Эрих Кестнер

Emil und die detektive / Эмиль и сыщики. Книга для чтения на немецком языке


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er aber zu Ostern nach Hause kam und sagen konnte: „Mutter, ich bin wieder der Beste!“, dann war er sehr zufrieden. Er liebte das Lob, das er in der Schule und überall erhielt, weil es seiner Mutter Freude machte. Er war stolz darauf, dass er ihr ein bisschen zurückzahlen konnte, was sie für ihn, ohne müde zu werden, tat…

      „Hoppla“, rief die Mutter, „wir müssen zum Bahnhof. Es ist schon Viertel nach eins. Und der Zug geht kurz vor zwei Uhr.“

      „Also los, Frau Tischbein!“, sagte Emil zu seiner Mutter, „aber, dass Sie es nur wissen, den Koffer trage ich selber!“

      Vor dem Hause sagte die Mutter: „Falls die Pferdebahn kommt, fahren wir bis zum Bahnhof.“

      Wer von euch weiß, wie eine Pferdebahn aussieht? Aber da sie gerade um die Ecke biegt und hält, weil Emil winkt, will ich sie euch rasch beschreiben.

      Also, die Pferdebahn läuft auf Schienen, wie eine richtige Straßenbahn und hat auch ähnliche Wagen, aber es ist eben doch nur ein Pferd davor. Emil und seine Freunde fantasierten von elektrischen Bahnen, aber der Magistrat von Neustadt fand die Pferdebahn gut genug. Bis jetzt konnte also von Elektrizität gar keine Rede sein, und der Wagenführer hielt also in der linken Hand die Zügel und in der rechten die Peitsche. Hü, hott!

      Und wenn jemand in der Rathausstraße 12 wohnte, und er saß in der Pferdebahn und wollte aussteigen, so klopfte er ganz einfach an die Fensterscheibe. Dann machte der Herr Schaffner „Brr!“, und der Fahrgast war zu Hause. Die richtige Haltestelle war vielleicht erst vor der Hausnummer 30 oder 46. Aber das war der Neustädter Straßenbahn ganz egal. Sie hatte Zeit. Das Pferd hatte Zeit. Der Schaffner hatte Zeit. Die Neustädter hatten Zeit. Und wenn es wirklich einmal jemand besonders eilig hatte, ging er zu Fuß …

      Auf dem Bahnhofsplatz stiegen Frau Tischbein und Sohn aus.

      Dann kaufte die Mutter am Schalter die Fahrkarte und eine Bahnsteigkarte. Und dann gingen sie auf den Bahnsteig I – bitte sehr, Neustadt hat vier Bahnsteige – und warte-ten auf den Zug nach Berlin. Es fehlten nur noch ein paar Minuten.

      „Lass nichts liegen, mein Junge! Und setz dich nicht auf die Blumen! Du kommst um 18.17 Uhr in Berlin an. Am Bahnhof Friedrichstraße. Steige ja nicht vorher aus, etwa am Bahnhof Zoo!“

      „Nur keine Bange, junge Frau.“

      „Und sei zu den anderen Leuten nicht so frech wie zu deiner Mutter. Und wirf das Papier nicht auf den Fußboden, wenn du deine Wurstbrote isst. Und – verliere das Geld nicht!“

      Emil fasste sich entsetzt an die Jacke und in die rechte Brusttasche5 und meinte dann erleichtert: „Alles in Ordnung.“

      Er fasste die Mutter am Arm und spazierte mit ihr auf dem Bahnsteig hin und her.

      „Und arbeite nicht zu viel, Muttchen! Und werde ja nicht krank. Und schreib mir auch einmal. Und ich bleibe höchstens eine Woche, dass du’s weißt.“ Er drückte die Mutter fest an sich. Und sie gab ihm einen Kuss auf die Nase.

      Dann kam der Personenzug nach Berlin. Emil fiel der Mutter noch ein bisschen um den Hals6. Dann kletterte er mit seinem Koffer in ein Abteil. Die Mutter reichte ihm die Blumen und die Wurstbrote nach und fragte, ob er Platz hätte. Er nickte.

      „Also, Friedrichstraße aussteigen!“

      Er nickte.

      „Und die Großmutter wartet am Blumenkiosk.“

      Er nickte.

      „Und benimm dich, du Schurke!“

      Er nickte.

