»Erinnert Ihr Euch nicht, dass Herr von Bussy, als ihm Seine Majestät die Ehre erwies, ihn zu fragen, ob er in ihre Dienste treten wollte, antworten ließ, zu dem fürstlichen Hause Clermont gehörend, hätte er nicht nötig, in irgend einen Dienst zu treten, und er würde ganz einfach sich damit begnügen, sein eigener Herr zu sein, überzeugt, er wäre ein besserer Prinz, als sich irgend einer aus der Welt finden dürfte.«
Der König runzelte die Stirne und biss sich auf seinen Schnurrbart.
»Was Du auch sagen magst, Quélus,« versetzte Maugiron, »er gehört ganz und gar Herrn von Anjou wie mir scheint.«
»Dann ist Herr von Anjou ein größerer Herr als unser König,« entgegnete phlegmatisch Quélus.
Diese Bemerkung war die beißendste, welche man in Gegenwart von Heinrich machen konnte, der den Herzog von Anjou stets brüderlich gehasst hatte.
Man sah auch den König erbleichen, obgleich er nicht das kleinste Wort erwiderte.
»Ruhig, ruhig, meine Herren,« wagte Saint-Luc zitternd zu bemerken, »ein wenig Milde gegen meine Gäste; verderbt mir meinen Hochzeittag nicht.«
Diese Worte von Saint-Luc führten Heinrich wahrscheinlich zu einer anderen Ordnung von Gedanken zurück.
Ja,« sagte, er, »wir wollen den Hochzeittag von Saint-Luc nicht verderben, meine Herren.«
Während er so sprach, kräuselte er seinen Schnurrbart mit einer höhnischen Miene, die dem armen Neuvermählten nicht entging.
»Ah!« rief Schomberg, »Bussy steht also zu dieser Stunde mit den Brissac's in Verbindung?«
»Warum dies?« sagte Maugiron. »Da Saint-Luc ihn verteidigt. Den Teufel! in dieser armen Welt, wo man genug zu tun hat, um sich selbst zu verteidigen, verteidigt man, wie mir scheint, nur seine Verwandten, seine Verbündeten und seine Freunde.«
»Meine Herren,« sprach Saint-Luc, »Herr von Bussy ist weder mein Verbündeter, noch mein Freund, noch mein Verwandter; er ist mein Gast.«
Der König schleuderte Saint-Luc einen wütenden Blick zu.
»Und überdies,« fügte dieses, von dem Blicke des Königs niedergeschmettert, eilig bei, »überdies verteidige ich ihn gar nicht.«
Bussy kam ernsten Schrittes hinter seinen Pagen heran, und wollte eben den König begrüßen, als Chicot, verletzt dadurch, dass man einem Andern als ihm den Vorrang der Ehrfurcht gab, ihm zurief:
»Heda! he! Bussy, Bussy d'Amboise, Louis von Clemont, Graf von Bussy, da man Dir durchaus alle Deine Namen geben muss, damit Du erkennst, dass man mit dir spricht, siehst Du den wahren Heinrich nicht, unterscheidest Du den König nicht vom Narren? Derjenige, zu welchem Du gehst, ist mein Hofnarr, ist der Mensch, der so viel Tollheiten macht, dass ich mich darüber zuweilen halb tot lache.«
Bussy schritt ohne zu hören vorwärts und stand bald Heinrich gegenüber; doch als er sich vor dem König verbeugen wollte, sagte dieser zu ihm:
»Hört Ihr nicht, Herr von Bussy? man ruft Euch.«
Und mitten unter dem schallenden Gelächter seiner Günstlinge wandte er dem jungen Kapitän den Rücken zu. Bussy errötete vor Zorn; doch seine erste Bewegung unterdrückend, stellte er sich, als nähme er die Bemerkung des Königs im Ernste, als hätte er das Gelächter von Quélus, Schomberg und Maugiron gar nicht gehört, und sprach sich an Chicot wendend:
»Ah! verzeiht, Sire, es gibt Könige, welche dergestalt Narren gleichen, dass Ihr mir hoffentlich vergeben werdet, wenn ich Euren Hofnarren für einen König gehalten habe.«
»Hm!« murmelte Heinrich, sich umdrehend, »was sagt er?«
»Nichts, Sire,« erwiderte Saint-Luc, der für diesen ganzen Abend die Sendung des Friedenstifters vom Himmel erhalten zu haben schien, »nichts, durchaus nichts.«
»Gleichviel, Meister Bussy,« sprach Chicot sich auf die Fußspitzen erhebend, wie es der König tat, wenn er sich Majestät verleihen wollte, »es ist in der Tat unverzeihlich.«
»Sire,« versetzte Bussy,«verzeiht mir, ich war von einer Sorge in Anspruch genommen.«
»Über Eure Pagen, mein Herr?« entgegnete Chicot mit scheinbarem Ärger. »Ihr richtet Euch in Pagen zu Grunde und Gottes Tod! dadurch tretet Ihr unsere Prärogative mit Füßen.«
»Wie so?« versetzte Bussy, der nun begriff, dass die schlechte Rolle dem König zufiel, wenn er sich zu einem Wettstreite mit den Narren herbei ließ. »Ich bitte Eure Majestät, sich zu erklären, und wenn ich wirklich Unrecht gehabt habe, so werde ich es in aller Demut zugestehen.«
»Goldstoff für diese Lümmel,« erwiderte Chicot, mit dem Finger auf die Pagen deutend, »während Ihr, ein Edelmann, ein Oberster, ein Clermont, beinahe ein Prinz, in einfachen schwarzen Sammet gekleidet seid!«
»Sire,« versetzte Bussy, sich gegen die Mignons1 umwendend, »lebt man in einer Zeit, wo die Lümmel wie die Prinzen gekleidet sind, so zeugt es meiner Ansicht nach für die Prinzen von gutem Geschmack, wenn sie sich wie die Lümmel kleiden.«
Und er gab den von Schmuck funkelnden jungen Mignons das beleidigende Lächeln zurück, mit dem sie ihn einen Augenblick vorher in Gnaden beschenkt hatten.
