Александр Дюма

Der Graf von Bragelonne


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sie kennt Euch! sie kennt Euch ganz und gar!«

      Dieses naive Wort machte Montalais lachen und Raoul vor Glück seufzen, denn er deutete es: sie kennt unsere ganze Liebe.

      »Die Höflichkeiten sind abgemacht, Herr Vicomte,« sagte Montalais; »hier ist ein Stuhl, setzt Euch und sagt uns geschwinde die Neuigkeit, die Ihr so in aller Eile überbringt.«

      »Mein Fräulein, das ist kein Geheimniß mehr. Der König hält auf seiner Reise nach Poitiers in Blois an, um Seine königliche Hoheit zu besuchen.«

      »Der König! hier!« rief Montalais, ihre Hände an einander schlagend; »wir sollen den Hof sehen! Faßt Ihr das, Louise? Den wahren Hof von Paris? Oh! mein Gott! aber wann dies, mein Herr?«

      »Vielleicht diesen Abend, mein Fräulein; sicherlich morgen.«

      Montalais machte eine Geberde des Aergers,

      »Da hat man nicht einmal Zeit, sich vorzubereiten, ein Kleid zurechtzurichten! Wir sind hier zurück wie die Polinnen! wir werden Portraits aus der Zeit von Heinrich IV. gleichen! . . . Ah! mein Herr, was für eine abscheuliche Neuigkeit bringt Ihr uns da!«

      »Meine Fräulein, Ihr werdet immer schön sein.«

      »Das ist abgeschmackt! . . . Wir werden immer schön sein, ja, weil die Natur uns leidlich gemacht hat, aber wir werden lächerlich sein, weil uns die Mode vergessen hat . . . Ach! lächerlich! man wird mich lächerlich sehen, mich!«

      »Wer dies?« fragte Louise naiv.

      »Wer dies? Ihr seid seltsam, meine Liebe! . . . Ist dies eine Frage, die man an mich richten kann? Man will sagen alle Welt; man will sagen die Höflinge, die vornehmen Herren; man will sagen der König.«

      »Verzeiht, meine Freundin, aber da Jedermann hier gewohnt ist, uns so zu sehen, wie wir sind . . . «

      »Einverstanden, doch das ändert sich, und wir werden sogar für Blois lächerlich sein; denn neben uns wird man die Moden von Paris sehen und begreifen, daß wir nach der Mode von Blois gekleidet sind! . . . Das ist zum Verzweifeln!«

      »Tröstet Euch, mein Fräulein.«

      »Ah! basta! im Ganzen ist das nur schlimm für diejenigen, welche mich nicht nach ihrem Geschmack finden werden!« sagte Montalais philosophisch.

      »Diese wären sehr schwierig,« versetzte Raoul, getreu seinem System regelmäßiger Galanterie.

      »Ich danke, Herr Vicomte. Wir sagten also, der König komme nach Blois?«

      »Mit dem ganzen Hof.«

      »Die Fräulein Mancini werden dabei sein?«

      »Nein, gerade sie nicht.«

      »Doch da der König, wie man hört, nicht ohne Fräulein Marie sein kann?«

      »Mein Fräulein, er wird wohl ohne sie sein müssen. Der Herr Cardinal will es; er verbannt seine Nichten nach Brouage.«

      »Er! der Heuchler!«

      »Stille!« sagte Louise, indem sie ihren Finger auf ihre rosigen Lippen drückte.

      »Bah! Niemand kann mich hören. Ich sage, der alte Mazarino Mazarini ist ein Heuchler und brennt vor Begierde, seine Nichte zur Königin von Frankreich zu machen.«

      »Nein, mein Fräulein, der Herr Cardinal läßt im Gegentheil Seine Majestät die Infantin Maria Theresia heirathen.«

      Montalais schaute Raoul ins Gesicht und rief:

      »Ihr glaubt an diese Mährchen, Ihr Pariser? Ah! wir in Blois sind stärker als Ihr.«

      »Mein Fräulein, da der König Poitiers hinter sich läßt und nach Spanien reist, da die Artikel des Heirathsvertrages zwischen Don Luis de Haro und Seiner Eminenz festgestellt sind, so seht Ihr wohl ein, daß es sich nicht mehr um Kinderspiele handelt.«

