nahm aber die Stelle nicht an.
Was die Sache mit der Verpflanzung der Lit. Zeit. nach Halle und zugleich mit Ihrem Bleiben in Jena betrifft, so fallen einem dabei mancherlei Gedanken ein, die besser mündlich als schriftlich mitgetheilt werden. Wie es mit diesen beiden Zeitungen künftig gehn wird, muß man erwarten, und des läßt sich so wenig darüber sagen, als über alle futura contingentia. Aus der öffentlichen Anzeigung habe ich gesehn, daß Sie bei der alten Kirche bleiben. So viel kann ich sagen, daß des Hrn. von Kotzebue höchst unüberlegte Aeußerung über diese Sache bei allen gesetzten Leuten Mißvergnügen erregt hat, und auch in Potsdam ist sehr gemißbilligt worden. Es gehört überhaupt zu den piis desideriis, daß die vielen Indiscretionen möchten aus unsrer neuesten Literatur verbannt werden.
Es ist eben nicht wahrscheinlich, daß der Freimüthige unter Merkels Direction sich hierin bessern werde. Indessen ist es auch wahr, daß vernünftige Leute und wahre Gelehrte an dergleichen Klatschereien keinen Gefallen haben, und keinen Werth darauf legen. Alle solche Dinge währen eine Weile, und nach einiger Zeit hört man nichts mehr von den Leuten, die heute oder übermorgen so viel Lärm machen.
Ich bin unverändert
Oehlenschläger, Adam Gottlob
Geb. den 14. November 1779 zu Kopenhagen, als Konferenzrath &c. daselbst gestorben am 20. Januar 1850.
Er hatte sich verletzt gefühlt durch einige Urtheile Tiecks über seine Schriften; hauptsächlich wohl mag es die Uebersetzung Holberg’s gewesen sein, die Jener vielleicht zu streng tadelte, und welche die alten Freunde auseinander brachte. Schön ist, was O. im ersten Schreiben (nach Goethe’s Tode) von der Versöhnung mit T. sagt.
Oehlenschläger ist ein dänischer Dichter gewesen; seine „Gedichte“ (1803.) – die poetischen Schriften, 2 Bde. (1805.) verkünden ihn als solchen.
Aber er war auch ein deutscher Dichter. Er gab uns die besten seiner Dramen auch in deutscher Sprache, mit bewundernswerthem Eingehen in ihren Genius; und wo er fehlte, fehlte er poetisch; so daß Goethe mit vollem Rechte aussprechen durfte: „Man schreibt eigentlich nicht so, doch man könnte (ja man sollte) so schreiben.“
Palnatoke – Axel und Walburg – Hakon Jarl und andere seiner Werke werden bleiben – wenn freilich so entschiedene Irrthümer wie „Hamlet“ und dergleichen, kaum geboren schon ihr Ende fanden.
Correggio, diese in Deutschland bekannteste seiner Dichtungen, hat strenge Beurtheiler gefunden, hat doch aber auch viele begeisterte Freunde sich erworben. Es giebt Scenen darin, deren Pracht mit nichts zu vergleichen ist. Chamisso schloß einstmals eine lange Diskussion für und gegen dieses Gedicht mit der Aeußerung: „Meine lieben Freunde, ich denke, wir streiten um des Kaisers Bart; wer eine Tragödie in fünf Akten, in solchen Versen machen kann, und seinen Helden mit einem Worte2 tödtet… der ist doch wohl ein Dichter!“
I
Nie habe ich stärker die Macht einer übeln Gewohnheit empfunden, als wenn ich an dich denke, und dann wieder denke: aber warum in aller Welt (oder in Teufels Namen) – (oder um Gottes Willen) – schreibst du nicht dem edeln Freunde, an den du so oft denkst, und jedesmal wenn du etwas gedichtet hast bei dir wünschest, um seine Meinung zu hören und vielleicht die große Lust seines Beifalls zu gewinnen?
Leider, mein theurer Bruder! hast du den selben Fehler. Man sagt sonst „les beaux esprits se rencontrent,“ aber auf die Art könnten wir uns nicht leicht rencontriren. Ich schrieb dir einen langen Brief im vorigen Sommer. Du antwortetest nicht darauf – aber glaube ja nicht daß ich deshalb schwieg. Du hattest mir in Dresden gar zu viele und rührende Beweise deiner Freundschaft gegeben – es wäre schlecht von mir gewesen deshalb Verdacht gegen deine freundliche Gesinnung zu schöpfen. Aber da muß ich doch zu meiner Entschuldigung sagen: da war noch ein andrer Grund, warum ich lange schwieg. Es ist so betrübt seinen Freunden etwas Unangenehmes mitzutheilen, und es begegnete mir, nach meiner Zurückkunft, viel Unangenehmes. Lottchen hatte sich nehmlich mit einem Schauspieler bei dem hiesigen Theater heimlich versprochen, und obschon ich keine von den dummen Vorurtheilen gegen den Schauspielerstand theile, so war doch das ein Schwiegersohn, den ich auf keine Weise anerkennen wollte, denn obschon nichts Schlechtes von ihm zu sagen ist, so ist er sehr leichtsinnig und wird nie im Stande seyn, Lottchen eine sorgenfreie Existenz zu verschaffen. Das hat sie nun zuletzt eingesehen, und sie hat sich wieder von ihm getrennt.
