Эрих Мария Ремарк

Жизнь взаймы / Der Himmel kennt keine Günstlinge


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gefunden?«

      »Nein!« Lillian schluckte. »Noch nicht. Woher haben Sie die Blumen?«

      »Aus einem Blumengeschäft«, erwiderte Clerfayt erstaunt. »Warum?«

      »Hier im Dorf?«

      »Ja, aber warum? Sind sie gestohlen?«

      »Nein. Oder vielleicht doch. Ich weiß es nicht«

      Lillian schwieg.

      »Soll ich hinaufkommen?« fragte Clerfayt.

      »Ja.«

      »Wann?«

      »In einer Stunde; dann ist es hier still.«

      »Gut, in einer Stunde. Am Dienstboteneingang?«

      »Ja.«

      Lillian legte den Hörer zurück. Gott sei Dank, dachte sie, da war jemand, dem man nichts zu erklären brauchte.

      Clerfayt stand an der Seitentür. »Können Sie keine Orchideen leiden?« fragte er und zeigte auf den Schnee.

      Die Blumen und der Karton lagen noch da. »Woher haben Sie sie?« fragte Lillian.

      »Aus einem kleinen Blumengeschäft unten – etwas außerhalb des Dorfes. Warum? Sind sie verhext?«

      »Diese Blumen – dieselben Blumen«, sagte Lillian mit Mühe, »habe ich gestern auf den Sarg meiner Freundin gelegt. Alles ist zum Krematorium geschickt worden. Ich weiß nicht, wie…«

      »Zum Krematorium?« fragte Clerfayt.

      »Ja.«

      »Guter Gott! Das Geschäft, in dem ich die Blumen gekauft habe, liegt nicht weit vom Krematorium. Es ist ein kleiner Laden, und ich habe mich schon gewundert, woher die Blumen kamen. Das erklärt es!«

      »Was?«

      »Ein Angestellter des Krematoriums muß sie, anstatt sie mit zu verbrennen, weggenommen und an den Laden verkauft haben.«

      Sie starrte ihn an. »Ist so etwas denn möglich?«

      »Warum nicht? Blumen sind Blumen.«

      Clerfayt nahm Lillians Arm. »Was wollen wir tun? Einen Schock bekommen oder über den Geschäftsgeist der Menschheit lachen? Ich schlage vor, wir lachen.«

      Lillian sah auf die Blumen. »Ekelhaft«, flüsterte sie. »Von einer Toten zu stehlen.«

      »Nicht mehr und nicht weniger ekelhaft als vieles andere«, erwiderte Clerfayt. »Ich hätte auch nie gedacht, daß ich einmal Leichen nach Zigaretten und Brot durchsuchen würde und habe es doch getan. Im Kriege. Es ist anfangs scheußlich; aber man gewöhnt sich daran, besonders wenn man sehr hungrig ist und lange nicht geraucht hat. Kommen Sie, wir gehen etwas trinken.«

      Sie blickte immer noch auf die Blumen. »Sollen sie da liegen bleiben?«

      »Natürlich. Sie haben nichts mehr mit Ihnen, nichts mit der Toten und nichts mit mir zu tun. Ich schicke Ihnen morgen neue. Aus einem anderen Geschäft.«

      Der Schlitten hielt. Vor dem Eingang zum Hotel lagen Bretter über dem feuchten Schnee. Lillian stieg aus.

      Er folgte ihr. Worin lasse ich mich da ein? dachte er. Und mit wem? Immerhin, es war etwas anderes, als Lydia Morelli, mit der er vor einer Stunde ein Telefongespräch aus Rom gehabt hatte. Lydia Morelli, die jeden Trick kannte und keinen vergaß.

      Er holte Lillian an der Tür ein. »Heute abend«, sagte er, »wollen wir einmal über nichts anderes reden als über die oberflächlichsten[19] Dinge der Welt.« Eine Stunde später war die Bar gepackt voll. Lillian blickte zur Tür.

      »Da kommt Boris«, sagte sie. »Ich hätte es mir denken sollen.«

      Clerfayt hatte den Russen bereits gesehen. Er ignorierte Clerfayt. »Dein Schlitten wartet draußen, Lillian«, sagte er.

