Schwellenwerte erreicht werden. Stellen etwaige zu dem Personalabbau hinzu tretende Änderungen selbst oder unter Einbeziehung des Personalabbaus ihrerseits eine Betriebsänderung dar, entfällt diese Beschränkung und es ist nach § 112 Abs. 4 BetrVG ein Sozialplan erzwingbar.[290]
171
Die Regelungen des § 17 KSchG finden bei einem reinen Personalabbau keine Anwendung. Die maßgeblichen Schwellenwerte richten sich nach den Vorgaben des § 112a Abs. 1 BetrVG:
Betriebsgröße (in der Regel beschäftigte Arbeitnehmer (Arbeitnehmer) | Anzahl Entlassungen |
---|---|
< 60 Arbeitnehmer | 20 % oder mind. 6 Arbeitnehmer |
mind. 60 < 250 Arbeitnehmer | 20 % oder mind. 37 Arbeitnehmer |
mind. 250 < 500 Arbeitnehmer | 15 % oder mind. 60 Arbeitnehmer |
mind. 500 Arbeitnehmer | 10 %, mind. aber 60 Arbeitnehmer |
172
Als Entlassung gilt nach § 112a Abs. 1 Satz 2 BetrVG auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung „veranlasste“ Ausscheiden von Arbeitnehmern aufgrund von Aufhebungsverträgen. Dem werden Eigenkündigungen, die der Arbeitgeber „veranlasst“ hat, gleichgestellt. Eine solche Veranlassung wird bejaht, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer konkret geplanten Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der eigenen Initiative komme er einer ansonsten erfolgenden betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers zuvor.[291]
173
Hinsichtlich der Zusammenrechnung der Anzahl der entlassenen Arbeitnehmern gelten die allgemeinen Grundsätze, die im Rahmen des § 111 BetrVG entwickelt wurden: bei einem stufenweisen Abbau ist entscheidend, ob dieser auf einer einheitlichen Planung beruht.[292]
174
Auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung findet § 112 Abs. 4 und 5 BetrVG keine Anwendung, d.h. der Sozialplan ist hier nicht erzwingbar. Das gilt für alle Betriebsänderungen, auch solche, die nicht unter § 112a Abs. 1 BetrVG fallen. Keine Anwendung findet diese Privilegierung allerdings für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Hierdurch soll die Umgehung erzwingbarer Sozialpläne durch konzerninterne Neugründungen verhindert werden.[293] Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist nach § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.
175
Umstritten ist, ob für die Wahrung der 4-Jahres-Frist der Entschluss oder die Durchführung der Betriebsänderung maßgeblich ist. Zum Teil wird auch auf den Spruch der Einigungsstelle abgestellt.[294] Nach zutreffender Ansicht ist auf den Beginn der Durchführung der Betriebsänderung abzustellen, die ein objektivierbares Kriterium darstellt.[295]
176
Der Sozialplan bedarf der Schriftform, d.h. er ist schriftlich zu vereinbaren und bedarf der eigenhändigen Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden (bzw. seinem Vertreter). Davon, dass die Textform ausreicht, wird man nicht ausgehen können[296].
177
Zuständig für den Abschluss des Sozialplans ist regelmäßig der örtliche Betriebsrat. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats richtet sich nach den allgemeinen Regeln, so dass seine Zuständigkeit nur dann gegeben ist, wenn ein zwingendes Bedürfnis für eine betriebsübergreifende Ausgleichsregelung besteht (§ 50 BetrVG).[297] Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Vereinbarung eines Interessenausgleichs folgt nicht zwingend die gesetzliche Zuständigkeit für den Abschluss eines Sozialplans. Dafür ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 BetrVG gesondert zu prüfen. Ob danach ein zwingendes Bedürfnis nach einer zumindest betriebsübergreifenden Regelung besteht, oder die Nachteile betriebsbezogen auszugleichen sind, bestimmt sich insbesondere nach Gegenstand und Ausgestaltung der Betriebsänderung im Interessenausgleich sowie nach den im Einzelfall den Arbeitnehmern hierdurch entstehenden Nachteilen.[298]
178
Entscheidend ist damit zunächst, ob ein mit dem Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG vereinbarter Interessenausgleich Betriebsänderungen regelt, die einzelne Betriebe unabhängig voneinander betreffen, oder eine solche, die sich auf einen Betrieb beschränkt. In beiden Fällen ist ein unternehmensweiter Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile im Sozialplan nach der Rechtsprechung des BAG nicht zwingend.[299] Erfassen die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen hingegen mehrere oder gar sämtliche Betriebe des Unternehmens und ist die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen in dem noch abzuschließenden Sozialplan, so kann diese Aufgabe von den Betriebsräten der einzelnen Betriebe nicht mehr wahrgenommen werden; sie ist dem Gesamtbetriebsrat zugewiesen. Das BAG spricht hier von einem „Abhängigkeitsverhältnis“ zwischen unternehmensweiten Betriebsänderungen und einer darauf abstellenden Sozialplanregelung zum Ausgleich von Arbeitsplatzverlusten und sonstigen wirtschaftlichen Nachteilen. Zu bejahen kann dies etwa dann sein, wenn für das Unternehmen ein Insolvenzantrag gestellt ist und zur Abwendung der Insolvenz ein unternehmenseinheitliches Sanierungskonzept aufgestellt wird, das nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unternehmen bezogenen Sozialplanvolumens realisiert werden kann. Denn hiermit ist notwendiger Weise die Entscheidung darüber verbunden, wie dieses Gesamtvolumen auf die betroffenen Arbeitnehmer verteilt werden soll.[300]
179
Auf Arbeitgeberseite kann im Gemeinschaftsbetrieb zweifelhaft sein, wer Verhandlungspartner des Sozialplans ist. Denkbar ist, dass ein gemeinsamer Sozialplan mit allen beteiligten Arbeitgebern geschlossen wird, oder getrennte Sozialpläne. Die Entscheidung hierüber liegt bei den Betriebsparteien. Allerdings kann ein Sozialplan nur gegenüber dem Vertragsarbeitgeber erzwungen werden (vgl. Rn. 165).[301]
bb) Inhalt
180
Die Betriebsparteien sind in ihrer Entscheidung, welche wirtschaftlichen Nachteile sie ausgleichen oder mildern wollen, im Wesentlichen frei.[302] Sie sind insbesondere nicht gehalten, sämtliche erdenklichen Nachteile abzumildern.[303] Sie können bei ihrer Regelung von einem Nachteilsausgleich auch gänzlich absehen oder nach der Vermeidbarkeit von Nachteilen unterscheiden.[304]
181
Es muss sich aufgrund der Begrenzung auf „wirtschaftliche“ Nachteile vielmehr um vermögenswerte Nachteile handeln, d.h. etwa den Verlust des Arbeitsplatzes, die Minderung des Einkommens, etwaige Umzugs- oder erhöhte Fahrtkosten. Die für erzwingbare Sozialpläne geltenden Grundsätze (§ 112 Abs. 5 BetrVG) können als Orientierung herangezogen werden. Das BAG geht insoweit von einer Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans aus.[305]
182
In Fällen, in denen Entlassungen von Arbeitnehmern erfolgen, ist in der Praxis regelmäßig die Zahlung von Abfindungen ein zentraler Bestandteil. Eine gängige Formel für die Berechnung von Abfindungen knüpft an die Dauer der Betriebszugehörigkeit an („Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt x (sog. Faktor)“ = Abfindung), zum Teil wird auch das Lebensalter einbezogen (Dauer der Betriebszugehörigkeit