Mann, schlaf! – hör’ doch nicht darauf, was da draußen vor sich geht, lasse sie doch klopfen – es scheint mir aber, als wenn jemand am Boden herum gehen würde.“
Kerasenko fing an zu klopfen, mit den Fäusten auf dem Fensterrahmen herum zu trommeln und zu schreien:
„Mach’ auf, sage ich, mach’ sofort auf, oder ich schlage das Fenster ein …“
Aber jetzt wurde auch Christy wild und schrie:
„Wer untersteht sich denn zu so später Stunde ehrliche Leute zu beunruhigen.“
„Ich, Dein Mann.“
„Wer, mein Mann?“
„Ja, ich, Dein Mann, der Kerasenko.“
„Geh’ nur, geh’, mein Mann ist zu Hause und liegt bereits lange im Bette.“
„Was?“ dachte Kerasenko, „wie ist es möglich, daß ich im Bette schlafe und auch auf der Gasse bin, träume ich dies alles oder ist es Wirklichkeit?“
Er fing von neuem an zu klopfen und zu schreien:
„Christy … ach! … Christy … so mach’ doch auf … um Gottes willen, mach’ auf …“
Er klopft und schreit längere Zeit bereits, ohne etwas erreicht zu haben, er mag klopfen und schreien so viel er will, drinnen, in der Stube, bleibt alles ruhig, endlich läßt sich Christy wiederum vernehmen:
„Willst Du endlich mit dem Klopfen aufhören – ich habe schon einmal gesagt, mein Mann ist zu Hause und schläft …“
„Das träumt Dir wohl, Christy.“
„Eh! … danke für einen solchen Traum … na, so ’was! – Ich bin doch nicht auf den Kopf gefallen, und auch nicht so dumm, um nicht das zu wissen, was ich sehe … Nein! … das muß ich schon besser wissen als Du, den ich weder sehe noch kenne, während ich meinen Mann im Bette liegen sehe … ich bekreuzige ihn … so Herr Jesus … so, und nun küsse ich ihn … so, hast es gehört … jetzt nochmals … dabei ist bei uns recht warm und gemütlich … Du aber, Lüderjahn, schau, daß Du weiter kommst nach Hause, zu Deinem Weibe … uns aber lasse in Ruhe und störe uns nicht … Geh’ mit Gott … Gute Nacht … so und nun belästige uns nicht mehr …“
„Tfu! … Du … tausend Teufel … was ist denn das? … na, das ist eine schöne Geschichte …“ dachte Kerasenko … „bin ich vielleicht an eine andere Hütte in der Finsternis geraten? … aber ich irre mich doch nicht … das ist ja doch meine Hütte.“
Er ging auf die andere Seite der Straße, und fing vom Brunnen ab die Hütten zu zählen an.
„Erste … zweite … dritte … fünfte … siebente … neunte … und die zehnte ist doch die meine.“
Er geht wieder zum Fenster, klopft wieder an und schreit … und es wiederholt sich dieselbe Geschichte wie vordem; die Frauenstimme wiederholt dasselbe wie vorher, jetzt aber bereits im ärgerlichen Tone und meint:
„Schau, daß Du weiterkommst! ich sagte schon einmal, mein Mann liegt im Bett.“
Die Stimme ist unzweifelhaft jene der Christy.
„Und wenn Dein Mann im Bette liegt, warum spricht er nicht?“
„Warum soll er auch noch reden, nachdem ich genug geredet habe?“
„Aber ich will mit eigenen Ohren hören, ob das seine Stimme ist und ob überhaupt jemand bei Dir ist.“
„Gewiß ist er hier … denn wir küssen uns … hörst Du? …“
„Tfu! … Der Teufel soll sie holen … es ist wahr … sie küssen sich … mir wollen sie einreden, ich sei nicht ich! … wollen mich bloß wegschicken … Aber, wartet nur, so dumm bin ich nicht … jetzt werde ich gehen, Nachbaren holen, damit sie Zeugnis abgeben, ob das meine Hütte ist oder nicht, und ob ich der Kerasenko, der Mann der Christy sei oder jemand anderer …“
„Ich sage Dir nochmals“ – ließ sich die Stimme aus dem Inneren der Hütte vernehmen – „geh’ nach Hause und beunruhige uns nicht … Lass’ uns in Ruh’ … wir haben uns genug geküßt, liegen im warmen Bett und fühlen uns behaglich und wohl … andere Leute gehen uns überhaupt gar nichts an …“
Und eine männliche Stimme ergänzt die Rede der Christy.