      „Und sei nett zu Pony Hütchen7. Ihr werdet euch gar nicht mehr kennen.“

      Er nickte.

      „Und schreib mir.“

      „Du mir auch.“

      So wäre es wahrscheinlich noch stundenlang fortgegangen, wenn es nicht den Eisenbahnfahrplan gegeben hätte8. Der Zugführer rief: „Alles einsteigen! Alles einsteigen!9“ Die Wagentüren klappten zu. Die Lokomotive ruckte an. Und fort ging’s.

      Die Mutter winkte noch lange mit dem Taschentuch. Dann drehte sie sich langsam um und ging nach Hause. Und weil sie das Taschentuch sowieso schon in der Hand hielt, weinte sie noch ein bisschen.

      Aber nicht lange. Denn zu Hause wartete schon Frau Fleischermeister Augustin und wollte gründlich den Kopf gewaschen haben.

Beantworten Sie die Fragen!

      1. Wie heißt der Hauptheld mit dem Vornamen und Familiennamen?

      2. Aus wieviel Personen besteht die Familie?

      3. Ist die Familie reich?

      4. Wer verdient Geld?

      5. Was ist Emils Mutter?

      6. Wie stehen die Mutter und der Sohn zueinander?

      7. Warum war Emil ein Musterknabe?

      8. Wie heißt die Stadt, in der Emil lebte?

      9. Wohin und wozu musste Emil fahren?

      10. War er schon in der Hauptstadt Deutschlands?

      11. Wer lebte dort?

      12. Welche Aufgabe hat Emil erhalten?

      13. Was hat Emil in den Briefumschlag gelegt?

      14. Wieviel Geldscheine waren drin?

      15. Was hatte Emil an und wie fühlte er sich dabei?

      16. Für wie lange sollte er fahren?

      17. Welche Ratschläge hat die Mutter ihm gegeben?

      18. Womit hat Emil seiner Mutter Freude gemacht?

      19. Wie hat Emil der Mutter geholfen?

      20. Beschreiben sie die Stadt, in der Emil lebte!

      21. Hat man auf ihn in Berlin gewartet?

Die Reise nach Berlin kann losgehen

      Emil nahm seine Schülermütze ab und sagte: „Guten Tag, meine Herrschaften!10 Ist vielleicht noch ein Plätzchen frei?“

      Natürlich war noch ein Platz frei. Und eine dicke Dame, die sich den linken Schuh ausgezogen hatte, weil er drückte, sagte zu ihrem Nachbarn, einem Mann: „Solche höflichen Kinder sind heutzutage selten. Wenn ich da an meine Jugend zurückdenke. Gott! Da herrschte ein anderer Ton.11

      Dass es Leute gibt, die immer sagen: Gott, früher war alles besser, das wusste Emil längst. Und er hörte überhaupt nicht mehr hin, wenn jemand erklärte, früher sei die Luft gesünder gewesen, oder die Kühe hätten größere Köpfe gehabt, denn das war meistens nicht wahr, und die Leute gehörten bloß zu der Sorte, die nicht zufrieden sein wollen, weil sie sonst zufrieden wären.

      Er befühlte seine rechte Jackentasche und war erst beruhigt, als er das Kuvert knistern hörte. Die Mitreisenden sahen auch nicht gerade wie Diebe und Mörder aus. Neben dem Mann und der dicken Frau saß eine andere Frau. Und am Fenster, neben Emil, las ein Herr im steifen Hut12 die Zeitung.

      Plötzlich legte er die Zeitung weg, holte aus seiner Tasche ein Stück Schokolade und sagte: „Na, junger Mann, wie wär’s?“

      „Gerne“, antwortete Emil und nahm die Schokolade. Dann nahm er schnell seine Mütze ab und sagte: „Emil Tischbein ist mein Name.“ Die Mitreisenden lächelten. Der Herr nahm nun auch ernst den steifen Hut ab und sagte: „Sehr angenehm, ich heiße Grundeis.“

      Dann fragte die dicke Dame, die den linken Schuh ausgezogen hatte: „Lebt denn in Neustadt der Herr Kurzhals noch?“

      „Ja, freilich lebt Herr Kurzhals noch“, sagte Emil, „kennen Sie ihn?“

      „Ja, grüß ihn schön von Frau Jakob aus Großgrünau.“

      „Ich