Martin Loughlin

Handbuch Ius Publicum Europaeum


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neuen Abschnittes Xa (Art. 115a–115l GG) über das gesamte Grundgesetz.[198] Betroffen waren zunächst die Grundrechte durch Ergänzung des Art. 9 Abs. 3 GG um einen Satz 3 sowie Einschränkungen bei Art. 10, 11 GG und die Einfügung von Art. 12a GG; betroffen waren sodann das Verhältnis von Bund und Ländern (Art. 35 GG), die Kompetenzkataloge sowie Struktur und Aufgaben der Bundesorgane (u.a. Einfügung eines Abschnittes IVa). Letztlich stand hinter dieser Detaillierung und der mehrfachen Stufung des äußeren Notstandsfalles das Bestreben, „die Mängel der Regelung des Art. 48 Abs. 2 der Weimarer Verfassung zu vermeiden und den Gefahren einer allgemeinen Notstandsklausel zu wehren“[199]. Stattdessen wird ganz im Sinne konsequenter rechtlicher Durchformung des Notstands die unabhängige Gerichtsbarkeit weitgehend ungeschmälert erhalten und die Kontrollfunktion des Parlaments nach Möglichkeit bewahrt.[200] Die Stunde des Notstands sollte nicht mehr allein die Stunde der Exekutive sein. Auch gab es Kompensationsgeschäfte wie die Einfügung des Widerstandsrechts in Art. 20 Abs. 4 GG oder der (bis dato nur einfachgesetzlich geregelten) Verfassungsbeschwerde in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG.[201] Einer wirklichen Probe auf ihre Operationalisierbarkeit musste die Notstandsverfassung bislang glücklicherweise nicht unterzogen werden; ob sie sie bestehen würde, lässt sich wegen ihrer hohen, aber vielleicht wenig praktikablen Regulierungsdichte bezweifeln.

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