hatte keine Schwierigkeiten, die Bars und die Motels zu finden.
Wie es manche Serienmörder taten, hatte er Hinweise für die Polizei hinterlassen.
Bei allen Leichen waren Streichholzbriefchen von den Bars und Notizpapier oder Servietten von den Motels gefunden worden.
Zeugen in den Bars und Motels konnten eine recht gute Beschreibung von dem Verdächtigen geben.
Riley zog eine Zeichnung heraus, die vor Jahren angefertigt worden war.
Sie sah, dass der Mann gewöhnlich aussah, mit dunkelbraunen Haaren und braunen Augen. Während sie die Zeugenberichte las, bemerkte sie einige Details. Zeugen hatten erwähnt, dass er außergewöhnlich blass aussah, als würde er einen Job haben, bei dem er wenig an die Sonne kam.
Die Beschreibungen waren nicht sehr detailliert. Trotzdem schien es Riley, als hätte der Fall nicht zu schwer zu lösen sein sollen. Und doch hatte die Polizei den Mörder nie gefunden. Das BAU hatte den Fall übernommen, nur um zu der Schlussfolgerung zu kommen, dass der Mörder entweder verstorben war oder das Gebiet verlassen hatte. Die Suche landesweit durchzuführen, wäre wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen gewesen – eine Nadel, die möglicherweise nicht einmal existierte.
Aber es hatte einen Agenten gegeben, einen Spezialisten für ungelöste Fälle, der anderer Meinung gewesen war.
"Er ist noch in der Gegend", hatte er allen gesagt. "Wir können ihn finden, wenn wir nur weitersuchen."
Aber seine Vorgesetzten hatten ihm nicht geglaubt und ihm keine Unterstützung gegeben. Das BAU hatte den Fall als ungelöst zu den Akten gelegt.
Der Agent war schon seit Jahren vom BAU pensioniert und nach Florida gezogen. Aber Riley wusste, wie sie ihn erreichen konnte.
Sie wählte seine Nummer.
Kurz darauf hörte sie eine vertraute Stimme am anderen Ende der Leitung. Jake Crivaro war ihr Partner und Mentor gewesen, als sie gerade zum BAU kam.
"Hallo, Fremder", sagte Jake. "Wo zur Hölle bist du gewesen? Was treibst du so? Du rufst nicht an, du schreibst nicht. Ist das die Art, einen einsamen, vergessenen alten Geier zu behandeln, der dir alles beigebracht hat, was du weißt?
Riley lächelte. Sie wusste, dass er es nicht so meinte. Schließlich hatten sie sich vor gar nicht allzu langer Zeit gesehen. Jake hatte seinen Ruhestand vor einigen Monaten unterbrochen, um ihr bei einem Fall zu helfen.
Sie fragte nicht, "Wie geht es dir?"
Sie erinnerte sich an seine Litanei, als sie das letzte Mal gefragt hatte.
"Ich bin fünfundsiebzig Jahre alt. Zwei meiner Knie und eine meiner Hüften sind ersetzt worden. Meine Augen sind hinüber. Ich habe ein Hörgerät und einen Herzschrittmacher. Und alle meine Freunde, außer dir, sind draufgegangen. Wie denkst du, dass es mir geht?"
Ihn zu fragen, würde seine Beschwerden nur von neuem starten.
In Wahrheit war er immer noch körperlich fit und sein Verstand war so scharf wie eh und je.
"Ich brauche deine Hilfe, Jake", sagte Riley.
"Musik in meinen Ohren. Ruhestand ist ätzend. Was kann ich für dich tun?"
"Ich schaue mir einen alten Fall an."
Jake lachte leise.
"Die sind mir am liebsten. Weißt du, ungelöste Fälle waren immer eine Spezialität von mir. Das sind sie noch, ist eine Art von Hobby. Selbst im Ruhestand kann ich mir Dinge ansehen, die niemand gelöst hat. Ich bin halt ein Gewohnheitstier. Erinnerst du dich an den 'Engelsgesicht' Mörder in Ohio? Den habe ich vor ein paar Jahren gelöst. War mehr als ein Jahrzehnt ungelöst."
"Ich erinnere mich", sagte Riley neckend. "Das war gute Arbeit für einen alten Knacker, der seine besten Jahre hinter sich hat."
"Schmeicheleien bringen dich nicht weiter. Also, was hast du für mich?"
