erhält aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung einen jährlichen Erholungsurlaub von 20 Tagen. Ab dem 1.6.2019 erkrankt er durchgehend bis zum 26.10.2021. Nach seiner Rückkehr an den Arbeitsplatz stehen ihm folgende Urlaubsansprüche zu:
Aus 2019 zunächst 20 Tage, die nach 15 Monaten, d.h. mit Ablauf des 31.3.2021 verfallen sind.
Aus 2020 ebenfalls 20 Tage, die am 26.10.2021 noch nicht verfallen sind sowie aus 2021 ebenfalls 20 Tage. Es ergibt sich ein Gesamturlaubsanspruch von 40 Tagen.
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Der EuGH konnte indes nur eine Entscheidung hinsichtlich des Mindesturlaubs treffen. Der darüberhinausgehende Mehrurlaub kann hiervon eigenständigen und abweichenden Regelungen unterworfen sein. Damit kann der tarifliche Mehrurlaub bei krankheitsbedingter Abwesenheit des Beschäftigten auch weiterhin mit Ablauf des 31.12. des Folgejahres, nach 12 Monaten, verfallen.
Es ist somit hinsichtlich des Verfalls von Urlaubsansprüchen stets zwischen dem Mindest- und dem Mehrurlaub zu differenzieren.
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Das BAG[19] hat sich der Auffassung des BMI nicht verschlossen und die 15-Monats-Frist im Geltungsbereich des TVöD hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs angewandt. Streitig war der Fall, in welchem im Anschluss an die Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis wegen Gewährung einer Rente auf Zeit nach § 33 Abs. 2 S. 5, 6 TVöD ruht. Insoweit wurden die gesetzlichen Mindesturlaubsansprüche auch im ruhenden Arbeitsverhältnis anerkannt. Die darüber hinausgehenden tariflichen Urlaubsansprüche konnten mittels § 33 TVöD ausgeschlossen werden.
Beispiel
Ein vollzeitbeschäftigter Tarifbeschäftigter erleidet am 15.5.2018 einen Herzinfarkt. Ab dem 1.11.2020 bezieht er eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Das Arbeitsverhältnis wird zum 30.9.2021 beendet.
2018: Der Beschäftigte erwirbt 30 Urlaubstage. Aufgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit verfällt der Mindesturlaub von 20 Tagen nicht zum 31.12.2019, sondern erst mit Ablauf des 31.3.2020.
Der Mehrurlaub verfällt zum 31.12.2019.
2019: Der Mindesturlaub verfällt zum 31.3.2021.
Der Mehrurlaub verfällt zum 31.12.2020.
2020: Der Mindesturlaub von 20 Tagen ist nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis 1.10.2021 nicht verfallen.
Da der Beschäftigte ab dem 1.11.2020 eine Rente auf Zeit bezieht, steht ihm nur bis zu diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Mehrurlaub zu, 10/12 × 10 Tage, folglich 8,33 Tage, gerundet 8 Tage. Diese sind ebenfalls noch nicht verfallen.
2021: Dem Beschäftigten steht der volle gesetzliche Mindesturlaub von 20 Tagen zu, da er die Wartezeit erfüllt und nicht in der ersten Kalenderjahreshälfte ausgeschieden ist.
Aufgrund der tariflichen Kürzungsregelung erhält er während der Rente auf Zeit keinen tariflichen Mehrurlaub.
Ergebnis: Der Beschäftigte hat einen nicht verfallenen Urlaubsanspruch i.H.v. insgesamt 48 Tagen.
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Zugleich wurde seitens des BAG die Frage der Anspruchskonkurrenz hinsichtlich der Tilgung von gesetzlichen und tariflichen Urlaubsansprüchen geklärt: Treffen gesetzlicher und tariflicher Urlaub zusammen, so handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, der lediglich auf verschiedenen Anspruchsgrundlagen beruht, nicht jedoch um selbstständige Ansprüche. Werden Urlaubsansprüche getilgt, so wird sowohl der gesetzliche als auch der tarifliche Anspruch erfüllt, jedoch nur soweit beide deckungsgleich sind. Besteht beispielsweise ein Gesamturlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen pro Kalenderjahr, so sind die ersten 20 in Anspruch genommenen Urlaubstage sowohl auf den Mindest- als auch auf den Mehrurlaub anzurechnen. Die weiteren 10 Tage sind hingegen lediglich dem tariflichen Mehrurlaubsanspruch zuzuordnen.
