Sheriff zögerte noch einen Augenblick und berieth sich in leisem Flüstern mit den ihm nächst Stehenden was zu thun, ein späterer Termin würde aber ebenfalls zu keinem andern Resultat geführt haben, die Käufer hatten jedenfalls das Gesetz und seinen mächtigen Arm auf ihrer Seite, und nach kurzer Einleitung, in der er jetzt die Zahl der urbar gemachten Äcker, der Pferde, die von den Kauflustigen schon in Augenschein genommen, die Anzahl Kühe, Rinder und Schweine aufgezählt, eröffnete er die Auktion und lud die Anwesenden zu einem Anfangsgebot ein.
Im ersten Augenblick herrschte tiefe Stille, das Zirpen der Grillen drang peinlich deutlich von den nächsten Bäumen herüber, und man konnte das Athmen der Menge hören. Da bog sich Jack Owen freundlich zu dem jungen Mädchen nieder und flüsterte ihr ein paar ermuthigende Worte zu und Jenny, mit todtenbleichen Wangen und zitternden Lippen, aber klaren, blitzenden Augen, trat einen Schritt vor und sagte mit nicht lauter, aber doch bis selbst zu den entferntest Stehenden dringend:
»Ich biete einen Viertel Dollar für das Ganze.«
»Unsinn!« rief der Sheriff, in auflodernder Wuth mit dem Fuße stampfend, »wir haben hier kein Kinderspiel für müssige Leute – ein Viertel Dollar, wo das Gebot in die Hunderte steigen muß, nur den halben Werth zu erreichen.«
»Gebot ist Gebot!« rief es von anderer Seite, »der Verkauf hat begonnen – thut Euere Pflicht Sheriff!«
»Ich brauche mich von Niemanden an meine Pflicht mahnen zu lassen!« schrie dieser, leichenbleich vor innerem Grimm, dem er doch nicht Worte geben durfte, den Männern gegenüber.
»Ein Viertel Dollar ist geboten,« sagte der alte Rosemore ruhig, »Jenny wird es wohl für den Preis bekommen.«
»Wenn kein Gebot geschieht,« rief jetzt der Sheriff, mit Zornfunkelnden Augen, »hebe ich den Verkauf auf!«
»Ein Gebot ist geschehn!« schrie da Einer der jungen Backwoodsmen, derselbe, der vorher seinen Traum erzählt, und trotzig dabei mit der Büchse in den Kreis springend, »wir Männer von Arkansas sind eingeladen worden dem Verkauf heute beizuwohnen; der Verkauf hat begonnen, ein Gebot ist gemacht worden und ich frage Euch hier, die Ihr anwesend seid, ob etwas Unregelmäßiges in der Verhandlung stattgefunden?«
»Nein – Nichts!« schrie es von allen Seiten, »die Advokaten mögen uns Ihre Dintenklexer hier herüberschicken und uns die Farmen unter der Nase ausbieten lassen, wir können und wollen es ihnen nicht wehren, aber laß sie es wagen unsere Gebote nicht zu respektiren, und wenn es sich um einen einfachen Cent handelte, und bei Höll und Teufel wir schicken sie heim, daß ihre Haut keine Maishülsen mehr halten sollte.«
»Ein Viertel Dollar ist geboten Gentlemen!« rief der alte Rosemore wieder so ruhig wie vorher, »Mr. Sheriff wollen Sie weiter fragen, oder glauben Sie daß der Preis genügt? es wird Mittagszeit, und wir, die wir noch zur Campmeeting zu reiten wünschen, möchten doch erst gern zu Hause etwas essen.«
»Gentlemen!« rief aber der Sheriff auch, sich jetzt ermannend, »Sie werden dieses Scheingebot eines Kindes nicht gelten lassen. Das Gesetz und sein starker Arm schützt Sie in jedem Gebot das Sie machen, und meinen eignen Hals will ich zum Pfande setzen daß der von Ihnen, der dieß Gut zu irgend einem Preis ersteht, auch in den rechtlichen Besitz desselben gelangen soll.«
»Mein Traum wird doch wahr, Bill,« rief der Backwoodsman wieder über den Kreis hinüber.