Riley zögerte. Sie wusste, dass sie einige unschöne Erinnerungen aufwühlen würde.
"Das war einer von deinen Fällen, Jake", sagte sie.
Jake schwieg für einen Augenblick.
"Sag es mir nicht", sagte er schließlich. "Der Streichholzbrief-Killer Fall."
Riley wollte fast fragen, "Woher weißt du das?"
Aber es war einfach, die Antwort zu erraten.
Jake war besessen von ungelösten Fällen, vor allem von seinen eigenen. Er wusste ohne Zweifel von dem Jahrestag von Tilda Steens Tod. Er hatte vermutlich auch die Jahrestage der anderen Opfer bemerkt. Riley nahm an, dass sie ihn seit Jahren verfolgten.
"Das war vor deiner Zeit", sagte Jake. "Warum wühlst du diese alte Geschichte wieder auf?"
Sie hörte die Bitterkeit in seiner Stimme – die gleiche Bitterkeit, an die sie sich als junge Anwärterin erinnerte. Er war wütend gewesen, als seine Vorgesetzten den Fall zu den Akten gelegt hatten. Er war noch Jahre später, bei seiner Pensionierung, verbittert gewesen.
"Weißt du, ich bin über die Jahre mit Tilda Steens Mutter in Verbindung geblieben", sagte Riley. "Ich habe gestern mit ihr gesprochen. Diesmal …"
Sie hielt inne. Wie konnte sie es in Worte fassen?
"Ich nehme an, es hat mich diesmal einfach härter getroffen. Wenn niemand etwas tut, dann wird diese arme Frau sterben, ohne dass der Mörder ihrer Tochter zur Gerechtigkeit gebracht wurde. Ich habe gerade keinen anderen Fall und ich …"
Ihre Stimme verlor sich.
"Ich weiß, wie du dich fühlst", sagte Jake, seine Stimme plötzlich voller Mitgefühl. "Diese drei toten Frauen haben es besser verdient. Ihre Familien haben es besser verdient."
Riley war erleichtert, dass Jake ihre Gefühle teilte.
"Ich kann nicht viel tun ohne BAU Unterstützung", sagte Riley. "Denkst du, es gibt eine Möglichkeit, den Fall wieder zu öffnen?"
"Ich weiß es nicht. Vielleicht. Lass uns gleich an die Arbeit gehen."
Riley konnte hören, wie Jakes Finger über eine Computertastatur klapperten, als er seine eigenen Akten aufrief.
"Was ist schief gelaufen, als du an dem Fall gearbeitet hast?", fragte Riley.
"Was ist nicht schief gelaufen? Meine Theorien passten zu keiner der anderen im BAU. Die Gegend war recht ländlich, nur drei kleine Städte. Aber entlang der Interstate, so nah an Richmond, gab es eine Menge Durchgänger. Das Büro hat entschieden, dass es ein Herumtreiber gewesen sein muss, der weitergezogen ist. Mein Bauchgefühl hat mir etwas anderes gesagt – dass er in der Gegend gelebt hat und vielleicht noch dort lebt. Aber Niemanden hat es interessiert, was mein Bauchgefühl gesagt hat."
Während er etwas tippte, grummelte er, "Ich hätte den Fall wahrscheinlich schon vor Jahren gelöst, wenn ich nicht diesen idiotischen Partner gehabt hätte."
Riley hatte von Jakes inkompetentem Partner gehört, der gefeuert worden war, noch bevor sie zum BAU gekommen war.
Sie sagte, "Ich habe gehört, er hat alles vermasselt, was er angefasst hat."
"Ja, wortwörtlich. In einer der Bars hat er ein Glas angefasst, das der Mörder benutzt hatte. Hat die Fingerabdrücke verwischt."
"Gab es keine Fingerabdrücke auf den Servietten oder den Streichholzbriefen?"
"Nicht nachdem sie in den flachen Gräbern mit Erde und Steinen bedeckt worden waren. Der Typ hat es so was von vermasselt. Er hätte gleich dort an Ort und Stelle gefeuert werden müssen. Hat allerdings auch so nicht mehr lange durchgehalten. Das letzte was ich gehört habe ist, dass er in einem Supermarkt arbeitet. Gut, dass wir den los sind."
Riley hörte, wie Jake im Tippen inne hielt. Sie nahm an, dass er jetzt alle Unterlagen aufgerufen hatte.
"Okay, jetzt schließ deine Augen", sagte Jake.
Riley schloss die