beschämen konnte, war mit braunen Flecken gesprenkelt, wie das Fell eines Panthers. Sorglos schaute der Thebaner auf seinen neuen Feind, aber der Athlet wich verblüfft einige Schritte zurück. Jetzt kam Sporus herzu, goß aus einer Flasche wohlriechendes Öl über die Schultern seines Herrn und rieb mittelst eines Purpurlappens den ganzen Körper damit ein.
Der Thebaner sollte zuerst kämpfen; voll Ungeduld, daß diese Vorbereitungen so lange dauerten, ging er Lucius einen Schritt entgegen, aber dieser streckte mit einer befehlenden Gebärde die Hand nach ihm aus, zum Zeichen, daß er noch nicht bereit sei, und im selben Moment ließ sich die Stimme des Prokonsuls vernehmen: Warte! Der junge Römer war jetzt gesalbt, es blieb ihm nur noch übrig, sich im Staube des Zirkus zu wälzen, wie es die Gewohnheit war. Statt dessen ließ er sich auf ein Knie nieder, und Sporus schüttete einen Sack Sand auf seine Schultern, der an den Ufern des Flusses Chrysorrhoas gesammelt und mit Goldstaub untermengt war. Nachdem diese letzte Vorbereitung vollendet war, erhob sich Lucius und öffnete die Arme zum Zeichen seiner Kampfbereitschaft.
Der Thebaner näherte sich voll Vertrauen, Lucius ließ ihn ruhig an sich herankommen; aber in dem Augenblick, wo die rauhen Hände des Gegners seine Schultern faßten, ging ein furchtbares Blitzen durch seine Augen, und er stieß einen Schrei aus, der an das Gebrüll eines Raubtieres erinnerte. Zugleich ließ er sich auf ein Knie nieder, umschlang mit seinen starken Armen die Flanken des Hirten unterhalb der Rippen und oberhalb der Hüften, dann verschränkte er seine Hände über dem Rücken des Gegners, preßte dessen Leib gegen seine Brust und erhob sich plötzlich, den Koloß in seinen Armen frei emporhaltend. Diese Bewegung war so rasch und geschickt ausgeführt worden, daß der Thebaner weder Zeit noch Kraft zum Widerstand fand und unversehens über dem Kopf seines Gegners schwebte, wo er mit den Händen in die Luft griff, aber nichts mehr erreichen konnte. Jetzt sahen die Griechen den Kampf des Herkules mit dem Antäus sich erneuern. Der Thebaner stützte seine Arme auf Lucius' Schultern, und indem er sie zur äußersten Straffheit anspannte, suchte er die Kette zu durchbrechen, die ihn erstickte. Aber alle seine Bemühungen waren umsonst. Vergebens umwand er die Lenden seines Gegners mit seinen Beinen, wie mit zwei Schlangen; der neue Laokoon blieb Sieger. Je mehr sich der Thebaner anstrengte, um so mehr schien Lucius die Schlinge zusammenzuziehen, mit der er ihn gefesselt hielt. Unbeweglich stand er auf dem selben Platz, ohne jede sichtbare Regung, die Brust des Feindes gegen seinen Kopf pressend, als wolle er auf den verlöschenden Atem horchen, umspannte er ihn immer fester, und seine Kraft schien in beständigem Wachsen einen übernatürlichen Grad zu erreichen. So verharrte er einige Minuten, während deren man bei dem Thebaner nacheinander die Zeichen des Todeskampfes eintreten sah. Zuerst floß der Todesschweiß von seiner Stirn auf den Körper herab und wusch den Staub ab, der ihn bedeckte, dann wurde sein Gesicht purpurrot, die Brust röchelte, seine Beine lösten sich vom Körper des Gegners, die Arme und der Kopf sanken nach rückwärts herab, und ein starker Blutstrom quoll aus Mund und Nase. Endlich öffnete Lucius seine Arme, und der Thebaner fiel ohnmächtig wie eine leblose Masse zu seinen Füßen.
Kein Jubelruf und kein Beifallsturm begleitete diesen Sieg. Die Menge war bedrückt und blieb still und stumm. Nicht, daß etwas daran auszusetzen gewesen wäre; nein, alles war nach den Regeln des Kampfes vor sich gegangen, kein Schlag war geführt worden, Lucius hatte seinen Gegner offen und ehrlich besiegt. Wenn sich auch der Beifall nicht laut äußerte, so war darum das Interesse der Zuschauer an diesem Schauspiel nicht geringer gewesen. Nachdem der Besiegte von den Sklaven hinausgetragen worden, wandten sich alle Blicke dem Athleten zu, der durch die Kraft und Geschicklichkeit, die er im vorhergehenden Kampfe bewiesen hatte, für Lucius ein gefährlicher Gegner zu werden versprach. Aber die allgemeine Erwartung wurde sonderbar getäuscht. In dem Augenblick, wo Lucius sich zum zweiten Kampfe bereitete, nahte der Athlet mit ehrfurchtsvoller Miene, ließ sich vor ihm auf ein Knie nieder und erhob die Hand zum Zeichen, daß er sich für besiegt erkläre. Lucius schien diese Handlungsweise und die ihm dargebrachte Huldigung ohne Überraschung hinzunehmen. Ohne dem Athleten die Hand zu reichen, ohne ihn aufstehen zu heißen, blickte er im Kreise umher, gleichsam die erstaunte Menge fragend, ob in ihren Reihen sich ein Mensch befinde, der es wagen könnte, ihm den Sieg streitig zu machen. Aber niemand rührte sich, niemand sprach ein Wort. Unter dem tiefsten Stillschweigen trat Lucius zur Estrade, vor den Prokonsul, der ihm den Kranz reichte. Erst in diesem Augenblicke wurden einzelne Beifallsrufe laut, aber es war leicht zu erkennen, daß sie nur von der Mannschaft des Schiffes ausgingen, das Lucius hergebracht hatte.