Diese Verstimmung mag einigermaßen zu meiner Entschuldigung dienen, daß ich dir so lange nichts geschrieben habe. Auch könnte ich eine Menge Philisterursachen anführen, das Rectorat hat mir viel Zeit gekostet, ich mußte zwei lateinische Reden theils verfertigen, theils verfertigen lassen. In der letzten Rede sprach ich eine ganze Viertelstunde davon, wie dumm es ist lateinisch zu reden. Ich hoffe wir werden jetzt bei unserer Universität auch dänische Reden in der Zukunft halten. Ich sprach auch viel von Goethe!
Ihn haben wir denn auch verloren! —
Wie schön war es, lieber Tieck! daß du eben noch vor seinem Tode in deiner schönen Novelle sein unsterbliches Verdienst als lyrischer Sänger mit so vielem Geiste und Tiefe darstelltest. —
Wir zwei sahen uns wieder und versöhnten uns noch vor seinem Tode. Das war auch schön! O lasse uns dieses herrliche Verhältniß pflegen und hegen; uns einander öfter schreiben; wenigstens zwei mal im Jahre.
Aber kommst du nicht einmal nach Dänemark? O komme, komm! Du sollst bei mir wohnen und bleiben so lange du Lust hast, und ich werde es als ein außerordentliches Glück betrachten.
Um doch recht viel mit dir zu leben, habe ich seit meiner Zurückkunft sehr vieles von dir wieder gelesen, die Novellen (den Aufruhr in den Cevennen mußt du absolut fertig machen). Auch Octavian und mehrere von den alten Sachen.
Ich habe auch Vorlesungen gehalten und mehrere ästhetische Abhandlungen ausgearbeitet. Im künftigen Herbst gebe ich eine dänische Monatsschrift „Prometheus“ heraus, die Aesthetik, Kritik und Poesie enthalten wird.
Ich habe ein kleines romantisches Schauspiel in gereimten Versen Rübezahl geschrieben – es wurde gespielt, aber – das war „Caviar für den großen Haufen,“ es gefiel nur den Poetischen, Gebildeten.
Mein Singspiel „das Bild und die Büste“ (in der deutschen Sammlung übersetzt,) ist von einem jungen geistreichen Musiker „Berggreen“ sehr gut componirt, und hat auch gefallen. Was sagst du dazu dieses Stück mit Berggreens Musik in Dresden aufführen zu lassen?
Hast du daran gedacht einige von meinen Stücken in Dresden sonst aufzuführen? Robinson in England? Erich und Abel?
Ich wünsche sehr einige gute Nachrichten von deiner Gesundheit zu hören. Und wie befindet sich deine gute Frau und deine lieben Töchter, und die treffliche Gräfin Finkenstein? – Zu Brockhaus’ Urania habe ich eine Novelle geschrieben: „der bleiche Ritter.“ Sage mir deine aufrichtige Meinung darüber, wenn du sie gelesen hast. Ich freue mich dazu wieder eine Novelle von dir in Urania zu finden.
„Quid novi ex Africa“ kann ich sonst fragen; denn das poetische Deutschland fängt jetzt so ziemlich an eine africanische Sandwüste zu werden. – Aber so ist es überall – und so war es zu Theil überall. Der Fluß des Lebens fließt über Sand, und der Sand enthält immer nur wenige Diamanten. Lebe wohl!
II
Der junge Müller, ein talentvoller Maler, der gewiß etwas Gutes in seiner Kunst leisten wird, bittet mich ihm einen Brief an Dich mitzugeben. Eigentlich sollte ich Dir nicht mehr schreiben, denn zwei (?) lange Briefe habe ich Dir geschrieben, und Du hast mir keine Zeile geantwortet. Doch – ich weiß daß Du mir treu bist und bleibst, und das ist ja die Hauptsache. Vielleicht waren meine Briefe auch damals zu traurig, was meine Familie betraf, und du wußtest mir keinen rechten Trost zu geben. Jetzt geht