jede Minute”, sagte sie lächelnd. “Ich habe gepackt und bin fertig. Meine Koffer stehen neben der Tür.”
Riley hatte fast vergessen, dass auch Gabriela los wollte. Da April unterwegs sein würde, hatte Gabriela um ein paar Urlaubstage gebeten, um ihre Verwandten in Tennessee zu besuchen. Riley hatte fröhlich zugestimmt.
Riley umarmte Gabriela und sagte, “Buen viaje.”
Gabrielas Lächeln wurde schwächer und sie erwiderte, “Me preocupo.”
“Du machst dir Sorgen?” fragte Riley überrascht. “Worüber machst du dir Sorgen, Gabriela?”
“Sie”, sagte Gabriela. “Sie werden ganz alleine in dem neuen Haus sein.”
Riley lachte leicht. “Mach dir keine Sorgen, ich kann auf mich selber aufpassen.”
“Aber Sie waren nicht sola seit so viele schreckliche Dinge passiert sind”, sagte Gabriela. “Ich mache mir Sorgen.”
Gabrielas Worte brachten Riley zum Nachdenken. Sie hatte nicht Unrecht. Seit der Sache mit Peterson war zumindest April immer bei ihr gewesen. Könnte sich ein dunkles und beängstigendes Loch in ihrem neuen Zuhause auftun? Drohte der Abgrund selbst jetzt?
“Es geht mir gut”, sagte Riley. “Geh und habe eine schöne Zeit mit deiner Familie.”
Gabriela grinste und reichte Riley einen Umschlag. “Das war im Briefkasten”, sagte sie.
Gabriela umarmte April, dann noch einmal Riley, und ging nach unten, um auf ihr Taxi zu warten.
“Was ist das, Mom?” fragte April.
“Ich weiß es nicht!” sagte Riley. “Es wurde nicht mit der Post geschickt.”
Sie riss den Umschlag auf und fand eine Plastikkarte darin. Dekorative Buchstaben auf der Karte lasen “Blaine's Grill.” Darunter stand, “Abendessen für Zwei.”
“Ich nehme an, es ist eine Geschenkkarte von unserem Nachbarn”, sagte Riley. “Das ist nett von ihm. Wir können zusammen zum Abendessen hingehen, wenn du wieder da bist.”
“Mom!” schnaufte April. “Er meint nicht dich und mich.”
“Warum nicht?”
“Er lädt dich zum Essen ein.”
“Oh! Glaubst du wirklich? Das steht hier nicht.”
April schüttelte den Kopf. “Sei nicht doof. Der Mann will mit dir ausgehen. Crystal hat mir gesagt, dass ihr Dad dich mag. Und er ist wirklich süß.”
Riley konnte spüren, wie sie rot wurde. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal jemand zu einer Verabredung eingeladen hatte. Sie war so lange mit Ryan verheiratet gewesen. Seit ihrer Scheidung war sie gezwungen, sich in ihrem neuen Zuhause einzuleben und Entscheidungen über ihre Arbeit zu treffen.
“Du wirst ja ganz rot, Mom”, lachte April.
“Lass uns lieber deine Sachen zusammenpacken”, grummelte Riley. “Ich denke später darüber nach.”
Sie sahen weiter durch Aprils Schrank. Nach ein paar Minuten des Schweigens sagte April, “Ich mache mir auch irgendwie Sorgen um dich, Mom. Wie Gabriela gesagt hat, …”
“Mir geht es gut und das bleibt auch so”, unterbrach Riley.
“Wirklich?”
Riley faltete eine Bluse zusammen und dachte darüber nach, was sie antworten sollte. Sicherlich hatte sie in letzter Zeit schlimmeres erlebt, als ein leeres Haus – darunter mörderische Psychopathen, besessen von Ketten, Puppen und Fackeln. Aber würden sich alte Dämonen melden, wenn sie alleine war? Plötzlich kam ihr die eine Woche wie eine sehr lange Zeit vor. Und die Aussicht entscheiden zu müssen, ob sie mit ihrem Nachbarn ausgehen wollte oder nicht, war auf ihre eigene Weise beängstigend.
Das schaffe ich schon, dachte Riley.