      »Ah! ich denke, der König ist der König.«

      »Allerdings, mein Fräulein, doch der Cardinal ist der Cardinal.«

      »Er ist also kein Mensch, der König? Er liebt also Marie Mancini nicht?«

      »Er betet sie an.«

      »Nun wohl, so wird er sie heirathen; wir bekommen Krieg mit Spanien; Herr von Mazarin gibt einige von den Millionen aus, die er bei Seite gelegt hat, unsere Edelleute verrichten Heldenthaten, wenn sie mit den stolzen Castilianern zusammentreffen, und viele von ihnen kehren mit Lorbeeren bekränzt zu uns zurück, und wir bekränzen sie dann mit Myrthen. So verstehe ich die Politik.«

      »Montalais, Ihr seid toll,« sagte Louise, »jede Uebertreibung zieht Euch an, wie das Feuer die Schmetterlinge anzieht.«

      »Louise, Ihr seid so vernünftig, daß Ihr nie lieben werdet.«

      »Oh!« machte Louise mit einem zärtlichen Vorwurf, »begreift doch, Montalais! Die Königin Mutter wünscht ihren Sohn mit der Infantin zu verheirathen; soll der König seiner Mutter ungehorsam sein? Ist es die Sache eines königlichen Herzens wie das seine, ein schlimmes Beispiel zu geben? Wenn die Eltern die Liebe verbieten, verjagen wir die Liebe!«

      Und Louise seufzte.

      Raoul schlug mit einer gezwungenen Miene die Augen nieder; Montalais brach in ein Gelächter aus,

      »Ich habe keine Eltern,« sagte sie.

      »Ihr habt ohne Zweifel Nachrichten von der Gesundheit des Herrn Grafen de la Fère?« sagte Louise mit einem Seufzer, der in seinem beredten Ausdruck viel Schmerz enthüllte.

      »Nein, mein Fräulein,« erwiederte Raoul, »ich habe meinem Vater noch keinen Besuch gemacht, doch ich war im Begriff, mich nach seinem Hause zu begeben, als Fräulein von Montalais die Güte hatte, mich zurückzuhalten; ich hoffe, der Herr Graf befindet sich wohl. Nicht wahr, Ihr habt nichts Unangenehmes sagen hören?«

      »Nichts, Herr Raoul, nichts, Gott sei Dank!«

      Hier trat ein Stillschweigen ein, während dessen sich zwei Seelen, welche denselben Gedanken verfolgten, vollkommen verstanden, selbst ohne den Beistand eines einzigen Blickes.

      »Ah! mein Gott!« rief plötzlich Montalais, »man kommt herauf.«

      »Wer kann das sein?« sagte Louise, unruhig aufstehend.

      »Meine Fräulein, ich belästige Euch vielleicht, ich bin ohne Zweifel unbescheiden gewesen,« stammelte Raoul, der sich sehr unbehaglich fühlte.

      »Es ist ein schwerer Tritt,« sagte Louise.

      »Ah! wenn es nicht Herr Malicorne ist, so wollen wir uns nicht dadurch stören lassen,« versetzte Montalais.

      Louise und Raoul schauten sich an, um sich zu fragen, wer dieser Herr Malicorne wäre.

      »Seid unbesorgt,« fuhr Montalais fort, »er ist nicht eifersüchtig.«

      »Aber, mein Fräulein,« sagte Raoul.

      »Ich verstehe . . . Nun, er ist so verschwiegen, als ich bin.«

      »Mein Gott!« rief Louise, welche ihr Ohr an die Thüre gehalten hatte, »ich erkenne den Gang meiner Mutter.«

      »Frau von Saint-Remy! wo mich verbergen?« sagte Raoul, indem er bittend Montalais anschaute, welche ein wenig den Kopf verloren zu haben schien.

      »Ja,« sagte diese, »ich erkenne auch die klappernden Stelzschuhe. Es ist unsere vortreffliche Mutter! Herr Vicomte, es ist sehr Schade, daß das Fenster auf ein Pflaster geht und fünfzig Fuß über der Erde liegt.«

      Raoul schaute mit verwirrtem Wesen nach dem Bakum, Louise faßte ihn am Arm und hielt ihn zurück.

      »Ah! bin ich denn toll!« sagte Montalais, »habe ich denn nicht den Schrank für die Ceremonienkleider! er sieht wahrhaftig aus, als wäre er dazu gemacht.«

      Es war die höchste Zeit, Frau von Saint-Remy stieg rascher als gewöhnlich herauf; sie kam auf den Ruheplatz in dem Augenblick, wo Montalais wie in den Ueberraschungsscenen den Schrank schloß, indem sie ihren Leib an die Thüre drückte.

      »Ah!«