erzählte ihm, was ich über die Malerei eines Uschakow und eines Rubljow wußte, und vom ältesten russischen Maler Paramschin, dessen Heiligenbilder unsere gottesfürchtigen Fürsten und Zaren ihren Kindern zum Segen schenkten, denen sie sogar in ihren Vermächtnissen befahlen, diese Ikonen wie ihren Augapfel zu hüten.
Der Engländer zog gleich sein Notizbuch heraus, ließ mich den Namen dieses Malers wiederholen und fragte, wo man Arbeiten von ihm sehen könnte. Aber ich antwortete:
»Sie werden vergeblich suchen, Herr. Nirgends ist eine Erinnerung an sie zurückgeblieben.«
»Wo sind sie denn geblieben?«
»Ich weiß nicht,« sagte ich, »ob man sie zum Pfeifenreinigen verwendet oder bei den Deutschen gegen Tabak eingetauscht hat.«
»Es kann nicht sein!«
»Im Gegenteil,« antwortete ich, »es kann sehr wohl sein, es gibt Beispiele dafür: der römische Papst hat im Vatikan ein Triptychon, das unsere russischen Ikonenmaler Andrej, Ssergej und Nikita im dreizehnten Jahrhundert gemalt haben. Diese vielfigurigen Miniaturen sollen so wunderbar sein, daß selbst die größten ausländischen Maler, die sie sahen, vor diesem wundervollen Werk in Begeisterung gerieten.«
»Aber wie ist es nach Rom gekommen?«
»Peter der Erste hat es einem ausländischen Mönch geschenkt, und der hat es verkauft.«
Der Engländer lächelte ein wenig, wurde dann nachdenklich und sagte leise, daß bei ihnen in England jedes Bildchen von Geschlecht zu Geschlecht bewahrt werde und daß es so für seine Herkunft selbst Zeugnis ablege.
»Nun, bei uns herrscht wahrhaftig eine andere Sitte,« sagte ich, »das Band der Überlieferungen der Vorfahren ist zerrissen, damit alles neu erscheine, als sei das ganze russische Geschlecht erst gestern von der Henne in den Nesseln ausgebrütet worden.«
»Wenn die bei euch gezüchtete Unwissenheit so groß ist, warum bemühen sich dann nicht wenigstens diejenigen, die die Liebe zum Heimatlichen bewahrt haben, die einheimische Kunst zu erhalten?«
Ich antwortete: »Es ist niemand da, Herr, der uns unterstützen würde, denn in den neuen Kunstschulen verfault allerorts das Gefühl, und der Verstand unterwirft sich der Eitelkeit. Die Fähigkeit zur hohen Begeisterung ist verloren gegangen, alles wird vom Irdischen abgeleitet und atmet irdische Leidenschaft. Unsere neuesten Maler haben damit begonnen, den Erzengel Michael nach dem Bildnis des Fürsten Potjomkin von Taurien darzustellen, und jetzt sind sie so weit, daß sie Christus den Erlöser als Juden abbilden. Was soll man von solchen Menschen erwarten? Ihre unbeschnittenen Herzen werden schließlich noch andere Dinge malen und verlangen, daß man die als Gottheit verehre. Hat man doch in Ägypten einen Stier und eine rotgefiederte Zwiebel angebetet; nur wir werden uns nicht vor den fremden Göttern beugen und werden das Judengesicht nicht als das Antlitz des Erlösers anerkennen. Ja, so kunstfertig diese Bilder auch sein mögen, wir halten sie für eine herzlose Frechheit und wollen von ihnen nichts wissen, weil es in der Überlieferung der Väter heißt, daß die Ergötzung der Augen die Reinheit der Vernunft zerstört, wie ein schadhafter Wasserspeier das Wasser trübt.«
Damit schloß ich und schwieg, aber der Engländer sagte:
»Fahre fort, mir gefällt es, wie du urteilst!«
Ich antwortete: »Ich habe schon alles erzählt.« Er aber erwiderte:
»Nein, erzähle mir noch, was ihr unter einem beseelten Bilde versteht.«
Diese Frage, meine werten Herren, war für einen einfachen Menschen ziemlich schwierig, aber es war nichts zu machen, und ich begann zu erzählen, wie in Nowgorod der Sternenhimmel gemalt ist, und dann berichtete ich von dem Kiewer Bild in der Sophienkathedrale, wo zu Seiten des Herrn Zebaoth sieben geflügelte Erzengel stehen, die natürlich keine Ähnlichkeit mit dem Fürsten Potjomkin haben, und auf den Stufen der Vorhalle die Erzväter und Propheten dargestellt sind, unter ihnen Moses mit der Gesetzestafel, noch tiefer Ahron mit Mitra und Stab, und auf der anderen Seite der Stufen König David mit der Krone, der Prophet Jesaias mit der Schriftrolle, Hesekiel mit der Geschlossenen Pforte, Daniel mit dem Stein, und um diese Fürbitter, die den Weg zum Himmel weisen, sind die Gaben abgebildet, durch die der Mensch diesen Ruhmesweg erklimmen mag, wie: das Buch mit den sieben Siegeln als die Gabe der Allweisheit, der siebenarmige Leuchter als die Gabe der Vernunft, die sieben Augen als die Gabe des Rates, die sieben Posaunen als die Gabe der Kraft, die Hand Gottes inmitten von sieben Sternen als die Gabe der Gesichte, die sieben Räucherbecken als die Gabe der Frömmigkeit und die sieben Blitze als die Gabe der Gottesfurcht. »Sehen Sie,« sagte ich, »eine solche Darstellung ist erhebend.«
