nach del Erina?« fragte sie rasch. – »Ja.« – »So soll sie würdig empfangen werden. Ich werde ihr zu dieser Erbschaft gratulieren. Warst du dabei, als Arbellez sein Testament machte? Wo hat er es getan?« – »Hier in diesem Zimmer.« – »Und wer war dabei?« – »Drei Señores, die geritten kamen und zwei Tage hier verweilten.« – »Woher waren sie?« – »Ich weiß es nicht« – »Lüge nicht Alte!« – »Señorita, ich kann es mit dem heiligsten Eid beschwören, daß ich es nicht weiß.« – »Hat Arbellez nicht davon gesprochen?« – »Nein.« – »Und du hast nicht danach gefragt?« – »Nein. Sie waren so vornehm, ich getraute mir nicht sie zu fragen.« – »Aber ihre Namen hast du doch gehört?« – »Nein.« – »Ihr müßt sie doch gerufen oder genannt haben!« – »Der eine wurde Señor Mandatario genannt.« – »Und die anderen?« – »Der erste war der Señor Advocatore und der andere der Señor Secretario.« – »So habt Ihr alle drei nur nach ihrem Stand benannt. Hat vielleicht einer von ihnen das Testament mitgenommen?« – »Ja, der Señor Mandatario.« – »Woher weißt du das?« – »Als er Abschied nahm, sagte er zur Señor Arbellez, daß das Testament ganz sicher liege.« – »Es könnte doch einer der Dienstboten oder Vaqueros ihn gekannt haben?« – »Keiner hat ihn gekannt« – »Er ist auch nicht wieder hier gewesen?« – »Nein.«
Cortejo hatte sich bisher behaglich in seiner Hängematte geschaukelt und den stillen Zuhörer gespielt, jetzt begann auch er, sich zu beteiligen.
»Laß das, Josefa«, sagte er. »Auf diese Weise wirst du nichts erfahren. Dieses Weib weiß nichts, aber Arbellez wird reden müssen. Wir sperren ihn in den Keller und geben ihm nichts zu essen und zu trinken. Hunger und Durst tun weh, sie werden ihn schon zum Sprechen bringen. Er wird uns sagen, wo sich die Kaufakten befinden, er wird uns sogar die schriftliche Bescheinigung aufsetzen, daß diese Akten uns ausgehändigt werden sollen.« – »Und damit willst du warten, bis ihn der Hunger oder der Durst zwingt?« fragte sie. – »Ja. Oder weißt du etwas Besseres?« – »Gewiß. Ich hoffe, daß du mich tun läßt, was ich will, Vater!« – »Erst muß ich wissen, was es ist.« – »Du sollst es erfahren. Zuerst aber noch eine Frage an den da.«
Josefa wandte sich abermals zu Arbellez:
»Hat der Mandatario wirklich Euer Testament?« – »Ja.« – »Woher ist er, und wo wohnt er?« – »Das werdet Ihr nicht erfahren. Mein Unglück hat mich vorsichtig gemacht, ich ahnte, daß es noch nicht zu Ende sei, und bat daher jene drei Señores, keinem Menschen wissen zu lassen, wer sie seien. Sie haben diesen Wunsch erfüllt.« – »So ist es wohl auch dieser Mandatario, der die Kaufakten aufbewahrt?« – »Das werde ich Euch nicht sagen.« – »In zehn Minuten werde ich es dennoch wissen, denn ich werde Euch jetzt so lange prügeln lassen, bis Ihr redet. Ich frage Euch also zum letzten Mal!« – »Laßt mich alten Mann schlagen! Ihr seid eine Furie, ein nichtswürdiges Geschöpf, das nicht wert ist, von der Sonne beschienen zu werden.« – »Hörst du es, Vater?« fragte Josefa ergrimmt. »Er soll Hiebe haben.« – »Das hat ja noch Zeit, Josefa. Wir wollen es vorher mit dem Hunger versuchen.« – »Nein, Vater. Hierein lasse ich mir nicht reden. Du mußt mir meinen Willen lassen. Was man sogleich erfahren kann, soll man nicht erst später hören wollen.«
Damit schritt Josefa zur Tür, öffnete sie und ließ zwei Mexikaner eintreten.
»Dieser Mann hier soll Schläge bekommen«, sagte sie. »Ihr werdet das besorgen.«
Die beiden Männer blickten einander an, dann fragte der eine:
»Wo soll es geschehen?« – »Gleich hier im Zimmer.« – »Wie viele Hiebe?« – »Ihr schlagt so lange zu, bis ich Euch aufzuhören gebiete.« – »Gut. Aber, Señorita, Ihr werdet zugeben, daß wir Eure Diener nicht sind.«
Ihre Brauen zogen sich zusammen.