Heinrich schaute seine Lieblinge an, welche, vor Wut erbleichend, nur ein Wort ihres Gebieters zu erwarten schienen, um sich auf Bussy zu werfen. Quélus, der am meisten gegen diesen Edelmann erbittert war, mit dem er sich ohne das ausdrückliche Verbot des Königs bereits geschlagen hätte, fuhr mit der Hand an das Stichblatt seines Degens.
»Sagt Ihr das über mich und die Meinigen?« rief Chicot, der, da er den Platz des Königs eingenommen, das antwortete, was der König hätte antworten sollen.
Und der Hofnarr nahm, diese Worte sprechend, eine so übertrieben prahlerische Stellung, dass die Hälfte des Saales in ein schallendes Gelächter ausbrach. Die andere Hälfte lachte nicht, und das war ganz einfach, denn die eine Hälfte, welche lachte, lachte über die andere Hälfte.
Drei Freunde von Bussy hatten sich indessen, in der Voraussetzung, es würde wahrscheinlich Streit entstehen, an seine Seite gestellt. Es waren dies Charles Balzac d'Entragues, den man gewöhnlich Antraguet nannte, François d’Audie, Vicomte de Ribeirac, und Livarot.
Als Saint-Luc diese feindseligen Präliminarien bemerkte, erriet er, dass Bussy auf Anstiften von Monsieur gekommen war, um einen Skandal herbeizuführen oder um eine Ausforderung ergehen zu lassen. Er zitterte mehr als je, denn er fühlte sich zwischen dem glühenden Zorne von zwei mächtigen Feinden gefangen, welche sein Haus zum Kampfplatz wählten.
Er lief zu Quélus, der der heftigste von Allen zu sein schien, und sagte, die Hand auf den Degengriff des jungen Mannes legend:
»Im Namen des Himmels, mäßige Dich und lass uns warten.«
»Ei, bei Gott! mäßige Dich selbst,« rief Quélus. »Der Faustschlag dieses Tölpels trifft Dich so gut als mich; wer etwas gegen Einen von uns sagt, sagt etwas gegen Alle, und wer etwas gegen Alle sagt, berührt den König.«
»Quélus, Quélus!« erwiderte Saint-Luc, »denke an den Herzog.von Anjou, der um so gewisser hinter Bussy lauert, als er abwesend, um so mehr gefürchtet werden muss, als er unsichtbar ist. Du wirst mir nicht die Schmach antun, zu glauben, ich fürchte mich vor dem Knechte, nein, ich habe nur bange vor dem Herrn.«
»Ei, Gottes Tod! was hat man denn zu befürchten, wenn man dem König von Frankreich gehört? Begeben wir uns für ihn in Gefahr, so wird uns der König verteidigen.«
»Dich, ja; aber mich!« versetzte Saint-Luc mit kläglichem Tone.
»Ah, verdammt!« sprach Quélus, »warum, den Teufel! verheiratest Du Dich auch, da Du weißt, wie sehr der König bei seinen Freundschaften eifersüchtig ist?«
»Gut!« sagte Saint-Luc zu sich selbst, »jeder denkt an sich. Vergessen wir uns also nicht. Und da ich wenigstens die ersten vierzehn Tage meiner Ehe ruhig zu leben wünsche, so will ich es versuchen, mir einen Freund aus Herrn von Alençon zu machen.«
In Folge dieser Betrachtung