erschien, trat ein anderer Heinrich III., ganz dem ersten ähnlich, gekleidet, beschuht, frisiert, bekraust und gefältelt wie jener, durch die gegenüberliegende Türe ein, so dass die Höflinge, einen Augenblick zu dem ersten fortgezogen, stehen blieben, wie die Wellen an den Brückenpfeilern, und wirbelnd vom ersten König zum zweiten zurückströmten.
Heinrich III., bemerkte die Bewegung und da er, wo er hinschaute, nur erstaunte Gesichter mit offenem Munde, erschrockene Augen und auf einem Beine pirouettirende Körper sah, so rief er:
»He! meine Herren, was gibt es denn?«
Ein langes Gelächter antwortete ihm.
Von Natur nur sehr wenig geduldig und in diesem Augenblick in einer noch viel weniger geduldigen Stimmung, begann der König die Stirne zu falten, als sich ihm Saint-Luc näherte und zu ihm sprach:
»Sire, es ist Chicot, Euer Hofnarr, der sich ganz genau gekleidet hat wie Eure Majestät und den Damen seine Hand zum Kusse reicht.«
Heinrich III. lachte. Chicot genoss an dem Hofe des letzten Valois eine Freiheit der ähnlich, welche dreißig Jahre früher Triboulet an dem Hofe von König Franz I. genoss, und welche vierzig Jahre später Langely, an dem Hofe von König Ludwig XIII. eingeräumt war.
Chicot war kein gewöhnlicher Narr. Ehe er Chicot hieß hatte er von Chicot geheißen. Er war ein bretagnischer Edelmann, der, von Herrn von Mayenne misshandelt, sich zu Heinrich III. geflüchtet hatte und in zuweilen grausamen Wahrheiten den Schutz bezahlte, den ihm der Nachfolger von Karl IX. gewährte.
»Ei! Meister Chicot,« sagte Heinrich, »zwei Könige hier, das ist viel.«
»Dann lass mich meine Rolle als König nach meinem Belieben fort spielen, und spiele die Rolle des Herzogs von Anjou nach Deinem Gefallen; vielleicht wird man Dich für ihn halten und Dir Dinge, sagen, die Dich, nicht was er denkt, sondern was er thut, lehren werden.«
»In der Tat,« sprach der König, verdrießlich umherschauend, »mein Bruder Anjou ist nicht gekommen.«
»Ein Grund mehr für Dich, seine Stelle einzunehmen. Es ist abgemacht: ich bin Heinrich und Du bist Franz; ich will thronen, Du wirst tanzen; ich mache für Dich alle Possen der Krone, und Du belustigst Dich ein wenig während dieser Zeit. Armer König!«
Der Blick des Königs richtete sich auf Saint-Luc.
»Du hast Recht, Chicot, ich will tanzen.«
»Ich täuschte mich offenbar, als ich glaubte, der König wäre gegen uns aufgebracht,« dachte Brissac, »der König ist im Gegenteil von der heitersten Laune.«
Und er lief hin und her, und beglückwünschte Jeden, und besonders sich selbst, dass er seine Tochter einem Manne gegeben, der sich so großer Gunst bei dem König erfreute.
Saint-Luc hatte sich mittlerweile seiner Gattin genähert. Fräulein von Brissac war keine Schönheit, aber sie hatte reizende schwarze Augen, weiße Zähne und eine blendende Haut; Alles dies bildete bei ihr zusammen das, was man ein geistvolles Gesicht nennen kann.
»Mein Herr,« sprach sie zu ihrem Gemahl, stets mit einem und demselben Gedanken beschäftigt: »warum sagte man mir denn, der König sei böse gegen mich? Seitdem er eingetreten, lächelt er mir beständig zu.«
»Das war es nicht, was Ihr mir bei der Rückkehr vom Mahle mitteiltet, liebe Jeanne, denn sein Blick machte Euch damals bange.«
»Seine Majestät war ohne Zweifel missgestimmt,« sprach die junge Frau, »doch jetzt …«
»Jetzt ist es noch viel schlimmer,« erwiderte Saint-Luc. »der König lacht mit zusammengepressten Lippen. Es wäre mir lieber, wenn er mir die Zähne, zeigte. Jeanne, meine arme Freundin, der König bereitet uns Irgend eine hinterlistige Überraschung. Oh! schaut. mich nicht so zärtlich an, ich bitte Euch … wende: mir sogar den Rücken zu. Hier kommt gerade Maugiron; haltet ihn zurück, fesselt ihn, seid liebenswürdig gegen ihn.«
»Wißt Ihr, Herr,« entgegnete Jeanne lächelnd, »wisst Ihr, dass dies ein seltsamer Auftrag ist, und dass man, wenn ich ihn buchstäblich befolgen würde, glauben könnte …«
»Ah!« versetzte Saint-Luc mit einem Seufzer, »es wäre ein großes Glück, wenn man es glauben würde.«
Und seiner Frau, deren Erstaunen den höchsten Grad erreichte, den Rücken zuwendend, entfernte er sich, um Chicot den Hof zu machen, der seine Königsrolle mit einer höchst komischen Majestät spielte.
