Hendrik Conscience

Baas Gansendonck


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genau und treu als vertrete er die Stelle eines Hundes.

      Alles ging gut, bis an die Schmiede. Dort standen einige junge Leute und schwatzten zusammen. Sobald sie den Baas kommen sahen, begannen sie so laut zu lachen, daß es über die ganze Straße schallte.

      Sus, der Sohn des Schmiedes, der als ein spöttischer Schalk bekannt war, ging mit dem Kopfe hintenüber und mit kunstmäßigen Schritten vor der Schmiede auf und ab, und äffte Baas Gansendonck so treffend nach, daß dieser fast vor Aerger barst. Im Vorübergehn betrachtete er den jungen Schmied mit einem wüthenden Blicke und riß seine Augen beinahe bis zur Größe eines Scheunenthores auf. Aber der Schmied sah ihn mit einem spöttischen Lachen an, so daß Baas Gansendonck wüthend vor Zorn, zuletzt murrend fortging und einen Seitenweg einschlug.

      »Prahlhans! Prahlhans!« rief man ihm nach.

      »Nun, Kobe, was sagst Du zu dem Bauernpack?« – fragte er, als sich ein Zorn etwas gelegt hatte – »die sollen mich zu verhöhnen wagen! Mich zum Besten haben, einen Mann wie ich bin!«

      »Ja, Baas! stechen doch die Fliegen ein Pferd, und das ist ein so großes Thier!«

      »Aber ich werde sie schon zu finden wissen, die Lumpen! Laß sie nur aufpassen! Sie sollen es mir heuer bezahlen! Berge kommen nicht zu einander aber Menschen wohl!«

      »Gewiß, Baas! Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.«

      »Ich würde ein rechter Thor sein, wenn ich meine Pferde von dem ungezogenen Schlingel beschlagen ließe, oder meine sonstige Arbeit bei ihm machen!«

      »Ja, Baas! zu gut ist halb dumm!«

      »Und von meinen Leuten soll Keiner wieder je einen Fuß in eine Schmiede setzen!«

      »Nein, Baas!«

      »Dann wird der Spötter schon betrübt aussehn und an den Nägeln kauen!«

      »Ohne Zweifel, Baas!«

      »Ich glaube, Kobe, daß der schuftige Schmied von Jemanden bezahlt wird, um mich zu verfolgen und zu ärgern. Der Feldwächter meint, er sei es auch gewesen, der der vergangenen Mainacht Etwas auf mein Aushängeschild geschrieben hat.«

      »Zum silbernen Esel, Baas!«

      »Es ist nicht nöthig, die abscheuliche Unverschämtheit zu wiederholen.«

      »Nein, Baas!«

      »Du mußt ihn einmal tüchtig durch dreschen, unter vier Augen, wenn es Niemand sieht! Und dann bestelle ihm mein Compliment!«

      »Ja, Baas!«

      »Willst Du es thun?«

      »Das Compliment? – Ja, Baas!«

      »Nein, ihn durchdreschen!«

      »Wenn Ihr mich ohne Arme und Beine wollt nach Hause kommen sehen! Ich bin nicht sehr stark, Baas, und der Schmied ist keine Katze, die man ohne Handschuhe anpacken kann!«

      »Fürchtest Du Dich vor dem feigen Prahler? Ich würde mich schämen!«

      »Es ficht sich schlecht mit Jemanden, der seines Lebens müde ist! Besser ein blöder Hans, als ein todter Hans, sagt das Sprichwort, Baas!«

      »Kobe, Kobe, ich glaube, an Muth stirbst Du nicht!«

      »Das hoffe ich, Baas!«

      Während sie so plauderten, verging allmälig Baas Gansendonck‘s Zorn. Neben vielen Fehlern hatte er doch eine gute Eigenschaft: obwohl er leicht aufbrauste, vergaß er das ebenso schnell das Böse wieder, das man ihm gethan.

      Er war jetzt an ein Gehölz gekommen und ging hinter demselben zwischen seinen eignen Feldern durch, wo er allerlei Ursachen fand, einem übertriebenen Gefühl von Eigenthum Luft zu machen und auf Gott und alle Welt zu schelten und zu zanken. Hier war eine Kuh zu weit gegangen und von dem Fußsteig auf ein Land gekommen; dort hatte eine Ziege etwas Laub von seinen Pflanzungen abgefressen und weiterhin glaubte er sogar die Fußstapfen von Jägern und die Tritte ihrer Hunde zu entdecken.

