und bleibt im Nacken des Mannes hängen. Sein Körper bewegt sich noch, als er zusammensackt. Ben setzt sich benommen auf.
„Komm zurück ins Boot!“ schreit Logan „SOFORT!“
Ich höre den Ärger in seiner Stimme, und ich fühle das gleiche. Ben war auf dem Wachposten, als er eingeschlafen ist. Er hat uns alle diesem Angriff ausgesetzt.
Ben stolpert zurück ins Boot, und gleichzeitig schneidet Logan das Seil, mit dem unser Boot befestigt ist, durch. Ich kümmere mich um Rose, die in meinen Armen jammert, Logan übernimmt das Steuer, startet das Boot und tritt aufs Gas.
In der Morgendämmerung fahren wir aus dem Kanal heraus. Logan hat recht loszufahren. Die Schüsse könnten jemanden in Alarmbereitschaft versetzt haben. Wer weiß wie viel Zeit uns jetzt noch bleibt.
Wir verlassen den Kanal bei Morgenröte und lassen ein paar treibende Leichen hinter uns. Unser Unterschlupf hat sich schnell in einen Ort des Schreckens verwandelt, und ich hoffe, dass ich ihn nie wieder sehen werde.
Wir fahren schnell in der Mitte des Hudson, das Boot springt auf und ab, als Logan aufs Gas tritt. Ich halte Wache, schaue in alle Richtungen nach Anzeichen von den Sklaventreibern. Wenn sie irgendwo in der Nähe sind, hier gibt es kein Versteck. Und die Schüsse, das Kreischen von Rose und das Röhren des Motors machen uns verdächtig.
Ich bete einfach, dass sie irgendwann in der Nacht aufgehört haben nach uns zu suchen und umgedreht sind, so dass sie jetzt weiter südlich sind, irgendwo hinter uns. Wenn nicht, fahren wir genau zu ihnen.
Und wenn wir richtig Glück haben, haben sie aufgegeben, und sind komplett umgedreht, zurück nach Manhattan. Aber da habe ich meine Zweifel, denn so viel Glück hatten wir noch nie.
Wie diese Verrückten. So ein Pech, dass wir gerade dort gehalten haben. Ich hatte Gerüchte gehört von raubenden Gangs aus Verrückten, die zu Kannibalen geworden sind, die überleben, indem sie andere essen, aber ich habe es nie geglaubt. Es fällt mir immer noch schwer zu glauben, dass es wahr ist.
Ich halte Rose fest im Arm, Blut sickert aus ihrer Wunde in meiner Hand, ich wiege sie, versuche sie zu trösten. Ihr improvisierter Verband ist schon so rot, dass ich ein neues Stück von meinem Hemd abreiße, um ihren Verband zu wechseln. Jetzt ist mein Bauch der eisigen Kälte ausgesetzt.
Es ist nicht unbedingt hygienisch, aber besser als nichts, und ich muss die Blutung irgendwie stoppen. Ich wünschte, wir hätten Medikamente, Antibiotika, wenigstens Schmerzmittel – irgendetwas, das ich ihr geben könnte. Als ich den durchtränkten Verband abnehme, sehe ich, dass ein Stück Fleisch aus ihrem Arm fehlt. Ich schaue weg, versuche nicht an die Schmerzen zu denken, die sie haben muss. Es ist schrecklich.
Penelope sitzt auf ihrem Schoß, winselt, schaut sie an, und es ist deutlich, dass sie auch helfen will. Bree wirkt wieder traumarisiert, hält ihre Hand, versucht sie zu beruhigen. Aber sie ist untröstlich. Ich wünschte leidenschaftlich, ich hätte Beruhigungsmittel – irgendwas. Und dann, plötzlich, fällt es mir ein: Die halb volle Falsche Champagner! Ich hole sie schnell, gebe sie ihr und sage „trink das!“
Rose weint hysterisch, schreit vor Qual und scheint mich nicht einmal zu erkennen. Ich halte die Flasche an ihre Lippen und sorge dafür, dass sie trinkt. Sie verschluckt sich, spuckt etwas aus, aber sie trinkt ein bisschen.
„Bitte Rose, trink. Es wird helfen.“
Ich halte die Flasche wieder an ihren Mund, und zwischen ihren Schreien nimmt sie ein paar weitere Schlucke. Auf der einen Seite fühle ich mich schlecht, weil ich einem kleinen Kind Alkohol gebe, auf der anderen hoffe ich, dass es hilft ihre Schmerzen zu betäuben, und ich weiß einfach nicht, was ich sonst machen soll.
„Ich habe Tabletten gefunden“ höre ich eine Stimme.
Es ist Ben, er steht hinter mir und sieht zum ersten Mal wach aus. Der Angriff auf Rose muss ihn herausgerissen haben, vielleicht weil er sich schuldig dafür fühlt, dass er bei der Wache eingeschlafen ist.
