Christian Möller

Umsatzsteuerrecht


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C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › II. Rückgängigmachung/Rücklieferung

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Rückgängigmachung: Ein Leistungsaustausch ist zu verneinen, wenn das einer Lieferung zugrunde liegende Schuldverhältnis rückabgewickelt wird (hier ist auch von „Rückgabe“) die Rede. Dies ist etwa der Fall, wenn der Käufer einer Sache wegen eines Mangels den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt (§ 437 Nr 2 BGB) oder der Käufer von einem vertraglichen Rücktrittsrecht Gebrauch macht. In diesen Fällen ist ein steuerbarer Umsatz im Ergebnis zu verneinen.
Rücklieferung: Eine Rücklieferung lässt den in der ersten Lieferung liegenden steuerbaren Umsatz dagegen unberührt: Neben die erste Lieferung tritt mit der Rücklieferung zudem ein weiterer Umsatz, der steuerbar ist, wenn die allgemeinen Voraussetzungen dafür vorliegen (insbesondere also der Käufer – ebenfalls – Unternehmer ist).

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      Beispiel 1:

      Eine Computerhändlerin verkauft im Mai 01 ein Notebook an einen Studenten (Nichtunternehmer). Erklärt der Student im Juni 01 wegen eines Mangels des Notebooks den Rücktritt, verbleibt es zwar für den Monat Mai bei einer steuerbaren Lieferung der Händlerin an den Studenten. Für den Voranmeldungszeitraum der Rückgängigmachung (Juni) hat die Händlerin aber eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr 3 i. V. m. Abs. 1 S. 1, 7 UStG vorzunehmen (s. zu § 17 UStG noch Rn 556 ff). Sie bekommt danach im Juni die im Mai entrichtete Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück.

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      Beispiel 2:

      § 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › III. Schadensersatz

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      Beispiel 1:

      S beteiligt sich an einer Demonstration, die völlig eskaliert. S zündet (von der Polizei auf Video dokumentiert) ein Taxi an, das dem selbstständigen Taxi-Unternehmer G gehört. Der Schadensersatz, den S dem G (u. a.) nach § 823 Abs. 1 BGB schuldet, ist nicht steuerbar, weil kein Leistungsaustausch vorliegt (keine Gegenleistung des Geschädigten). Dies gilt für den Ersatz des Sachschadens, aber auch für einen Verdienstausfall, den S dem G als entgangenen Gewinn nach § 252 BGB zu erstatten hat. Zwar ersetzt hier die Zahlung des Schädigers Einnahmen, die bei G sonst der Umsatzsteuer unterlägen. Aber es besteht kein Zusammenhang mit erbrachten Leistungen, sondern gerade mit nicht erbrachten Leistungen. Ein zu besteuernder Verbrauch ist zu verneinen.

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      Beispiel 2:

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      Beispiel 3:

      Wenn ein Kunde des G eine Fahrt zum Flughafen ohne Begründung fünf Minuten vor der Abfahrt „absagt“, kann G den Kunden zivilrechtlich auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 2 BGB) in Anspruch nehmen. Weil der Schadensersatz in diesem Fall kein Entgelt für eine von G erbrachte Leistung ist, handelt es sich um – nicht steuerbaren – echten Schadensersatz.

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      Beispiel 4:

      Anders ist dagegen folgender Fall des Schadensersatzes statt der Leistung zu beurteilen: G tauscht mit Autohändler A Autos. Im Austausch gegen drei alte Mercedes-Benz soll A dem G einen neuen Toyota Prius (Hybridfahrzeug) liefern. Während G die drei Gebrauchtfahrzeuge pflichtgemäß liefert, liefert A den Prius nicht. G verlangt deshalb nach Fristsetzung Schadensersatz wegen Nichterfüllung, berechnet nach der Surrogationstheorie: A soll die drei Gebrauchtwagen behalten und an G Schadensersatz in Höhe des vollen Wertes der ausgebliebenen Gegenleistung (also des Prius) zahlen. In diesem Fall ist der Schadensersatz umsatzsteuerrechtlich das Entgelt für die Lieferung der Gebrauchtwagen. Die Zahlung ist als unechter Schadensersatz steuerbar.

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