Den Urlaub benützend, den man seiner Größe gegeben hatte, tanzte Heinrich mittlerweile. Doch während er tanzte, verlor er Saint-Luc nicht aus dem Blicke.
Bald rief er ihn, um ihm irgend eine scherzhafte Bemerkung mitzuteilen, welche, witzig oder nicht, das Vorrecht hatte, Saint-Luc zu einem schallenden Gelächter zu veranlassen. Bald bot er ihm aus seiner Confect-Büchse gebrannte Mandeln oder überzuckerte Früchte, welche Saint-Luc köstlich fand. Verschwand endlich Saint-Luc einen Augenblick aus dem Saale, wo der König war, um in den andern Sälen die Honneurs zu machen, so ließ ihn der König durch einen von seinen Pagen und Offizieren holen, und Saint-Luc kehrte lächelnd zu seinem Herrn zurück, der nur zufrieden schien, wenn er ihn wiedersah.
Ein Geräusch, stark genug, um mitten in diesem Tumulte gehört zu werden, drang plötzlich an das Ohr von Heinrich.
»Eil ei!« sagte er, »es scheint mir, ich höre die Stimme von Chicot. Hörst Du, Saint-Luc, der König ärgert sich.«
»Ja, Sire,« sprach Saint-Luc, ohne dass es schien, als bemerkte er die Anspielung Seiner Majestät, »ich glaube er streitet sich mit irgend Jemand.«
»Sieh nach, was es ist, und komm sogleich zurück, um es mir zu melden.«
Saint-Luc entfernte sich.
Man hörte in der Tat Chicot, der näselnd, wie es der König bei gewissen Gelegenheiten tat, ausrief:
»Ich habe doch Prachtgesetze gemacht. Wenn aber die, welche ich gemacht habe, nicht genügen, so werde ich noch andere machen, ich werde so viel machen, bis es Genug ist; sind sie nicht gut, so sind sie doch wenigstens zahlreich. Bei dem Horne Beelzebubs, meines Vetters, sechs Pagen, Herr von Bussy, das ist zu viel.«
Und Chicot blies die Backen auf, bog die Hüften, stemmte die Faust in die Seite und spielte den König zum Täuschen.
»Was spricht er denn von Bussy?« fragte der König die Stirne faltend.
Zurückkehrend, wollte Saint-Luc eben antworten, als sich die Menge öffnete und sechs Pagen, in Goldstoff gekleidet, mit Colliers bedeckt und auf der Brust das Wappen ihres Herrn in allen möglichen Edelsteinen spielend, erschauen ließ. Hinter ihnen kam ein junger, schöner, stolzer Mann, der mit hoher Stirne, keckem Auge und verächtlich aufgeworfener Lippe einherschritt, während sein einfacher Anzug von schwarzem Sammet einen scharfen Kontrast mit den reichen Gewändern seiner Pagen bildete.
»Bussy,« sagte man, »Bussy d'Amboise.«
Und Alle liefen dem jungen Manne entgegen, der diesen Aufruhr verursachte, und traten auf die Seite, um ihn vorübergehen zu lassen.
Maugiron, Schomberg und Quélus hatten sich neben den König gestellt, als wollten sie ihn verteidigen.
»Sieh da!« sagte der Ersterer, auf die unerwartete Erscheinung von Bussy und die fortwährende Abwesenheit des Herzogs von Anjou anspielend, »sieh da! hier ist der Diener, und man erblickt den Herrn nicht.«
»Geduld,« entgegnete Quélus, »vor dem Diener kommen die Diener des Dieners. Der Herr des Dieners kommt vielleicht hinter dem Herrn der ersten Diener.«
»Sage mir doch, Saint-Luc,« sprach Schomberg, der jüngste von den Lieblingen von König Heinrich III. und dabei einer seiner Bravsten, »weißt Du, dass Herr von Bussy Dir wenig Ehre erweist? Schau doch dieses schwarze Wamms an; Gottes Tod! ist das ein Hochzeitkleid?«
»Nein,« versetzte Quélus, »aber es ist ein Beerdigungskleid.«
»Ah!« murmelte Heinrich, »warum ist es nicht das seinige und warum trägt er nicht zum Voraus seine eigene Trauer!«
»Bei alle dem, Saint-Luc, folgt Herr von Anjou Bussy nicht,« sagte Maugiron. »Solltest