Er steht da und hält eine kleine Dose mit Pillen. Ich schaue sie mir an. „Das habe ich drinnen im Handschuhfach gefunden“ sagt er „Ich weiß nicht, was es ist“. Ich schaue auf das Etikett: Ambien. Schlaftabletten. Die Sklaventreiber müssen es verstaut haben, damit sie schlafen können. Die Ironie der Geschichte: Sie halten andere nächtelang wach und nehmen selbst Schlaftabletten. Aber für Rose sind die Schlaftabletten perfekt, das ist genau das, was wir gebraucht haben.
Ich weiß nicht, wie viele ich ihr geben soll, aber ich muss sie beruhigen. Ich reiche ihr noch mal den Champagner, stelle sicher, dass sie auch schluckt, und dann gebe ich ihr zwei Tabletten. Den Rest stecke ich in meine Tasche, so dass sie nicht verloren gehen. Dann achte ich sorgfältig auf Rose.
Innerhalb von Minuten entwickeln der Alkohol und die Pillen ihre Wirkung. Langsam wird ihr Klagen zu einem Weinen, dann wird es leiser. Nach etwa zwanzig Minuten fallen ihr die Augen zu, und sie schläft in meinen Armen ein.
Ich warte weitere zehn Minuten um sicher zu gehen, dass sie wirklich schläft, dann schaue ich zu Bree. „Kannst Du sie nehmen?“ frage ich.
Bree kommt schnell zu mir, und langsam stehe ich auf und lege Rose in ihre Arme.
Ich stehe, meine Beine sind verkrampft, dann gehe ich auf dem Boot nach vorne, neben Logan. Wir fahren immer noch flussaufwärts, und als ich auf das Wasser schaue, gefällt mir das, was ich sehe, überhaupt nicht. Im Hudson beginnen sich kleine Eisbrocken zu bilden an diesem eiskalten Morgen. Ich kann hören, wie sie gegen das Boot schlagen. Das ist das Letzte, das wir brauchen.
Aber es bringt mich auf eine Idee. Ich lehne mich über das Boot, Wasser spritzt mir ins Gesicht, und tauche meine Hände in das kalte Wasser. Es tut weh, aber ich zwinge meine Hand durchzuhalten und versuche ein kleines Stück Eis zu schnappen, während wir fahren. Wir fahren zu schnell, und deshalb ist es sehr schwer, einen zu fangen. Ich verpasse sie immer um wenige Zentimeter. Endlich, nach einer Minute, habe ich einen. Ich nehme die Hand aus dem Wasser, sie zittert vor Kälte. Ich eile zu Bree und gebe ihr das Eis. Sie nimmt es mit weit geöffneten Augen. „Halt das“ sage ich. Ich nehme den anderen Verband, den blutigen, und wickle das Eis darin ein. Dann gebe ich ihn an Bree. „Halt das an ihre Wunde“.
Ich hoffe es hilft die Schmerzen zu betäuben, vielleicht kann es die Schwellung stoppen.
Ich wende meine Aufmerksamkeit wieder dem Fluss zu und schaue mich nach allen Seiten um, während der Morgen immer heller wird. Wir rasen weiter und weiter nach Norden, und ich bin erleichtert, weil ich nirgendwo Anzeichen für Sklaventreiber sehe. Ich höre keine Motoren, mache keine Bewegungen an den Ufern aus. Eine unheilverkündende Stille. Warten sie schon auf uns?
Ich setze mich auf den Beifahrersitz neben Logan und schaue auf die Tankanzeige. Es ist nicht mal ein Viertel übrig. Das sieht nicht gut aus.
„Vielleicht sind sie gegangen,“ vermute ich. “Vielleicht sind sie umgekehrt, haben die Suche aufgegeben.“
„Zähl nicht darauf“ sagt er.
Wie auf ein Stichwort höre ich plötzlich einen Motor. Mein Herz bleibt stehen. Es ist ein Geräusch, dass ich auf der ganzen Welt erkennen würde: Ihr Motor.
Ich gehe zum Ende des Bootes und suche den Horizont ab: tatsächlich, da sind die Sklaventreiber, etwa anderthalb Kilometer entfernt. Sie rasen auf uns zu. Ich schaue ihnen zu und fühle mich hilflos. Wir haben kaum noch Munition, sie sind gut ausgestattet und gut besetzt, mit jeder Menge Waffen und Munition. Wir haben keine Chance, wenn wir gegen sie kämpfen, und wir haben keine Chance zu entkommen: sie kommen uns schon näher. Außerdem können wir auch nicht versuchen uns zu verstecken.
Wir haben keine Wahl, außer ihnen gegenüber zu treten. Und das wäre ein verlorener Kampf. Es ist als würde ein Todesurteil auf uns zu rasen.
„Vielleicht sollten wir uns ergeben!“ schreit Ben und schaut ängstlich zurück.
„Niemals“ sage ich.
Ich kann mir nicht vorstellen, noch einmal ihre Gefangene zu sein.
„Wenn ich gehe, dann als toter Mann“ sagt Logan.
Ich versuche zu denken, zermartere meinen Kopf nach einer Lösung.
„Kannst