Außerdem hatte sie auch noch eine andere Möglichkeit. Und es war Zeit eine Entscheidung zu treffen.
“Ich wurde gebeten an einem Fall zu arbeiten”, erzählte Riley April. “Dafür müsste ich sofort nach Arizona fliegen.”
April hörte auf ihre Kleidung zusammenzufalten und sah Riley an.
“Also wirst du gehen?” fragte sie.
“Ich weiß es nicht, April”, sagte Riley.
“Was gibt es da zu wissen? Das ist dein Job, oder nicht?”
Riley sah in die Augen ihrer Tochter. Die harten Zeiten zwischen ihnen schienen tatsächlich vorbei zu sein. Seit sie beide die Folter von Peterson überstanden hatten, gab es zwischen ihnen eine ganz neue Verbindung.
“Ich habe darüber nachgedacht, mich aus dem Außendienst zurückzuziehen”, sagte Riley.
Aprils Augen weiteten sich vor Überraschung.
“Was? Mom, böse Menschen schnappen ist das, was du am besten kannst.”
“Ich bin auch gut im Unterrichten”, sagte Riley. “Ich bin sehr gut darin. Und ich liebe es. Das tue ich wirklich.”
April sah sie verständnislos an. “Okay, dann geh und unterrichte. Niemand hält dich auf. Aber hör nicht auf den Bösen in den Hintern zu treten. Das ist genauso wichtig.”
Riley schüttelte den Kopf. “Ich weiß nicht, April. Nach allem, was ich dir zugemutet habe…”
April sah aus, als könnte sie nicht glauben, was sie da hörte. “Nach allem, was du mir zugemutet hast? Wovon redest du? Du hast mir gar nichts zugemutet. Ich wurde von einem Psychopathen namens Peterson entführt. Wenn er mich nicht geschnappt hätte, dann jemand anderen. Hör auf, dir dafür die Schuld zu geben.”
Nach einer kurzen Pause, sagte April, “Setz' dich, Mom. Wir müssen reden.”
Riley lächelte und setzte sich auf das Bett. April klang jetzt selber wie eine Mutter.
Vielleicht ist eine kleine elterliche Moralpredigt jetzt genau das, was ich brauche, dachte Riley.
April setzte sich neben Riley.
“Habe ich dir je von meiner Freundin Angie Fletcher erzählt?” fragte April.
“Ich glaube nicht.”
“Wir haben uns eine Weile sehr gut verstanden, aber dann hat sie die Schule gewechselt. Sie war wirklich klug und nur ein Jahr älter als ich, fünfzehn. Ich habe gehört, dass sie angefangen hat Drogen von einem Typen zu kaufen, den alle Trip nennen. Sie ist schwer heroinabhängig geworden. Und als sie kein Geld mehr hatte, hat Trip sie auf die Straße geschickt. Er hat sie persönlich trainiert, sie dazu gebracht bei ihm einzuziehen. Ihre Mutter ist so durch den Wind, dass sie kaum gemerkt hat, dass Angie weg war. Trip hat sie sogar auf seiner Webseite angeboten, hat sie gezwungen sich eine Tätowierung machen zu lassen, dass sie für immer ihm gehört.”
Riley war entsetzt. “Was ist mit ihr passiert?”
“Na ja, Trip wurde schließlich verhaftet und Angie ist in einer Entzugsklinik gelandet. Das war diesen Sommer, während wir in New York waren. Ich weiß nicht, was danach mit ihr passiert ist. Alles was ich weiß ist, dass sie jetzt sechzehn ist und ihr Leben ruiniert.”
“Es tut mir so leid das zu hören”, sagte Riley.
April stöhnte ungeduldig auf.
“Du verstehst es wirklich nicht, oder Mom? Dir muss gar nichts leidtun. Du hast dein ganzes Leben damit verbracht diese Art von Dingen zu verhindern. Und du hast alle möglichen Leute wie Trip ausgeschaltet – manche für immer. Aber wenn du aufhörst das zu tun, was du am besten kannst, wer soll dann für dich weitermachen? Jemand, der so gut ist, wie du? Das bezweifle ich, Mom. Das bezweifle ich wirklich.”
Riley schwieg für einen Moment. Dann drückte sie April mit einem Lächeln die Hand.
“Ich denke, ich muss