„Wir haben uns genug geküßt und liegen friedlich im Bette … Du draußen kannst zum Teufel gehen …“
Nun war Kerasenko davon überzeugt, daß jemand anderer bei der Christy sei, und er entschloß sich die Nachbaren zu wecken und herbei zu holen.
Neuntes Kapitel
Ob es kurz oder lange dauerte, ehe er die Nachbaren geweckt und vor seine Hütte geführt hatte, darüber spricht die Überlieferung nichts, wohl aber, daß es endlich Kerasenko gelang, etwa zwanzig Kasaken, gefolgt von ihren neugierigen Frauen, vor seine Hütte zu bringen.
Auf alles Klopfen, Reden, Schreien hatte die Kerasivna nur eine einzige Antwort, dahin lautend, daß sie wohl alle träumen, denn ihr Mann sei zu Hause, liege im Bette, und damit sie ihnen dieses beweise, küsse sie nochmals ihren Mann so laut, daß es alle hören könnten.
Alle Kasaken und ihre Weiber waren davon überzeugt, daß alles das, was im Inneren der Hütte vor sich gehe, wirklich wahr sei, denn die Küsse waren natürlich, und es ließ sich ja auch eine männliche Stimme vernehmen, wenn auch nicht sehr deutlich, doch so, daß dieselbe von der Kerasivna für die ihres Mannes ausgegeben wurde.
Und die Stimme kam immer näher und näher zum Fenster, und am Fenster stehen bleibend rief sie so, daß alle erschrocken zurückfuhren.
„Was wollt Ihr, Dummköpfe? … Geister sehen? … Ich bin zu Hause, liege ruhig im Bett, aber der, der Euch hierher geführt, das ist ein böser Geist! – Gebt ihm doch lieber jeder von Euch einen Puff, damit er zusammenstürze …“
Die Kasaken bekreuzten sich und der dem Kerasenko am nächsten stehende, gab ihm einen recht tüchtigen Schlag ins Genick, sprang aber sofort weit ab vom Kerasenko.
Diesem Beispiele folgten nun auch die anderen, so daß in sehr kurzer Zeit Kerasenko so schmerzlich geschlagen wurde, daß er auf der Schwelle seiner eigenen Hütte zusammenstürzte und liegen blieb im Schnee und Frost, während darinnen, in seinem Bett, ein zweiter sich es recht behaglich machte.
Und um seinen Schmerz und Kummer zu mildern, setzte sich Kerasenko in der Nähe seiner Hütte auf einen Schneehaufen und – weinte bitterlich, was eigentlich einem Kasaken nicht ansteht; sein geistiger und körperlicher Zustand, verschlimmerte sich, als er hören mußte, wie da drinnen geküßt wird.
Zum Glück für jeden Menschen nehmen alle geistigen und physischen Schmerzen und Qualen ein Ende und so auch die des Kerasenko … er schlief ein und es träumte ihm: sein Weib sei gekommen, habe ihn aufgehoben und in sein, ihm wohlbekanntes, behaglich durchgewärmtes Bett gelegt … und in der Tat, als er erwachte, fand er sich dort, wo ihm träumte, in seinem Bette, in seiner Hütte, nicht weit vom Ofen … er sah, wie Christy sich am Kamin beschäftige, hin und her gehe, und einen großen Käseklotz bereite.
Mit einem Wort – es ging alles vor sich, genau so, wie es täglich sich wiederholt, nichts auffallendes, außergewöhnliches; vom Schwein und dem Gespenst auch keine Silbe Erwähnung.
Der Kasak frug nicht und machte auch von dem, was in der verhängnisvollen Nacht vorgefallen war, keine Erwähnung.
Von der Zeit an lebte der Kasak mit seinem Weibe friedlich, ließ sie schalten und walten wie sie wollte, wobei sein häusliches Glück und Wohlstand keinen Schaden litten, im Gegenteil, ihre Vermögensverhältnisse besserten sich augenscheinlich von Tag zu Tag.
Dagegen verlor seit jener Nacht die Kerasivna vollständig in der öffentlichen Meinung; es stand für alle fest, klar und deutlich, daß sie eine – Hexe sei.
Die gescheite Kerasivna widersprach diesem nicht, denn sie gewann dadurch Übergewicht über die anderen; alle fürchteten sie und ehrten sie doch, alle