sie London seiner ganze Länge nach,, um mit ihrem Bischof, ihren Almosenieren, ihren Frauen, an dem Fuße des Galgens von Tyburn niederzuknien, wo zwanzig Jahre zuvor, nach der Pulververschwörung, der Pater Garnet und dessen Jesuiten gehängt worden waren; und vor den Augen des empörten London verrichtete sie hier ihre Gebete für die Seelenruhe dieser erhabenen Mörder, welche mit Hilfe von sechsunddreißig Fässern Pulver mit einem einzigen Schlage den König, die Minister und das Parlament in die Luft sprengen wollten.
Der König konnte nicht an diese Beleidigung glauben, die der öffentlichen Moral und der Staatsreligion zugefügt morden war; er geriet in einen jener heftigen Zornanfälle, die Alles vergessen lassen oder die vielmehr an Alles erinnern, Er schrieb:
»Man jage wie wilde Tiere diese Priester fort und diese Weiber, die am Galgen für die Mörder beten.«
Die Königin schrie und weinte, ihre Bischöfe und ihre Almoseniere excommunicirten und verfluchten, die Frauen klagten wie die Töchter Sions, die man in die Sclaverei schleppte, wahrend sie im Grunde ihres Herzens vor Verlangen starben, nach Frankreich zurückzukehren.
Die Königin eilte an das Fenster, um ihnen ein Lebewohl zuzuwinken. Carl I., der in diesem Augenblicke in ihr Zimmer trat, bat sie, nicht dies Ärgernis zu geben, und die Königin schrie nur noch lauter. Der König fasste sie um den Leib, um sie von dem Fenster zu entfernen; sie klammerte sich an die Gitterstab; Carl riß sie mit Gewalt davon los; die Königin wurde ohnmächtig, indem sie ihre blutenden Hände zum Himmel erhob, um die Rache Gottes auf ihren Gemahl herabzuflehen. Gott antwortete darauf an dem Tage, an welchem Carl durch ein anderes Fenster, das von White-Hall, auf das Schafott schritt.
Aus diesem Zwiste zwischen Mann und Frau entstand unsere Veruneinigung mit England; Carl I. wurde von allen Königinnen der Christenheit wie ein britischer Blaubart in den Bann getan, und Urban VIII. sagte auf die zweifelhafte Angabe einer schmerzlichen Hautverletzung hin zu dem spanischen Gesandten:
»Ihr Gebieter ist verpflichtet, für eine trauernde Fürstin das Schwert zu ziehen, oder er ist weder Katholik noch Ritter.«
Die junge Königin von Spanien, die Schwester Henriettens, schrieb ihrerseits an den Kardinal Richelieu, um dessen Galanterie zur Hilfe einer unterdrückten Königin anzurufen; die Infantin von Brüssel und die Königin-Mutter schrieben an den König und Bérulle wirkte auf das Alles ein; man hatte keine Mühe, Ludwig XIII,, der schwach war, wie alle kleinen Geister, zu überreden, dass die Vertreibung dieser Franzosen eine Beschimpfung seiner Krone sei: Richelieu allein blieb fest. Daher der Beistand, welchen England La Rochelle leistete, die Ermordung Buckingham's, die Herzenstrauer Annas von Österreich und jenes allgemeine Bündnis der Königinnen und der Prinzessinnen gegen Richelieu.
Kehren wir jetzt nach Italien zurück, wo wir die Erklärung aller der Briefe, welche wir den Grafen von Moret der Königin-Mutter und Gaston von Orleans überbringen sahen, finden werden, und eben so auch die Erklärung der politischen Lage von Montferrat und von Piemont und zwar durch die Auseinandersetzung der einander widersprechenden Interessen des Herzogs von Mantua und des Herzogs von Savoyen.
Der Herzog von Savoyen, Carl Emanuel, um so ehrgeiziger, je kleiner sein Gebiet war, hatte dieses gewalttätig durch das Marquisat Saluzzo vergrößert. Er ging nach Frankreich, um die Rechtmäßigkeit seiner Eroberung zu verteidigen; da er aber in dieser Beziehung nichts von Heinrich IV. erlangen konnte, nahm er Teil an der Verschwörung Biron's, welche nicht nur ein Hochverrat an dem Könige war, sondern auch ein Hochverrat an dem Vaterlande, da es sich darum handelte, Frankreich zu zerstückeln.
Alle Provinzen des Südens sollten Philipp III. gehören.
Biron erhielt Burgund, die Franche-Comté und eine spanische Infantin zur Gemahlin.
Der Herzog von Savoyen empfing das Gebiet von Lyon, die Provence und die Dauphinée.
Die Verschwörung wurde entdeckt; Biron's Kopf fiel.
