durchsetzbar Verpflichtung der Erben, das Unternehmen für eine bestimmte Zeit zu verpachten. Gegebenenfalls kann sich der Erblasser durchringen, seine Unternehmen bereits zu Lebzeiten in eine GmbH umzuwandeln (etwa auch durch Gründung einer Vorratsgesellschaft). Die vorbeschriebenen Probleme der Testamentsvollstreckung stellen sich bei einer Kapitalgesellschaft nicht in dieser Schärfe.
a) Unternehmensbewertung
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Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs ist der tatsächliche Verkehrswert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend, § 2311 Abs. 1 BGB. Ein einzelkaufmännisches Unternehmen ist daher grds. mit seinem vollen Wert einschließlich etwaiger stiller Reserven und des good will zu bewerten.[300] Auf Buch- oder Bilanzwerte ist nicht abzustellen. Auch kann der Erblasser nicht eine abweichende Wertbestimmung anordnen, § 2311 Abs. 2 S. 2 BGB. Wie der volle Wert eines Unternehmens für Zwecke der Pflichtteilsberechnung ermittelt wird, ist im Gesetz – insbesondere im Vergleich zum steuerlichen Bewertungsrecht – kaum geregelt.[301] Im Idealfall lässt sich der Wert eines Unternehmens durch einen zeitnahen Verkaufspreis feststellen. Bis zu welchem Zeitpunkt ein zeitnaher Verkauf angenommen werden kann, ist von der Rechtsprechung bislang nicht einheitlich beurteilt worden. Teilweise wurden Betriebsveräußerungen fünf Jahre, in einem Einzelfall sogar sechseinhalb Jahre nach dem relevanten Stichtag, noch als ein Verkauf in zeitlicher Nähe eingestuft.[302] Der ein bis zwei Jahre nach dem Erbfall vereinbarte Kaufpreis kann wohl mit Sicherheit als zulässiger Bewertungsmaßstab herangezogen werden.[303]
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Lässt sich der Unternehmenswert nicht aus einem zeitnahen Verkaufspreis ableiten, stehen für die Bewertung eines Unternehmens im Wesentlichen folgende Bewertungsmethoden zur Verfügung:
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Beim Ertragswertverfahren werden die künftig zu erwartenden Überschüsse aus den in der Vergangenheit (i.d.R. in den letzten drei bis fünf Jahren[304] vor dem Erbfall) liegenden Überschüssen hochgerechnet. Diese Überschüsse werden dabei um Abschreibungen, angemessenen Unternehmerlohn und laufende Betriebssteuern bereinigt.[305] Aus diesen Überschüssen wird anschließend das Jahresdurchschnittsgewinn ermittelt, wobei es sachgerecht erscheint, dem letzten Jahresergebnis ein größeres Gewicht zukommen zu lassen.[306] Der so ermittelte Jahresdurchschnittsgewinn ist auf den Stichtag abzuzinsen.[307] Auf diese Weise wird der Betrag ermittelt, der unter Anwendung eines angemessenen Kapitalisierungszinsfusses eine laufende Rendite i.H.d. prognostizierten Überschüsse erwarten lässt.[308] Der Kapitalisierungszinsfuss wird dabei auf der Grundlage der Effektivverzinsung inländischer öffentlicher Anleihen, also risikoloser Anlageformen, ermittelt.[309] In der Praxis ist die Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes regelmäßig streitanfällig. Die Sachverständigenansätze schwanken hier zwischen 5 und 15 % jährlich.[310] Der auf diese Weise ermittelte Ertragswert ist abschließend um den gemeinen Wert der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände zu erhöhen, da diese auf den prognostizierten Ertrag des Unternehmens keinen Einfluss haben.[311]
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Dem Ertragswertverfahren ähnlich ist das international vorherrschende „Discounted-Cash Flow-Verfahren“ (DCF-Verfahren), das allerdings in der Rechtsprechung bislang keinen Niederschlag gefunden hat.[312]
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Beim Substanzwertverfahren werden alle selbstständig veräußerungsfähigen Vermögensgegenstände des Unternehmens zu Wiederbeschaffungspreisen, abzüglich der Verbindlichkeiten, bewertet.[313] Das Substanzwertverfahren geht von einer Unternehmensfortführung aus.[314]
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Die sog. Mittelwertmethode bildet einen Mittelwert aus Ertrags- und Substanzwert.