      »Schick den Schlitten weg, Boris«, erwiderte sie. »Ich brauche ihn nicht. Das ist Herr Clerfayt. Du bist ihm schon einmal begegnet.«

      »Wirklich?« sagte Wolkow. »Oh, in der Tat! Bitte, verzeihen Sie.« Er sah knapp an Clerfayt vorbei. »In dem Sportwagen, der die Pferde scheu machte, nicht wahr?«

      Clerfayt spürte den versteckten Hohn[20]. Er antwortete nicht und blieb stehen. »Du hast wahrscheinlich vergessen, daß morgen noch einmal Röntgenaufnahmen gemacht werden sollen«, sagte Wolkow zu Lillian.

      »Ich habe es nicht vergessen, Boris.«

      »Du mußt ausgeruht sein und geschlafen haben.«

      »Ich weiß das. Ich habe noch Zeit dazu.«

      Sie sprach langsam, wie man zu einem Kind spricht, das einen nicht versteht.

      »Ich muß noch auf jemand warten«, sagte er zu Lillian. »Wenn du inzwischen den Schlitten –«

      »Nein, Boris! Ich will noch bleiben.«

      Clerfayt hatte jetzt genug. »Ich habe Miss Dunkerque hierher begleitet«, sagte er ruhig. »Und ich glaube fähig zu sein, sie wieder zurückzubringen.«

      Wolkow sah ihn rasch an. Sein Gesicht veränderte sich. Dann faßte er sich und ging zur Bar.

      Clerfayt setzte sich. Er war nicht mit sich zufrieden. Was tue ich da? dachte er. Ich bin doch nicht mehr zwanzig Jahre alt! »Warum gehen Sie nicht zurück mit ihm?« fragte er mißmutig.

      »Wollen Sie mich loswerden?«

      Er sah sie an. Sie schien hilflos zu sein, aber er wußte, daß Hilflosigkeit das Gefährlichste war, was es bei einer Frau gab – denn keine Frau war wirklich hilflos.

      »Natürlich nicht«, sagte er. »Bleiben wir also!«

      Sie blickte zur Bar hinüber. »Er geht nicht«, flüsterte sie. »Er bewacht mich. Er glaubt, daß ich nachgeben werde.«

      Clerfayt nahm die Flasche und füllte die Gläser. »Gut. Lassen wir es also darauf ankommen, wer zuerst müde wird.«

      »Sie verstehen ihn nicht«, erwiderte Lillian scharf.

      »Er ist nicht eifersüchtig.«

      »Nein?«

      »Nein. Er ist unglücklich und krank und sorgt sich um mich. Es ist leicht, überlegen zu sein, wenn man gesund ist.«

      Clerfayt stellte die Flasche zurück. Diese loyale, kleine Bestie! »Möglich«, sagte er gleichmütig. »Aber ist es ein Verbrechen, gesund zu sein?« Sie wandte sich ihm zu. »Natürlich nicht«, murmelte sie. »Ich weiß nicht, was ich rede. Es ist besser, ich gehe.«

      Sie griff nach ihrer Tasche, aber sie stand nicht auf.

* * *

      Clerfayt hatte von ihr genug, aber er hätte sie um nichts in der Welt gehen lassen, solange Wolkow noch an der Bar stand und auf sie wartete »Sie brauchen mit mir nicht besonders vorsichtig zu sein«, sagte er. »Ich bin nicht sehr empfindlich.«

      »Hier ist jeder empfindlich.«

      »Ich bin nicht von hier.«

      »Ja.« Lillian lächelte plötzlich. »Das ist es wohl!«

      »Was?«

      »Das, was uns irritiert. Verstehen Sie das nicht? Sogar Hollmann, Ihren Freund.«

      »Das ist möglich«, erwiderte Clerfayt überrascht.

      »Ich hätte wahrscheinlich nicht kommen sollen. Irritiere ich Wolkow auch?«

      »Haben Sie das nicht bemerkt?«

      »Möglich. Warum gibt er sich aber dann soviel Mühe, es mich merken zu lassen?«

      »Er geht«, sagte Lillian.

      Clerfayt sah es. »Und Sie?« fragte er. »Sollten Sie nicht auch besser im Sanatorium sein?«

      »Wer weiß das? Der Dalai Lama? Ich? Das Krokodil? Gott?«

      Sie nahm ihr Glas. »Und wer ist verantwortlich? Wer? Ich? Gott? Und wer für wen? Kommen Sie, wir wollen tanzen?«

      Clerfayt