Treffen Ansprüche aus mehreren Kalenderjahren zusammen, so ist vorrangig der ältere Anspruch zu gewähren.
Beispiel
Ein in Vollzeit Tarifbeschäftigter erkrankt am 17.6.2019 schwer bis zum 2.3.2021. Im Kalenderjahr hatte er vor seiner Erkrankung bereits 10 Tage Erholungsurlaub in Anspruch genommen.
Aus dem Kalenderjahr 2019 besteht noch ein Resturlaubsanspruch von 20 Tagen. Da bei der Inanspruchnahme die bereits genommenen 10 Tage sowohl in Bezug auf den Mindest- wie auch auf den Mehrurlaub in Ansatz zu bringen sind, besteht nach Rückkehr am 3.3.2021 kein Anspruch mehr auf den Mehrurlaub, dieser verfällt am 1.1.2021.
Somit hat der Tarifbeschäftigte aus dem Kalenderjahr 2019 noch einen Resturlaubsanspruch von 10 Tagen. Dieser Anspruch ist vorrangig gegenüber Urlaubsansprüchen aus 2020 und 2021 abzubauen.
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Das BAG[20] hat nunmehr unter Umsetzung der Vorgaben des EuGH[21] in einem Grundsatzurteil entschieden, dass der bezahlte Jahresurlaub in der Regel nur dann erlischt, wenn der Arbeitgeber zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat, so im Falle eines Wissenschaftlers der Max-Planck-Gesellschaft, der im Oktober erfuhr, dass sein Arbeitsvertrag nicht verlängert wird und er noch 53 offene Urlaubstage hat.
Zwar zwinge § 7 Abs. 1 BUrlG den Arbeitgeber nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings obliege ihm die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Der Arbeitgeber sei gehalten, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage sei, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn auffordere, dies zu tun. Der Arbeitgeber habe klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der konkret ermittelte Urlaub am Ende des Bezugszeitraums verfallen werde, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nehme.
Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 7 BUrlG könne der Verfall daher regelmäßig nur eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Übertragungszeitraums erlösche.
Das BAG hat indes offengelassen, bis wann der Arbeitgeber im laufenden Urlaubsjahr die Aufforderung abgegeben haben muss. Da der Monat Oktober vom BAG als nicht mehr rechtzeitig betrachtet wurde, empfiehlt es sich dringend, bis spätestens zum Sommer, besser noch Anfang des Kalenderjahres eine entsprechende persönliche Mitteilung dem Arbeitnehmer zu übermitteln und damit dieser Initiativlast nachzukommen.
Achtung
Der Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig, dem Arbeitnehmer die Mitteilung der offenen Urlaubsansprüche rechtzeitig und klar übermittelt zu haben.
Im Einzelfall kann es erforderlich werden, den Beschäftigten nicht nur einmalig in der ersten Kalenderjahreshälfte über seine Urlaubsansprüche aufzuklären. Wechselt der Beschäftigte das Arbeitszeitmodell im laufenden Kalenderjahr, nimmt er Sonderurlaub, geht er in die Freistellungsphase der Altersteilzeit oder geht er im laufenden Jahr in den Ruhestand, so bedarf es einer erneuten oder früheren Mitteilung. Ist die Mitteilung unbestimmt hinsichtlich der Anzahl der Tage oder erfolgt sie nicht rechtzeitig, tritt kein Verfall ein.
Beispiel
Eine vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin tritt mit Ablauf des 28.2.2021 in den Ruhestand ein. Für Januar und Februar 2021 erhält sie noch einen anteiligen Urlaubsanspruch von 2/12 von 30 Tagen, folglich 5 Tage. Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr bestehen nicht mehr. Rechtzeitig vor Renteneintritt ist sie konkret darüber zu informieren, dass ihr noch Urlaub i.H.v. 5 Tagen zusteht, der mit Ablauf des 28.2.2021 verfällt.