Johann Wolfgang von Goethe

Reineke Fuchs


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machte sich dran, mit vielem Ziehen und Zerren

        Bracht er die Keile heraus: nun war der Braune gefangen,

        Haupt und Füße geklemmt; es half kein Schelten noch Schmeicheln.

        Vollauf hatte der Braune zu tun, so stark er und kühn war,

        Und so hielt der Neffe mit List den Oheim gefangen.

        Heulend plärrte der Bär, und mit den hintersten Füßen

        Scharrt' er grimmig und lärmte so sehr, daß Rüsteviel aufsprang.

        Was es wäre? dachte der Meister und brachte sein Beil mit,

        Daß man bewaffnet ihn fände, wenn jemand zu schaden gedächte.

        Braun befand sich indes in großen ängsten; die Spalte

        Klemmt' ihn gewaltig, er zog und zerrte, brüllend vor Schmerzen.

        Aber mit alle der Pein war nichts gewonnen; er glaubte

        Nimmer von dannen zu kommen; so meint' auch Reineke freudig.

        Als er Rüsteviel sah von ferne schreiten, da rief er:

        Braun, wie steht es? Mäßiget Euch und schonet des Honigs!

        Sagt, wie schmeckt es? Rüsteviel kommt und will Euch bewirten!

        Nach der Mahlzeit bringt er ein Schlückchen, es mag Euch bekommen!

        Da ging Reineke wieder nach Malepartus, der Feste.

        Aber Rüsteviel kam, und als er den Bären erblickte,

        Lief er, die Bauern zu rufen, die noch in der Schenke beisammen

        Schmauseten. Kommt! so rief er: in meinem Hofe gefangen

        Hat sich ein Bär, ich sage die Wahrheit. Sie folgten und liefen,

        Jeder bewehrte sich eilig, so gut er konnte. Der eine

        Nahm die Gabel zur Hand, und seinen Rechen der andre,

        Und der dritte, der vierte, mit Spieß und Hacke bewaffnet,

        Kamen gesprungen, der fünfte mit einem Pfahle gerüstet.

        Ja, der Pfarrer und Küster, sie kamen mit ihrem Geräte.

        Auch die Köchin des Pfaffen (sie hieß Frau Jutte, sie konnte

        Grütze bereiten und kochen wie keine) blieb nicht dahinten,

        Kam mit dem Rocken gelaufen, bei dem sie am Tage gesessen,

        Dem unglücklichen Bären den Pelz zu waschen. Der Braune

        Hörte den wachsenden Lärm in seinen schrecklichen Nöten,

        Und er riß mit Gewalt das Haupt aus der Spalte; da blieb ihm

        Haut und Haar des Gesichts bis zu den Ohren im Baume.

        Nein! kein kläglicher Tier hat jemand gesehen! es rieselt'

        Über die Ohren das Blut. Was half ihm, das Haupt zu befreien?

        Denn es blieben die Pfoten im Baume stecken; da riß er

        Hastig sie ruckend heraus; er raste sinnlos, die Klauen

        Und von den Füßen das Fell blieb in der klemmenden Spalte.

        Leider schmeckte dies nicht nach süßem Honig, wozu ihm

        Reineke Hoffnung gemacht; die Reise war übel geraten,

        Eine sorgliche Fahrt war Braunen geworden. Es blutet'

        Ihm der Bart und die Füße dazu, er konnte nicht stehen,

        Konnte nicht kriechen, noch gehn. Und Rüsteviel eilte, zu schlagen,

        Alle fielen ihn an, die mit dem Meister gekommen;

        Ihn zu töten, war ihr Begehr. Es führte der Pater

        Einen langen Stab in der Hand und schlug ihn von ferne.

        Kümmerlich wandt er sich hin und her, es drängt' ihn der Haufen,

        Einige hier mit Spießen, dort andre mit Beilen, es brachte

        Hammer und Zange der Schmied, es kamen andre mit Schaufeln,

        Andre mit Spaten, sie schlugen drauflos und riefen und schlugen,

        Daß er vor schmerzlicher Angst im eignem Unflat sich wälzte.

        Alle setzten ihm zu, es blieb auch keiner dahinten;

        Der krummbeinige Schloppe mit dem breitnasigen Ludolf

        Waren die Schlimmsten, und Gerold bewegte den hölzernen Flegel

        Zwischen den krummen Fingern; ihm stand sein Schwager zur Seite,

        Kückelrei war es, der dicke, die beiden schlugen am meisten.

        Abel Quack und Frau Jutte dazu, sie ließens nicht fehlen;

        Talke Lorden Quacks traf mit der Butte den Armen.

        Und nicht diese Genannten allein, denn Männer und Weiber,

        Alle liefen herzu und wollten das Leben des Bären.

        Kückelrei machte das meiste Geschrei, er dünkte sich vornehm:

        Denn Frau Willigetrud am hinteren Tore (man wußt es)

        War die Mutter, bekannt war nie sein Vater geworden.

        Doch es meinten die Bauern, der Stoppelmäher, der schwarze

        Sander, sagten sie, möcht es wohl sein, ein stolzer Geselle,

        Wenn er allein war. Es kamen auch Steine gewaltig geflogen,

        Die den verzweifelten Braunen von allen Seiten bedrängten.

        Nun sprang Rüsteviels Bruder hervor und schlug mit dem langen,

        Dicken Knüttel den Bären aufs Haupt, daß Hören und Sehen

        Ihm verging, doch fuhr er empor vom mächtigen Schlage.

        Rasend fuhr er unter die Weiber, die untereinander

        Taumelten, fielen und schrien, und einige stürzten ins Wasser,

        Und das Wasser war tief. Da rief der Pater und sagte:

        Sehet, da unten schwimmt Frau Jutte, die Köchin, im Pelze,

        Und der Rocken ist hier! O helft, ihr Männer! Ich gebe

        Bier zwei Tonnen zum Lohn und großen Ablaß und Gnade.

        Alle ließen für tot den Bären liegen und eilten

        Nach den Weibern ans Wasser, man zog aufs Trockne die fünfe.

        Da indessen die Männer am Ufer beschäftiget waren,

        Kroch der Bär ins Wasser vor großem Elend und brummte

        Vor entsetzlichem Weh. Er wollte sich lieber ersäufen,

        Als die Schläge so schändlich erdulden. Er hatte zu schwimmen

        Nie versucht und hoffte sogleich das Leben zu enden.

        Wider Vermuten fühlt' er sich schwimmen, und glücklich getragen

        Ward er vom Wasser hinab, es sahen ihn alle die Bauern,

        Riefen: Das wird uns gewiß zur ewigen Schande gereichen!

        Und sie waren verdrießlich und schalten über die Weiber:

        Besser blieben sie doch zu Hause! da seht nun, er schwimmet

        Seiner Wege. Sie traten herzu, den Block zu besehen,

        Und sie fanden darin noch Haut und Haare vom Kopfe

        Und von den Füßen und lachten darob und riefen: Du kommst uns

        Sicher wieder, behalten wir doch