Doch war das Gefühl, welches die Menge beherrschte, dem jungen Römer keineswegs ungünstig. Diese übernatürliche Stärke, gepaart mit solcher Jugend, erinnerte an die Wunder der Heroenzeit. Die Namen Theseus, Pirithous schwebten auf allen Lippen, und obwohl niemand den Gedanken aussprach, war jedermann geneigt, an die Gegenwart eines Halbgottes zu glauben. Endlich trugen die allgemeine Huldigung und die voreilige Unterwerfung des Gladiators dazu bei, diesem Gedanken Gestalt zu verleihen. Als der Sieger, mit einem Arm sich auf Amykles stützend, während der andere auf Sporus' Schulter ruhte, den Zirkus verließ, da folgte ihm die neugierige Menge dicht gedrängt bis zum Hause seines Wirtes, aber sie blieb still und furchtsam, so daß man den Zug eher für ein Leichenbegängnis als für ein Triumphgepränge halten konnte. An dem Stadttor erwarteten die Frauen und Mädchen, die dem Wettkampf nicht hatten beiwohnen dürfen, den Sieger mit Lorbeerzweigen in den Händen.
Lucius suchte mit den Blicken Akte in den Reihen ihrer Genossinnen. Aber war es Furcht, war es Scham, was sie zurückhielt, Akte war nicht unter ihnen, er suchte vergebens. Da verdoppelte er seine Schritte in der Hoffnung, daß die junge Korintherin ihn an der Schwelle des Tores erwarten würde, das sie ihm am Tage vorher eröffnet hatte. Rasch ging er über den Platz, den er an ihrer Seite überschritten, und durch die Straße, die sie ihn geleitet, aber kein Kranz und keine Blumengewinde schmückten die gastliche Pforte. Ungestüm sprang Lucius über die Schwelle und stürzte in die Vorhalle, nachdem er den Greis längst hinter sich gelassen. Die Halle war leer, aber durch eine Tür, die zum Erdgeschoß führte, sah er das junge Mädchen vor einer Statue der Diana auf den Knieen liegen, so bleich und unbeweglich wie das Marmorbild, das sie umschlang. Leise trat Lucius hinter sie und setzte ihr die Siegeskrone aufs Haupt, die er soeben errungen hatte. Akte stieß einen Schrei aus und wandte sich um. Da sagten ihr die stolzen, leuchtenden Augen des Römers mehr als der Kranz, der zu seinen Füßen rollte, daß er die erste der drei Siegespalmen davongetragen habe, um die zu ringen er nach Griechenland gekommen war.
IV
Des anderen Tages prangte Korinth vom frühen Morgen an in festlichem Schmuck. Den Wagenrennen, die nun stattfinden sollten, wurde die höchste Bedeutung beigelegt, wenn sie auch nicht die ältesten Spiele waren. Sie allein wurden in Gegenwart der Götterbilder gefeiert, die in der vorhergehenden Nacht im Tempel des Jupiter vereinigt waren, der im östlichen Teil der Stadt bei dem Tor von Lesche lag. Sie mußten daher in feierlichem Umzug durch die ganze Stadt getragen werden, da der Zirkus auf der entgegengesetzten Seite angesichts des Hafens von Krissa stand.
Um zehn Uhr morgens, das ist nach römischer Zeitrechnung um die vierte Tagesstunde, setzte sich der Zug in Bewegung, den der Prokonsul Lentulus eröffnete. Im Gewande des Triumphators stand er auf seinem Wagen; ihm folgten die Söhne der Vornehmen, junge Leute von vierzehn bis fünfzehn Jahren auf prächtigen Pferden mit scharlachroten, goldverzierten Decken. Nach diesen kamen die Preisbewerber, an ihrer Spitze Lucius, der Sieger des vorangegangenen Tages. In einer grünen Tunika lenkte er von seinem Wagen aus Gold und Elfenbein mit purpurnen Zügeln ein prachtvolles weißes Viergespann. Auf seinem Haupte suchte man umsonst den Siegerkranz; statt dessen glänzte dort ein leuchtender Reif gleich dem, mit welchem die Künstler die Stirn des Sonnengottes umkränzen. Um die Ähnlichkeit mit diesem Gott zu vervollständigen, war auch sein Bart mit Goldstaub bestreut. Hinter ihm kam ein junger Grieche aus Thessalien in gelber Tunika, stolz und schön wie Achilles; er führte einen Wagen aus Bronze mit vier schwarzen Pferden bespannt. Die beiden letzten waren ein Athener, der sich rühmte, von Alkibiades abzustammen, und ein Syrer mit sonngebräunter Haut. Der erste trug eine blaue Tunika und ließ die langen, dunklen, wohlriechenden Haare lose flattern; der andere war mit einem weißen Gewande bekleidet, das um die Mitte ein persischer Gürtel zusammenhielt, und wie bei den Söhnen Ismaels war sein Haupt mit einem Turban umwunden, der wie der Schnee des Sinai glänzte.
Dann