Various

Französische Lyrik alter und neuer Zeit in deutschen Versen


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den Palästen von Florenz,

      Im Wintersturm, im jungen Lenz,

      Hoch in den Alpen, bei den Hirten,

      Zu Genua, wo wild die See

      Das Ufer peitscht, und zu Vevey,

      Zu Havre an der Klippe Wänden,

      Dort wo Venedig schläft und träumt,

      Die Adria am Lido schäumt,

      Um in Lagunen feig zu enden,

      Wo ich auch immer ohne Mut

      Gewandert bin, wo mir das Blut

      Geströmt aus meines Herzens Wunden,

      Wohin mich meine Unrast trieb,

      Wo mich durch ihr verdammtes Sieb

      Gepreßt die ewig gleichen Stunden,

      Wo nur das Rätsel dieser Welt

      Des Daseins Freude mir vergällt,

      Wenn ich dem Durste wollt genügen,

      Wo immer, was ich längst gesehn,

      Ich wieder sah vorübergehn,

      Den kleinen Menschen mit den Lügen,

      Wohin auf meiner Fahrt ich kam,

      Wo in die Hand das Haupt ich nahm,

      Um mich am Wege auszuweinen,

      Wo ich durch das Gestrüpp gehetzt

      Und wie ein Lamm zerzaust, zerfetzt

      Dann niedersank auf kalten Steinen,

      Wo immer mir ein Leid gedroht,

      Wo ich verzweiflungsvoll dem Tod,

      Dem letzten Freund, die Hand wollt reichen,

      Stets plötzlich mir zur Seite stand

      Der Ärmste, schwarz war sein Gewand,

      Er glich mir, wie sich Brüder gleichen.

      An Frau M

      Selbst wenn die Qual, die meine Seele leidet,

      In ihr entfachte noch einmal die Glut,

      Selbst wenn das Schicksal, das dies Glück mir neidet,

      Mir ärmsten gönnte solch ein seltenes Gut,

      Selbst wenn die Scham, die jetzt dich von mir scheidet,

      Mir alles schenkte, was still in dir ruht,

      Selbst dann, du Kind, von Unschuld fromm bekleidet,

      Hätt ich zur Liebe weder Witz noch Mut.

      Doch wenn dereinst die müden Sinne schwinden,

      Wenn diese Welt nichts mehr in dir bewegt,

      Wird die Erinnerung dich mir verbinden.

      Magst du dich freuen, dich in Schmerzen winden,

      In deiner Hand wirst du die meine finden,

      Du hörst mein Herz, das an dem deinen schlägt.

      Lebewohl!

      Lebwohl! Gott heißt dich weiter gehen,

      Nur dich, da meiner er vergißt,

      Auf Erden gibt’s kein Wiedersehen …

      Jetzt weiß ich, was du mir gewesen bist.

      Nur keine Tränen, keine Klagen,

      Ich beuge mich, das Schicksal spricht,

      Mag dich dein Schiff von dannen tragen,

      Ich sehe lächelnd zu und weine nicht.

      Die Hoffnung läßt dich sorglos scheiden,

      Voll Hochmut kehrst du wieder her,

      Und jene, die beim Abschied bitter leiden,

      Die kennst du dann gewiß nicht mehr.

      Lebwohl, zieh deinem Traum entgegen,

      Da du im Rausche nach Gefahr nicht fragst,

      Noch blendet dich der Stern auf deinen Wegen,

      Noch lockt das Irrlicht dich, nach dem du jagst.

      Einst lernst du, magst du jetzt auch prahlen,

      Welch reiches Glück ein Herz gewährt,

      Das uns versteht, und welche Qualen

      Wir dulden, wenn sich’s von uns kehrt.

      Victor Hugo

1802-1885

      Der Abend des Sämanns

      Nun will der müde Tag entweichen,

      Still liegt vor mir das weite Tal;

      Die Sonne sendet im Erbleichen

      Hernieder einen letzten Strahl.

      Dem armen Alten dort, der schweigend

      Sich durch die graue Flur bewegt

      Und in die Furchen, tief sich neigend,

      Der Zukunft frohe Ernten legt.

      Und wie der lange schwarze Schatten

      Des alten Mannes Werk durchmißt,

      Weiß der, dies Werk ging gut von statten

      Am Tage, der gesegnet ist.

      So geht er säend auf und nieder,

      Er schreitet durch die weite Flur,

      Er kommt und geht und streuet wieder,

      Stumm folgt mein Sinnen seiner Spur.

      Verschleiert ruhen alle Fernen,

      Der Schatten wächst, er rauscht und schwillt,

      Er reckt empor bis zu den Sternen

      Des Sämanns königliches Bild.

      Abend auf dem Meere

      Komm, das Segel füllt sich wieder,

      Dieser Abend ist so schön,

      Steig mit mir zum Ufer nieder,

      Laß dem Fischer seine Lieder,

      Laß der Welle ihr Gestöhn.

      Wollen hier im Schatten sitzen,

      Hinterm Segel, das sich bauscht;

      Wenn die Wogen uns bespritzen,

      Seh ich deine Augen blitzen,

      Höre, wie die Brandung rauscht.

      Komm, wir wollen stumm verehren

      Dieser Schöpfung hehre Pracht.

      Sprich, mein Lieb, kannst du erklären,

      Daß mein Auge stets voll Zähren,

      Daß das deine immer lacht?

      Sprich, wie kommt es, daß mein Denken

      Gallenbitter in mir haust,

      Daß mich selbst die Augen kränken,

      Die sich stets zur Erde senken,

      Während du den Himmel schaust?

      Wo ich mich im finstern quäle,

      Strahlt dir silbern jeder Stern,

      Während ich die Schatten zähle,

      Leuchten deiner frommen Seele

      Tausend Welten nah und fern.

      Bis zum Ende unsres Lebens

      Brüllt um uns die Flut und dräut;

      Keiner lebt, der seines Strebens

      Frucht