Gerstäcker Friedrich

Die Colonie: Brasilianisches Lebensbild. Zweiter Band.


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fühlte wie er erröthete, denn wenn er den Brasilianer auch verachtete und keinen Augenblick würde gezögert haben, ihm die Anklage mit den schärfsten Worten in's Gesicht zu schleudern, so war es ihm doch äußerst fatal, wenn auch unwissentlich, gegen die Regeln des Anstandes verstoßen und in einer Gesellschaft einen Gast beleidigt zu haben. – Und hatte der Brasilianer seine Worte gehört? Es schien nicht so, denn mit dem freundlichsten Wohlwollen leistete er der zweiten Vorstellung Folge. – Die Dame hatte zeitig genug parirt, einer sehr unangenehmen Scene vorzubeugen, und nur der Präsident mußte in seinem Stuhle Zeuge des Ganzen gewesen sein, denn er lächelte leise vor sich hin.

      Wenn aber auch Günther an dieser Stelle natürlich Streit mit diesem Menschen vermeiden wollte, verachtete er ihn doch viel zu sehr, Freundlichkeit gegen ihn zu heucheln. Nur kalt verneigte er sich gegen ihn und fuhr dann zu der Dame gewendet fort:

      »Ich habe allerdings keinen speciellen Auftrag für den Herrn selber, von dem ich keine Ahnung hatte, daß er sich in Santa Catharina aufhielt. Hier ist aber unter solchen Umständen keineswegs Ort und Zeit, eine derartige, für beide Parteien unangenehme Sache zu verhandeln, und der Herr Präsident erlaubt mir vielleicht, ihm die Papiere morgen früh vorzulegen.«

      »Mit großem Vergnügen,« erwiederte der Angeredete; »aber ich fürchte, wir werden an der Sache nicht viel ändern können.«

      »Sie glauben doch nicht, daß…«

      »Morgen früh, lieber Freund, morgen früh,« winkte der Präsident mit der Hand, »ich bin heute Abend zu angegriffen.«

      Herr von Schwartzau verbeugte sich, und die Frau Präsidentin, die sich indessen leise mit Herrn von Reitschen unterhalten hatte, stand jetzt auf und kam auf Günther zu.

      »Lassen wir die fatalen Sachen heute Abend,« sagte sie freundlich, »und spielen Sie uns lieber Etwas auf dem Pianoforte. Sie sind doch musikalisch?«

      »Ich muß unendlich bedauern, gnädige Frau,« sagte Herr von Schwartzau achselzuckend, »aber ich kenne nicht einmal die Noten.«

      »So spielen Sie Etwas aus dem Kopfe.«

      »Ich habe nie eine Taste angerührt.«

      »So spielen Sie wahrscheinlich die Violine oder Guitarre?«

      »Eben so wenig.«

      »Aber die Flöte gewiß?«

      »Ich muß zu meiner Beschämung gestehen,« lächelte von Schwartzau, »daß ich bei Allem, was Musik betrifft, einzig und allein zum Zuhören zu verwenden bin.«

      »Das ist merkwürdig,« sagte die Senhora »Sie sind der erste Deutsche, den ich kennen lerne, der nicht wenigstens die Flöte spielt. Unser Baron hier ist Meister auf diesem Instrumente.«

      »In der That?« sagte Günther, der sich auch selbst nicht dafür interessirte.

      »Gnädige Frau sind zu gütig,« sagte der Baron; »ich bin weiter Nichts als ein Dilettant. In solchen wilden Ländern aber, in denen ich mich die letzten zwölf Jahre herumgetrieben habe, ist die Flöte wirklich das einzige Instrument, das man leicht überall mit hinnehmen kann, und man vertreibt sich doch manche müßige Stunde angenehm damit.«

      »Sie haben sie bei sich, nicht wahr?« fragte die Dame.

      »Gnädige Frau hatten mir ja befohlen, sie mitzubringen.«

      »O, dann begleiten Sie das Lied jener jungen Dame, bitte!« sagte die Präsidentin – »wir müssen ein wenig Musik haben, damit Leben in die Gesellschaft kommt. Ich weiß gar nicht, so wie nur diese unglückselige Colonie Santa Clara genannt wird, ist es auch gleich, als ob ein schwarzer Schleier über die ganze Unterhaltung geworfen würde. Nun, hoffentlich wird sich das ändern, wenn wir Sie erst einmal dort haben.«

      »Gnädige Frau können sich darauf verlassen,« sagte der Baron wieder mit einer halben Verbeugung, »daß ich nach Kräften arbeiten werde, Ihnen jede unangenehme Nachricht zu ersparen.«

      »Deß bin ich überzeugt – aber wir müssen beginnen; die Dame präludirt schon und wird sonst ungeduldig.«

      Der größte Theil der Gesellschaft gruppirte sich jetzt um das Instrument, und auch Günther ließ sich in einen der leer stehenden Sessel nieder; aber er hörte nicht das Geringste von der Melodie, denn seine Gedanken arbeiteten an dem eben Gehörten.

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      1

      Die Maniok-Wurzel ist eine der Kartoffel nicht unähnliche Knolle, welche mit Bohnen und Schweinefleisch das Haupt-Nahrungsmittel der Brasilianer bildet. Sie wächst, als Wurzel eines Strauches, aber nicht rund, sondern lang, nur unter der Erde und oft bis zu Armesdicke, mit einer dünnen, braunen Schale, wie die Kartoffel. Sonderbarer Weise ist sie giftig, wenigstens der Saft derselben, und sie muß deshalb zerrieben und ausgepreßt werden, wonach man das dadurch erhaltene grobe Mehl dörrt und zu den Speisen verwendet. Eine ganz ähnliche Wurzel wie die Maniok, und in Strauch und Knolle kaum von ihr zu unterscheiden, ist die besonders in Peru und Ecuador angepflanzte Yuka, welche aber kein Gift enthält und häufig geröstet gegessen wird.

      2

      Portugiesen und Spanier können nie ein Sp, St oder Sch mit einem Consonanten dahinter am Anfang eines Wortes aussprechen, und setzen jedes Mal ein E vor.

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1

Die Maniok-Wurzel ist eine der Kartoffel nicht unähnliche Knolle, welche mit Bohnen und Schweinefleisch das Haupt-Nahrungsmittel der Brasilianer bildet. Sie wächst, als Wurzel eines Strauches, aber nicht rund, sondern lang, nur unter der Erde und oft bis zu Armesdicke, mit einer dünnen, braunen Schale, wie die Kartoffel. Sonderbarer Weise ist sie giftig, wenigstens der Saft derselben, und sie muß deshalb zerrieben und ausgepreßt werden, wonach man das dadurch erhaltene grobe Mehl dörrt und zu den Speisen verwendet. Eine ganz ähnliche Wurzel wie die Maniok, und in Strauch und Knolle kaum von ihr zu unterscheiden, ist die besonders in Peru und Ecuador angepflan