»Was sonst?« fragte sie barsch. – »Wir haben versprochen, für Eure Sache zu kämpfen, aber zu solchen Diensten haben wir uns keineswegs verpflichtet Das ist das Amt eines Dienstboten oder Henkers.« – »So werde ich es Euch bezahlen.« – »Das läßt sich eher hören. Wieviel bietet Ihr uns, Señorita?« – Jeder erhält ein Goldstück.« – »Das ist genug. Aber Ihr vergeßt noch ein weiteres: Ihr habt uns aufgefordert da vor der Tür zu stehen und für Euch bereit zu sein. Unterdessen plündern die anderen das Haus, wir aber erhalten nichts von dem, was sie sich nehmen.« – »Ihr meint daß ich Euch zu entschädigen habe?« – »Ja, das meinen wir.« – »Ich werde es tun. Wenn Ihr mir gehorcht so sollt Ihr nicht zu kurz kommen.« – »Wieviel werden wir erhalten, Señorita?« – »Ich werde erst sehen, welche Beute die anderen machen. Ihr werdet mit mir zufrieden sein. Glaubt Ihr, daß Stöcke im Haus zu finden sind?«
Der Sprecher nickte listig, zwinkerte mit den Augen und zeigte nach den Fenstern.
»Seht die Rollos, Señorita«, sagte er. »Ich glaube, es sind Rohrstäbe, die darin stecken. Man könnte sie sehr gut gebrauchen.« – »Und Stricke zum Binden?« – »Oh, wir haben ja unsere Lassos!« – »Gut so könnt Ihr beginnen!«
Da trat Marie Hermoyes näher, faltete die Hände und bat mit Tränen in den Augen:
»Um Gottes willen, tut es nicht, Señorita! Ihr werdet ihn töten!« – »Packe dich, Alte!«
Josefa stieß die Dienerin von sich. Aber Marie machte noch einen Versuch.
»Bedenkt wie treu ich Euch gedient habe. Ich habe Euch auf den Armen getragen, gepflegt und gewartet so lange Ihr ein Kind waret. Vielleicht hätte ich es verdient daß Ihr mir eine solche Bitte erfüllt.« – »Mir treu gedient? Geflohen bist du! Schweige, denn sonst erhältst du ebenso deine Prügel wie er.« – »Aber, Señorita, Ihr könnt doch nicht ernstlich wollen, daß …« – »Still!« rief, Marie unterbrechend, das unweibliche Mädchen. »Sagst du noch ein Wort, so lasse ich dich schlagen, bis das Blut kommt!« Und zu den beiden Mexikanern gewandt fuhr Josefa fort »Bindet der Alten den Mund zu, daß sie nicht schreien kann. Ich vermute, daß sie jammern wird, wenn er die Hiebe erhält.« – »Wollen wir sie nicht lieber hinwegschaffen lassen?« fragte Cortejo. – »Nein. Sie soll zusehen. Das hat sie ja mehr als reichlich verdient.« – »So will wenigstens ich fortgehen. Laßt es mich wissen, wenn Ihr fertig seid!«
Cortejo verließ das Zimmer.
Die beiden Mexikaner aber banden Marie Hermoyes an Händen und Füßen und befestigten ihr auch ein Tuch um den Mund. Sie ließ es geschehen, ohne sich zu wehren, da sie sah, daß ein jeder Widerstand vergeblich sei und die Sache nur verschlimmern werde.
Jetzt traten die zwei Henker zu Pedro Arbellez.
»Willst du beichten?« fragte Josefa, sich nochmals an ihn wendend. – »Nie, selbst wenn ich sterben sollte!« antwortete er. – »Ich werde dich totprügeln lassen, Mensch!« drohte sie. – »Tut es meinetwegen. Aber meine Hazienda erhaltet Ihr nicht; die bleibt meiner Erbin.« – »So beginnt! Aber ja keine Schonung!«
Auf diesen Befehl bemächtigten sich die beiden Mexikaner des Hazienderos. Er wurde entblößt, gebunden und zu Boden geworfen. Dann zogen sie die Stöcke aus den Rollos, um die Exekution zu beginnen.
Einer stand hüben und der andere drüben neben Arbellez, der regungslos am Boden lag. Er hatte sich in sein Schicksal ergeben und versuchte keinen Widerstand.
»Vorwärts!« befahl Josefa.
Der erste Streich fiel. Pedro zuckte zusammen. Der zweite Hieb folgte, und es entstand sofort ein blutiger Striemen. Pedro gab keinen Laut von sich.
So folgte Schlag auf Schlag. Das Blut floß über die Diele hin. Marie Hermoyes war gezwungen, zuzusehen. Sie konnte sich unter ihren Fesseln nicht bewegen, aber man sah ihr die fürchterliche Qual an, die sie empfand.
Josefa zählte die Schläge. Ihre Augen leuchteten in grimmigem Entzücken. Es war kein Zweifel, die Exekution verursachte ihr ungeheures Vergnügen.
Arbellez bewegte sich nicht. Da hielt der eine Mexikaner inne und sagte:
»Der Alte tut ja nicht dergleichen. Ich glaube, er ist tot.« – »Oder wenigstens ohne Besinnung«, fügte der andere hinzu. – »Seht nach!« gebot Josefa.
Die beiden Buben drehten den Alten mit dem Gesicht nach oben.