Heinrich IV. würde den Herzog von Savoyen in dessen Staaten in Ruhe gelassen haben, wäre dieser nicht durch Österreich zum Kriege getrieben worden. Es galt, Heinrich zu zwingen, wegen Geldmangel Maria von Medicis zu heiraten.
Heinrich entschloss sich dazu, empfing die Mitgift, schlug den Herzog von Savoyen auf's Haupt, zwang ihn zu Friedensunterhandlungen und ließ ihm zwar das Marquisat Saluzzo, nahm ihm aber ganz Bresse, Busay, Valromay, das Land Gex, die beiden Ufer der Rhone, von Genf bis Saint-Genix und endlich das Schloss Dauphin, welches auf dem Gipfel des Tales von Vraita liegt.
Außer Chateau-Dauphin hatte Carl Emanuel in Piemont nichts verloren; statt auf beiden Seiten der Alpen Besitzungen zu haben, bewahrte er nur noch die östliche Seite, aber er blieb Herr der Pässe, welche von Frankreich nach Italien führten.
Bei dieser Gelegenheit taufte der geistreiche Bearner den Herzog Carl Emanuel mit dem Titel: »Fürst der Murmeltiere,« weil diese ihm blieben.
Von da ab musste der »Fürst der Murmeltiere« sich als einen italienischen Fürsten betrachten.
Es handelte sich für ihn nur noch darum, sich in Italien zu vergrößern.
Er unternahm hier mehrere fruchtlose Versuche, als sich ihm eine Gelegenheit bot, die er nicht nur für günstig, sondern sogar für unfehlbar hielt.
Franz von Gonzaga, Herzog von Mantua und von Montferrat, starb und hinterließ aus seiner Ehe mit Margarethe von Savoyen, der Tochter Carl Emanuels, nur eine einzige Tochter,
Der Großvater verlangte die Vormundschaft über das Kind für die Witwe Montferrat's. Er rechnete darauf, die Erbin später mit seinem ältesten Sohne, Victor Amadeus, zu verheiraten und so Mantua und Montferrat mit Piemont zu vereinigen. Aber der Herzog Ferdinand von Gonzaga, der Bruder des verstorbenen Herzogs, eilte von Rom herbei, bemächtigte sich der Regentschaft und ließ seine Nichte in dem Schlosse Goito einsperren, um zu verhindern, dass sie in die Gewalt ihres mütterlichen Oheims fiele.
Der Kardinal Ferdinand starb auch und es entstand ein Augenblick der Hoffnung für Carl Emanuel; aber der dritte Bruder, Vincenz von Gonzaga, nahm die Erbschaft in Anspruch und bemächtigte sich derselben.
Carl Emanuel fasste Geduld; der neue Herzog war kränklich und konnte nicht lange leben. Er wurde in der Tat krank und Carl Emanuel hielt sich diesmal für gewiss, Montferrat und Mantua zu erlangen.
Aber er sah das Gewitter nicht, welches sich über seinem Haupt auf dieser Seite der Berge zusammenzog.
Es gab in Frankreich einen gewissen Ludwig von Gonzaga, Herzog von Nevers, das Haupt einer jüngeren Linie; er hatte einen Sohn gehabt, Carl von Nevers, der Oheim der drei letzten Herrscher von Montferrat war; dessen Sohn,, der Herzog von Rethellois, war folglich der Vetter Marias von Gonzaga, der Erbin von Mantua und Montferrat.
Das Interesse des Kardinal Richelieu— und dessen Interesse war immer gleichbedeutend mit dem Frankreichs – das Interesse des Kardinal Richelieu verlangte, dass sich unter den Mächten der Lombardei, die stets bereit waren, sich für Spanien oder Österreich zu erklären, jederzeit auch ein eifriger Anhänger der Lilien befände. Der Marquis von Saint-Chamont, der französische Gesandte bei Vincenz von Gonzaga, empfing seine Instruktionen und Vincenz von Gonzaga ernannte sterbend den Herzog von Nevers zu seinem Universalerben.
Der Herzog von Rethellois nahm im Namen seines Vaters die Erbschaft unter dem Titel eines Generalvicars in Besitz und die Prinzeß Maria wurde nach Frankreich geschickt, wo man sie unter die Aufsicht Katharinens von Gonzaga stellte, verwitwete Herzogin von Longueville, Gemahlin Heinrichs I. von Orleans und daher Tante Maria's, da sie die Tochter eben jenes Carl von Gonzaga war, der zum Herzog von Mantua berufen wurde.
Zu den Mitbewerbern Carls von Nevers gehörte Cäsar von Gonzaga, Herzog von Guastalla, dessen Großvater angeklagt worden war, den Dauphin, älteren Bruder Heinrichs II., vergiftet und den nichtswürdigen Peter Ludwig Farnese ermordet zu haben, Herzog von Parma und Sohn des Papstes Paul III.
Den andern Mitbewerber kennen wir; es war der Herzog