Der Engländer antwortete: »Verzeih mir, mein Lieber, ich verstehe nicht, weshalb du dies erhebend nennst.«
»Weil eine solche Darstellung uns klar sagt, daß es dem Christenmenschen ansteht, zu beten und darnach zu lechzen, sich von dieser Welt zu Gottes unsagbarem Glanze zu erheben.«
»Ja,« erwiderte er, »das kann aber doch ein jeder aus der Schrift und aus dem Gebete erfassen.«
»Nein, durchaus nicht,« antwortete ich, »es ist nicht jedem gegeben, die Schrift zu verstehen, und dem, der sie nicht versteht, gibt auch das Gebet nur Finsternis. Mancher hört die Verheißung der großen und reichen Gnade und schließt daraus, daß damit Geld gemeint sei und betet voller Habsucht; sieht er aber vor sich den himmlischen Glanz dargestellt, so vergißt er hierüber das höchste irdische Glück und sieht ein, daß er dieses Ziel erreichen müsse, weil dort alles so klar und einleuchtend geschildert ist. Hat dann der Mensch für seine Seele zunächst die Gabe der Gottesfurcht erbetet, so erhebt sie sich gleich, von der irdischen Schwere befreit, von Stufe zu Stufe und erringt mit jedem Schritte mehr vom Überfluß der göttlichen Gaben. Und von der Zeit an erscheint dem Menschen im Gebet das Geld und aller irdischer Ruhm nur als verabscheuungswürdig vor dem Herrn.«
Der Engländer erhob sich von seinem Platze und sagte lächelnd: »Und ihr, Sonderlinge, was erbetet ihr euch?«
»Wir beten,« antwortete ich, »um ein christliches Ende und um ein mildes Gericht am jüngsten Tag.«
Er lächelte wieder und zog plötzlich an einer goldgelben Schnur; ein grüner Vorhang ging auf, und hinter ihm saß seine Frau, die Engländerin, auf einem Sessel und strickte vor einer Kerze mit langen Stricknadeln. Sie war eine schöne freundliche Dame, und wenn sie auch nur wenig russisch sprechen konnte, so verstand sie doch alles und hatte gewiß unser Gespräch mit ihrem Manne über die Religion mit anhören wollen.
Und was denken Sie wohl? Kaum war der Vorhang, der sie verdeckt hatte, zurückgezogen, als die Gute sogleich wie erschrocken aufstand, an mich und Luka herantrat und uns Bauern ihre beiden Händchen entgegenstreckte. In ihren Augen blinkten Tränen, und sie sagte:
»Gute Menschen, gute russische Menschen!«
Ich und Luka küßten ihr für dieses gute Wort beide Hände, aber sie drückte ihre Lippen auf unsere Bauernköpfe.
Der Erzähler hielt inne, bedeckte die Augen mit dem Ärmel, wischte sie still und flüsterte dann: »Sie war eine rührende Frau.« Nachdem er sich gefaßt hatte, fuhr er fort:
Nach ihrer freundlichen Tat begann die Engländerin ihrem Manne etwas in ihrer Sprache auseinanderzusetzen. Wenn wir es auch nicht verstanden, so hörten wir an der Stimme, daß sie ihn für uns bat. Und der Engländer freute sich über die Güte seiner Frau, strahlte vor Stolz, streichelte der Frau immerfort das Köpfchen und girrte in seiner Sprache wie eine Taube: »Gut, gut«, oder was er ihr sonst gesagt haben mag; aber es war ersichtlich, wie er sie lobte und sie in etwas bestärkte. Dann trat er an seinen Schreibtisch, nahm zwei Hundertrubelscheine heraus und sagte:
»Luka, hier hast du Geld, geh und suche den kunstfertigen Heiligenbildermaler, wo du ihn zu finden meinst, damit er euch anfertigt, was ihr braucht. Er kann auch für meine Frau etwas in eurer Art malen; sie will ihrem Sohne eine solche Ikone schenken und gibt euch für eure Bemühungen und Auslagen das Geld.«
Sie aber lächelt durch die Tränen und entgegnet rasch: »Nein, nein, nein, das ist von ihm, aber ich will von mir extra.« Und mit diesen Worten geht sie zur Tür hinaus und bringt einen dritten Hunderter.
»Mein Mann,« sagt sie, »hat