>Coriolanus
Personen:
Cajus Marcius Coriolanus, ein edler Römer
Titus Lartius und Cominius, Anführer gegen die Volsker
Menenius Agrippa, Coriolans Freund
Sicinius Velutus und Junius Brutus, Volkstribunen
Marcius, Coriolans kleiner Sohn
Ein römischer Herold
Tullus Aufidius, Anführer der Volsker
Ein Unterfeldherr des Aufidius
Verschworene
Ein Bürger von Antium
Zwei volskische Wachen
Volumnia, Coriolans Mutter
Virgilia, Coriolans Gemahlin
Valeria, Virgilias Freundin
Dienerinnen der Virgilia
Römer und Volsker. Senatoren, Patrizier, Ädilen, Liktoren, Krieger, Bürger, Boten
Erster Aufzug
Erste Szene
Rom, eine Straße
Es tritt auf ein Haufe aufrührerischer Bürger mit Stäben, Knütteln und anderen Waffen
Ehe wir irgend weitergehn, hört mich sprechen.
Sprich! sprich! —
Ihr alle seid entschlossen, lieber zu sterben als zu verhungern?
Entschlossen! entschlossen! —
Erstlich wißt ihr: Cajus Marcius ist der Hauptfeind des Volkes.
Wir wissen's! Wir wissen's! —
Laßt uns ihn umbringen, so können wir die Kornpreise selbst machen.
Ist das ein Wahrspruch?
Kein Geschwätz mehr darüber. Wir wollen's tun. Fort! fort!
Noch ein Wort, meine guten Bürger!
Wir werden für die armen Bürger gehalten, die Patrizier für die guten. Das, wovon der Adel schwelgt, würde uns nähren. Gäben sie uns nur das Überflüssige, ehe es verdirbt, so könnten wir glauben, sie nährten uns auf menschliche Weise; aber sie denken, soviel sind wir nicht wert. Der Hunger, der uns ausgemergelt, der Anblick unsers Elends ist gleichsam ein Verzeichnis, in welchem postenweise ihr Überfluß aufgeführt wird. Unser Leiden ist ihnen ein Gewinn. Dies wollen wir mit unsern Spießen rächen, ehe wir selbst Spießgerten werden. Denn das wissen die Götter! Ich rede so aus Hunger nach Brot, und nicht aus Durst nach Rache.
Wollt ihr besonders auf den Cajus Marcius losgehen?
Auf ihn zuerst, er ist ein wahrer Hund gegen das Volk.
Bedenkt ihr auch, welche Dienste er dem Vaterlande getan hat?
Sehr wohl! und man könnte ihn auch recht gern dafür loben; aber er belohnt sich selbst dadurch, daß er so stolz ist.
Nein, rede nicht so boshaft.
Ich sage euch, was er rühmlich getan hat, tat er nur deshalb. Wenn auch
zu gewissenhafte Menschen so billig sind, zu sagen, es war für sein
Vaterland, so tat er's doch nur, seiner Mutter Freude zu machen und zum
Teil, um stolz zu sein; denn sein Stolz ist ebenso groß als sein Verdienst.
Was er an seiner Natur nicht ändern kann, das rechnet Ihr ihm für ein Laster.
Das dürft Ihr wenigstens nicht sagen, daß er habsüchtig ist.
Wenn ich das auch nicht darf, werden mir doch die Anklagen nicht ausgehen.
Er hat Fehler so überlei, daß die Aufzählung ermüdet.
(Geschrei hinter der Szene.)
Welch Geschrei ist das? Die andre Seite der Stadt ist in Aufruhr. Was stehn wir hier und schwatzen? Aufs Kapitol!
Kommt! Kommt! —
Still! Wer kommt hier?
(Menenius Agrippa tritt auf)
Der würdige Menenius Agrippa, einer, der das Volk immer geliebt hat.
Der ist noch ehrlich genug. Wären nur die übrigen alle so!
Was habt ihr vor, Landsleute? wohin geht ihr
Mit Stangen, Knütteln? Sprecht, was gibt's? Ich bitt euch!
Unsre Sache ist dem Senat nicht unbekannt; sie haben davon munkeln hören seit vierzehn Tagen, was wir vorhaben und das wollen wir ihnen nun durch Taten zeigen. Sie sagen, arme Klienten haben schlimmen Atem: sie sollen erfahren, daß wir auch schlimme Arme haben.
Ei, Leute! gute Freund' und liebe Nachbarn,
Wollt ihr euch selbst zugrunde richten?
Nicht möglich, wir sind schon zugrund gerichtet.
Ich sag euch, Freund', es sorgt mit wahrer Liebe
Für euch der Adel. Eure Not betreffend,
Die jetzge Teurung, könntet ihr so gut
Dem Himmel dräun mit Knütteln, als sie schwingen
Gegen den Staat von Rom, des Lauf sich bricht
So grade Bahn, daß es zehntausend Zügel
Von härtrem Erz zerreißt, als jemals ihm
Nur eure Hemmung bietet. Diese Teurung,
Die Götter machen sie, nicht die Patrizier;
Gebeugte Knie, nicht Arme müssen helfen.
Ach! durch das Elend werdet ihr verlockt
Dahin, wo größres euch umfängt. Ihr lästert
Roms Lenker, die wie Väter für euch sorgen,
Wenn ihr wie Feinde sie verflucht.
Für uns sorgen! – nun, wahrhaftig! – Sie sorgten noch nie für uns. Uns verhungern lassen, und ihre Vorratshäuser sind vollgestopft mit Korn. Verordnungen machen gegen den Wucher, um die Wucherer zu unterstützen. Täglich irgendein heilsames Gesetz gegen die Reichen widerrufen und täglich schärfere Verordnungen ersinnen, die Armen zu fesseln und einzuzwängen. Wenn der Krieg uns nicht auffrißt, tun sie's: das ist ihre ganze Liebe für uns.
Entweder müßt ihr selbst
Als ungewöhnlich tückisch euch bekennen,
Sonst schelt ich euch als töricht. Ich erzähl euch
Ein hübsches Märchen; möglich, daß ihr's kennt;
Doch,