      Dies Letztere reizte ihn so zur Wuth, daß er mit dem Füßen stampft. Er hatte an allen Ecken seiner Felder hohe Pfähle aufstellen lassen, mit der Inschrift: Verbotene Jagd; und trotzdem war Jemand so keck gewesen, sein Eigenthumsrecht mit Füßen zu treten.

      Ein Schwall von Scheltworten entströmte ihm nun, und er schlug vor Zorn mit der Faust an einen Buchenstamm.

      Kobe stand hinter dem Baas und dachte an das Mittagsessen. Er wußte, daß es einen Hafen geben würde, bildete sich ein, man würde die Sauce nicht gut zubereiten, und stampfte deshalb auch mit dem Fuße. Mittlerweile antwortete er nichts Anderes als: Ja, Baas! und Nein, Baas! ohne auf das, was ein Herr sagte, Acht zu geben.

      Plötzlich hörte Peer Gansendonck eine Stimme, welche spottend rief:

      »Prahlhans! Prahlhans!«

      Wüthend blickte er sich um; doch bemerkte er Niemanden als einen Knecht, der die Augen auf den Boden geheftet hatte und die Lippen bewegte, als sei er mit Essen beschäftigt.

      »Was, Schelm! Bist Du es gewesen!« – rief Baas Gansendonck zornig.

      »Ich bin es noch, Baas!« antwortete Kobe . . . « »Aber, Herr Gott! Was überkommt Euch, Baas!«

      »Ich frage, Lump, ob Du es gewesen bist, der da gesprochen hat?«

      »Habt Ihr es denn nicht gehört, Baas?«

      Der geärgerte Gansendonck riß ihm die Gaffel aus der Hand und wollte ihn damit schlagen; aber als der erschreckte Knecht bemerkte, daß es Ernst war, sprang er zurück und rief mit emporgehobenen Armen.

      »Ach, Gott! ach, Gott! Nun ist unser Baas ganz verrückt geworden!«

      »Prahlhans! Prahlhans!« – rief wieder Jemand hinter Peer Gansendoncks Rücken.

      Jetzt ward er erst gewahr, daß in den Zweigen der Buche eine Elster saß, und daß dieser Vogel das Scheltwort wiederholte.

      »Kobe, Kobe!« – rief er – »Laufe und hole mein Jagdgewehr! Es ist die Elster des Schmiedes! Das verfluchte Vieh muß sterben!«

      Aber die Elster verließ den Baum und flog nach Hause.

      Der Knecht brach in ein so volles Gelächter aus, daß er auf das Gras sank und sich dort eine Zeitlang hin und her rollte.

      »Hör' auf!« – schrie der Baas – »hör auf, oder ich jage Dich fort! Höre auf zu lachen, sage ich Dir!«

      »Ich kann nicht, Baas!«

      »Stehe auf!«

      »Ja, Baas!«

      »Unter einer Bedingung will ich Deine Ungezogenheit verzeihen: Du mußt der Elster des Schmiedes das Garaus machen!«

      »Womit, Baas?«

      »Mit Gift!«

      »Ja, Baas, wenn sie es nur frißt!«

      »So schieße die todt!«

      »Ja, Baas!«

      »Komme, laß uns gehen! Aber was sehe ich dort in meinem Tannenwäldchen? Da sei man einmal Eigenthümer, wenn Einen Jeder plündern darf.«

      Nach diesen Worten lief er, von dem Knechte begleitet scheltend hin.

      Er hatte von Weitem gesehen, daß eine arme Frau und zwei Kinder damit beschäftigt waren, die dürren Aeste aus den Tannen zu brechen und zu einem großen Reisigbündel zusammenzubinden.

      Obwohl ein uralter Gebrauch den Armen gestattet, dürres Holz in den Tannenwäldern zu sammeln, so konnte Baas Gansendonck das doch nicht leiden. Das dürre Holz war ja eben sowohl sein Eigenthum wie das grüne, und sein Eigenthum durfte Niemand anrühren. Obendrein war es nur eine Frau, und er hatte daher weder Widerstand noch Spott zu fürchten. Dies flößte ihm Muth ein und gab ihm Gelegenheit, seinem ganzen Zorne Luft zu machen.

      Er packte die arme Frau bei der Schulter und rief:

      »Unverschämte Holzdiebe! Vorwärts! Mit nach dem Dorfe! In die Hände der Gensdarmen! ins Loch, Ihr Spitzbuben!«

      Die zitternde Frau ließ das aufgeraffte Holz fallen und ward so bestürzt von der schrecklichen