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Der Liquidationswert eines Unternehmens ist der Barwert aller Nettoerlöse, die sich bei einer Veräußerung der einzelnen Vermögensgegenstände abzüglich Schulden und Liquidationskosten bei einer Aufgabe des Betriebs ergeben.[315]
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Bei der Vergleichswertmethode wird ein Markt gesucht, auf dem sich ein allgemein anerkannter Wert für ein Unternehmen bilden lässt. Da sich aber kaum zwei Unternehmen finden, die wirklich miteinander vergleichbar wären, scheidet diese Methode im Rahmen der Pflichtteilsberechnung von vornherein aus.[316]
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Grundsätzlich kann der Tatrichter frei entscheiden, welche Bewertungsmethode er im zu entscheidenden Einzelfall anwendet.[317] Die Literatur und die Betriebswirtschaftslehre ziehen heute allerdings nahezu einhellig das Ertragswertverfahren heran, um den Wert eines Unternehmens zu ermitteln (zuzüglich einer Einzelbewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens).[318] Der BGH hat sich zur Unternehmensbewertung im Pflichtteilsrecht bislang noch nicht geäußert. Zum Zugewinnausgleich ergingen jedoch Entscheidungen, die auf die Ertragswertmethode abstellten.[319] Trotz der bestehenden Strukturunterschiede zwischen Zugewinn und Pflichtteil sind keine zwingenden Gründe ersichtlich, warum die zum Zugewinn ergangene Rechtsprechung nicht auch auf das Pflichtteilsrecht übertragen werden könnte.[320] Andere Bewertungsverfahren, insbesondere das früher angewandte Substanzwertverfahren (zuzüglich eines „good will“) oder die Mittelwertmethode sind damit überholt.[321] Als Untergrenze für die Pflichtteilsbewertung wird überwiegend der Liquidationswert angenommen.[322] Ist der Erlös aus dem Verkauf des Unternehmens größer als der Ertrag aus der Fortführung, wird ein rational agierender Kaufmann sein Unternehmen veräußern. Wird das Unternehmen trotzdem fortgeführt, hat der BGH es in einer früheren Entscheidung abgelehnt, auf den Liquidationswert abzustellen, es sei denn die Fortführung ist wirtschaftlich nicht vertretbar.[323] Diese Ansicht führt allerdings zu dem nicht überzeugenden Ergebnis führen, dass die Höhe des Pflichtteilsanspruchs von der subjektiven Entscheidung des Erben abhängt, das Unternehmen fortzuführen (oder eben nicht): Führt der Nachfolger das Unternehmen fort, gilt die Ertragswertmethode, andernfalls der Liquidationswert.[324] Der Liquidationswert ist schließlich auch dann maßgeblich, wenn der Erblasser die Fortführung des Unternehmens etwa durch Auflagen oder Strafklauseln angeordnet hat. § 2311 Abs. 2 S. 2 BGB verbietet, dass der Erblasser mittelbar oder unmittelbar Einfluss auf die Pflichtteilsbewertung nimmt.[325]
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Sofern die Erben das Unternehmen veräußern, werden einkommensteuerpflichtige Gewinne entstehen, § 16 Abs. 3 EStG. Nach der früheren Rechtsprechung des BGH konnte diese latente Steuerlast bei der Pflichtteilsberechnung nur berücksichtigt werden, wenn eine Auflösung der stillen Reserven absehbar war oder der Wert des Unternehmens nur durch Verkauf realisiert werden konnte.[326] Richtigerweise muss man die latente Steuerlast immer als Risikofaktor berücksichtigen.[327] Dies entspricht der neueren Rechtsprechung zum Zugewinnausgleich, die sich auf die Pflichtteilsberechnung übertragen lässt.[328] Der BGH akzeptiert hier eine pauschalierte Abzinsung von 25 %. Dies erscheint als angemessen, sofern nicht besondere Aspekte, wie z.B. eine Betriebsstilllegung kurz nach Erbfall, hinzukommen.[329] Darin ist kein Verstoß gegen das Stichtagsprinzip des § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB zu sehen, da die stillen Reserven bereits vor Eintritt des Erbfalls gebildet worden sind.
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Bei kleineren und mittlere Unternehmen sowie Handwerksbetriebe hängt der Ertrag regelmäßig stark von der Person des Unternehmensinhabers ab. Ein neuer Unternehmensinhaber kann zu einer deutlich schlechteren Ertragsaussicht führen. Welchen Anteil aber dieser personale Faktor für den Ertrag des Unternehmens hat, lässt sich naturgemäß kaum genau bestimmen.[330] Das vergangenheitsbezogene Ertragswertverfahren kann hier nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen. Für die Berechnung des Zugewinns hat der BGH auf den Substanzwert (zuzüglich eines etwaigen „good will“) abgestellt.[331] Im Bereich des Pflichtteilsrechts fehlt es bislang noch an einer Entscheidung. Richtigerweise