»Denkt nicht daran,« lachte der Andere, »der Sheriff hat ja seinen Hals verpfändet, und wird die Farm vielleicht selber kaufen wollen.«
»Ein Viertel Dollar ist geboten,« begann zum dritten Mal der alte Rosemore, »wenn Ihr nicht selber jetzt die Auktion beginnt, Sheriff, dann thun wir es – überschreitet Euere Pflicht nicht, denn wir sind hier herbestellt, und verlangen den Zuschlag für den Käufer.«
»Auf ein solches Gebot schlag ich nicht zu!« schrie aber der Sheriff, jetzt außer sich vor Wuth, »wer will mich zwingen?«
»Das Gesetz!« tobten ihm da die Backwoodsmen entgegen, »glaubt Ihr, daß Ihr uns hier zum Narren haben könnt, gerad' nach Gefallen, und herbestellen wenn es Euch freut, weil Euch ein Gebot nicht behagt? Die Farm ist angesetzt und feil gemacht; das Kind dort hat einen Viertel Dollar geboten und bietet Niemand mehr, und schlagt Ihr dann nicht zu, so straf uns Gott, wenn ein anderer Auktionator, ein anderer Käufer seinen Fuß wieder auf dieses Land setzen soll.«
»Und Keiner bietet einen Cent mehr,« knirschte der Sheriff zwischen den Zähnen durch – wagte aber selber kein höheres Gebot – »Gentlemen ich wiederhole es hier nochmals – das Gesetz schützt Sie in jedem Gebote das Sie thun, und kein Bürger der Vereinigten Staaten darf und wird sich dem widersetzen, denn die Folgen würden schwer und furchtbar auf sein eigenes Haupt zurückfallen. So beginne ich denn nochmals den Verkauf – zwei Bits sind geboten, und ich erwarte daß der zweite Bieter mit eben so viel hundert ganzen Dollarn nachfolgen wird – ich – das Gesetz steht ein für sein gewahrtes Recht.«
Alles schwieg – der Amerikaner läßt selten lange auf sich warten, wo sich die Aussicht auf Gewinn für ihn bietet, aber die dunklen trotzigen Gestalten hier umher – das Blut das schon unter diesen Bäumen geflossen, ohne daß selbst das Gesetz im Stande gewesen war es zu sühnen, die Drohung selbst, die versteckt, aber doch deutlich genug in dem erzählten Traum lag – hie und da vielleicht auch mit dem Rechtlichkeitsgefühle Manches, der doch wohl einsah daß dem Kind – wie das Gesetz auch da geurtheilt – die Farm gehören müsse – Keiner bot.
Wieder und wieder suchte sie der Sheriff nur erst zu einem Gebot zu treiben, dem dann leicht andere folgen würden – umsonst und endlich selber gereizt, und wüthender fast über die herübergekommenen Käufer als über die Squatter selbst rief er, während die »Nachbarn« ringsum lautlos standen, denn sie wußten jetzt daß sie gesiegt hatten – mit bleichen Wangen und vor innerer Aufregung funkelnden Blicken:
»Gut – wenn Ihr Alle denn zu feige seid Euer Recht zu wahren, und der, der am meisten dabei interessirt ist, sein ausgelegtes Geld wenigstens für das Land wieder zu bekommen, sich gar nicht dabei blicken läßt, was kümmerts mich. Also,« und seine Hand hob sich dabei sie zum Zuschlag sinken zu lassen, »ein Viertel Dollar ist geboten – ein Viertel Dollar zum ersten – kein Gebot weiter? – ein Viertel Dollar zum zweiten« – eine Todtenstille herrschte, man konnte das Zwitschern der Vögel weit im Wald drinne, das Glucken und Kratzen der Hennen vor dem Hause hören – »ein Viertel Dollar zum zweiten, und – « die Hand kam nieder, und mit der Bewegung das Wort: »zum – Dritten!«
»Hurrah! Hurrah!« tobten und jubelten und jauchzten die wilden Gesellen um ihn her – »piff, paff,« gingen die Freudenschüsse hoch in die Luft, und Jack Owen, in der linken Hand seine abgeschossene Büchse schwingend, griff mit dem rechten, eisernen Arm das junge, ängstlich umherschauende, und seinem Glück noch immer nicht trauende Mädchen vom Boden auf und trug es, unter dem Jubelruf der Menge, zwischen die Schaar der Nachbarn hinein. Alle Hände streckten sich nach ihr aus, den rauhen wilden Gesellen standen Thränen in den Augen, und im Triumphe wurde Jenny jetzt dem Hause zugetragen, als neue, rechtmäßige Besitzerin.
Capitel 2.
Maulbeere in der Betversammlung
Die Auktion war vorüber; Farm und Viehbestand gehörte dem jungen Mädchen, trotz jenem Jahrelang geführten Proceß, und all die Käufer, die hergekommen waren das Land, die Pferde zu erstehn, und sich das Alles nun mußten wie ein schönes Traumbild unter den Händen selbst wegschwinden sehen, standen im ersten Augenblick allerdings etwas verdutzt und unbehaglich da, und wußten nicht recht was für ein Gesicht sie dazu machen sollten. Daß die Backwoodsmen nämlich eine solche Drohung, wie sie der eine Bursche so schlau in seine Träume geflochten, wahr machen könnten, daran zweifelte nicht Einer von ihnen; des Polen Grab lag keine tausend Schritt von dort entfernt, ein blutig Zeichen, und ein Land kaufen das der Eigenthümer nie hätte wagen dürfen in Besitz zu nehmen, wär auch ein Geldverschleudern nur gewesen, wie der New-Yorker Advokat zu seinem Schaden jetzt erfahren.
»Unter den Umständen durften wir gar nicht bieten,« sagte da der Eine von ihnen zu dem Andern, »der alte Mann hatte ganz recht – man kann doch der kranken Frau und dem Kind das Haus nicht unter den Füßen wegkaufen, und sie in den Wald