert, welche Institutionen Staaten bzw. Herrschaftsträger für die Verfolgung von Rechtsverletzungen sowie für die Durchsetzung von Rechten zur Verfügung stellten. Dabei wird der Blick auch darauf gerichtet, ob diese Institutionen frei entscheiden konnten, oder ob Staaten bzw. Herrschaftsträger Einfluss auf Urteile nahmen. Aufschlussreich ist insofern, welche Personen das Richteramt erhielten, und in welchem Verhältnis Gerichte zu anderen staatlichen Gewalten (Gesetzgebung und Exekutive) bzw. zum Herrscher standen.
11. Einzelne Gerichtsbarkeiten
Ein zweiter Abschnitt beinhaltet Bemerkungen zu einzelnen Gerichtsbarkeiten. Hier werden insbesondere solche Institutionen vorgestellt, die eine gerichtliche Kontrolle hoheitlicher Akte und damit einen Rechtsschutz des Einzelnen gegen den Staat ermöglichten.
1.2.2.3.Verfolgung von Straftaten
12. Materielles Strafrecht
Art und Umfang von Freiheitssicherungen werden besonders deutlich bei der Verfolgung von Straftaten. In dem entsprechenden Abschnitt steht in frühen Zeiten der Aspekt im Vordergrund, inwieweit es Opfern von Straftaten überlassen war, selbst Rache zu nehmen. Aus dieser Perspektive lässt sich der Aufbau eines staatlichen Gewaltmonopols beobachten. In späteren Zeiten ist dann die Legitimation