– vergleichbar der Regelung in §§ 16ff. AktG – ein anderes beherrscht, wenn es die Mehrheit daran hält.137 Nach einer anderen Ansicht kommt es darauf an, ob ein Unternehmen ein anderes kontrolliert, beispielsweise durch Verträge, die ihm die Ausübung der Stimmenmehrheit ermöglichen (vgl. Art. L 233-3).138
Die Schwellenwerte für die Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer unterscheiden sich von den sonst in Frankreich üblichen, etwa dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung sowie dem „Gesetz zur Transparenz, dem Kampf gegen die Korruption und zur Modernisierung des wirtschaftlichen Lebens“.139 Der Senat hatte im Gesetzgebungsverfahren versucht, diese Werte zu harmonisieren, sich aber letztlich nicht durchgesetzt.140
Die Berechnung der Arbeitnehmer in Frankreich folgt den Regeln des Arbeitsrechts.141 Wie Arbeitnehmer in Franchise-Betrieben einzuordnen sind, scheint dabei bislang ungeklärt.142 Auch die Berechnung der Zahl der im Ausland beschäftigten Mitarbeiter ist unklar.143
Diese Unternehmen müssen einen „Sorgfaltsplan“ („plan de vigilance“) erarbeiten, offenlegen und effektiv umsetzen. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Tochterunternehmen oder von anderen kontrollierte Unternehmen, wenn das Unternehmen, das sie kontrolliert, einen Sorgfaltsplan bezüglich des Unternehmens und all seiner Tochterunternehmen erstellt und umsetzt (L. 225-102-4 I Code de Commerce). Die Vorschrift lehnt sich an das „Sapin II“-Gesetz, das Unternehmen, die in Frankreich tätig sind und mehr als 500 Mitarbeiter haben sowie deren Vorstand zur Einrichtung eines besonderen Compliance-Programms verpflichtet, das die Risiken von Korruption mindern soll. Auch hier stellt sich die Frage, was unter Tochterunternehmen zu verstehen ist.144
Der Sorgfaltsplan soll in Zusammenarbeit mit Betroffenen bzw. Interessengruppen oder innerhalb von gemeinsamen Initiativen erarbeitet werden.145
Er muss fünf Elemente enthalten:
– Eine Darstellung der Risiken für Menschenrechte und fundamentale Freiheiten, die Gesundheit und Sicherheit von Individuen und die Umwelt
– Verfahren für die regelmäßige Evaluierung, der Situation der Niederlassungen, der Subunternehmer oder der Zulieferer
– Maßnahmen, die getroffen werden, um die Risiken abzumildern und schwere Verletzungen zu verhindern
– ein Mechanismus für Hinweise und die Entgegennahme von Meldungen
– ein System, um die Maßnahmen nachzuvollziehen und ihre Effektivität zu beurteilen.
Die Pflichten sind also den UN Guiding Principles entnommen; sie sind eine Ausweitung des Begriffs der Sorgfaltspflicht aus der Sphäre der Vereinten Nationen in die nationale Sphäre Frankreichs.146 Sie entsprechen im Wesentlichen denjenigen des LkSG.
Unternehmen müssen diejenigen Risiken identifizieren, die sich aus ihren eigenen Aktivitäten sowie den Aktivitäten von Unternehmen ergeben, die sie direkt oder indirekt kontrollieren, und die sich aus den Aktivitäten von Subunternehmen oder von Lieferanten ergeben, mit denen sie eine etablierte Geschäftsbeziehung haben. Eine etablierte Geschäftsbeziehung ist im französischen Recht definiert als eine stabile, regelmäßige Geschäftsbeziehung, die mit oder ohne Vertrag stattfindet, mit Geschäften eines gewissen Umfangs und einer vernünftigen Erwartung, dass diese Beziehung andauern wird.147
Der Bericht muss veröffentlicht und in den Management-Bericht aufgenommen werden. Dieser ist wiederum ein Teil des Referenzdokuments (Document des références) oder des Allgemeinen Registrierungsdokuments, das Unternehmen veröffentlichen müssen. Das Gesetz ermächtigt den Conseil d’Etat, ein Dekret zu erlassen, das die Anforderungen an den Sorgfaltsplan näher erläutert.
Wenn ein Unternehmen seinen Berichtspflichten nicht nachkommt, wird es darauf hingewiesen. Legt das Unternehmen daraufhin nicht binnen drei Monaten den Bericht vor, kann das zuständige Gericht die Erstattung des Berichts anordnen und ein Zwangsgeld verhängen.
Darüber hinaus sieht das Gesetz eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht vor. Verletzen Unternehmen ihre Pflicht zur Veröffentlichung eines Sorgfaltsplans oder ist dieser Plan mangelhaft, können Personen, die dadurch einen Schaden erleiden, Schadensersatz geltend machen (L 225-102-5 Code Commercial i.V.m. Art. 1240, 1241 Code Civil). Der Anspruch hat damit drei Voraussetzungen:148
– Schaden
– Ingangsetzung des Verfahrens durch eine Person, die ein Interesse hat
– Eine nachgewiesene Beziehung zwischen dem Schaden und der Verletzung der Sorgfaltspflicht.
Die Beweislast trägt also der (angeblich) Geschädigte. Verschiedene Nicht-Regierungsorganisationen hatten sich in der Diskussion über das Gesetz für eine Beweislastumkehr eingesetzt, sich aber letztlich nicht durchgesetzt.
90 Senate Bill 657. 91 Harris, Attorney General California Department of Justice, The California Transparency in Supply Chains Act – A Ressource Guide, 2015, S. 15. 92 Harris, Attorney General California Department of Justice, The California Transparency in Supply Chains Act – A Ressource Guide, 2015, S. 3. 93 Harris, Attorney General California Department of Justice, The California Transparency in Supply Chains Act – A Ressource Guide, 2015, S. 4. 94 Home Office, Transparency in supply chains: a practical guide (p. 6); Nolan/Boersma, Addressing Modern Slavery (2019), S. 135. 95 Haynes, The Modern Slavery Act (2015): A Legislative Commentary, Statute Law Review 2016, 33, 34. 96 Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität. 97 C.N. g. Vereinigtes Königreich (Beschwerde Nr. 4239/08), Urteil vom 13.11.2012 Rn 76ff. 98 Independent Review of the Modern Slavery Act: final report, Mai 2019, Volume IV, 2.3.4. 99 Independent Review of the Modern Slavery Act: final report, Mai 2019, Volume IV, 2.3.6. 100 Independent Review of the Modern Slavery Act: final report, Mai 2019, Volume II, 2.6.1. 101 UK Government Guidance – Publish an annual modern slavery statement, zuletzt aktualisiert am 28.07.2021. 102 UK Government Guidance – Publish an annual modern slavery statement, zuletzt aktualisiert am 28.07.2021. 103 https://modern-slavery-statement-registry.service.gov.uk/search. 104 https://www.modernslaveryregistry.org/. 105 Independent Review of the Modern Slavery Act: final report, Mai 2019, Volume II, 2.5.2. 106 Business & Human Rights Resource Centre/Modern Slavery Registry, Modern Slavery Act: Five Years of Reporting, Februar 2021, S. 2. 107 https://www.gov.uk/government/news/uk-government-announces-business-measures-over-xinjiang-human-rights-abuses. 108 https://www.gov.uk/government/publications/transparency-in-supply-chains-a-practical-guide. 109