den Hut, und ich sah ihn auf einen Nachen zulaufen, mit dem er, nachdem er ihn losgebunden, rasch auf das Tier zu ruderte, das mitten unter der ganzen Meute, von der es eingeholt worden war, kämpfte. Ich zweifelte nicht, bewogen durch meine Stimme, durch meine Bitten und Gebärden eile Herr von Monsoreau so sehr, um dem Tiere zu Hilfe zu kommen, als ich ihn plötzlich, da er in die Nähe von Daphne gelangt war, sein Jagdmesser ziehen sah; ein Sonnenstrahl, der sich auf dem Eisen spiegelte, machte einen Blitz daraus hervorspringen; dann verschwand der Blitz wieder; die ganze Klinge war in die Kehle gedrungen. Eine Blutwelle schoss, das Wasser des Teiches rot färbend, hervor. Die Hirschkuh schrie auf eine unendlich wehmütige Weise, schlug das Wasser mit ihren Läufen, richtete sich beinahe gerade auf und sank dann tot nieder.
»Ich stieß einen beinahe eben so schmerzlichen Schrei aus, wie sie, und fiel ohnmächtig an den. Rand des Teiches.
»Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Zimmer des Schlosses Beaugé, und mein Vater, den man hatte holen lassen, weinte an meinem Bette.
»Da es nichts Anderes war, als eine ohne Zweifel durch die Aufregung des Laufes bewirkte Nervenkrise, so konnte ich schon am anderen Tage wieder nach Méridor zurückkehren. Drei oder vier Tage lang hütete ich jedoch das Zimmer.
»Am vierten Tage erzählte mir mein Vater, während der ganzen Zeit, die ich leidend gewesen, habe sich Herr von Monsoreau, der mich gesehen, als man mich ohnmächtig weggetragen, nach meinem Befinden erkundigt; er sei in Verzweiflung gewesen, als er erfahren, er wäre die unwillkürliche Ursache dieses Unfalls, und habe gebeten, sich bei mir entschuldigen zu dürfen, wobei er geäußert, er könnte nicht eher glücklich sein, als bis er die Vergebung aus meinem Munde vernommen hätte.
»Es wäre lächerlich gewesen, mich zu weigern, ihn zu sehen, und ich gab, trotz eines inneren Widerstrebens, nach.
»Am andern Tage fand er sich ein; ich fühlte das Kindische meiner Lage: die Jagd ist ein Vergnügen, das die Frauen selbst teilen; ich verteidigte mich also gewissermaßen über die lächerliche Aufregung, die ich meiner Zärtlichkeit für die arme Daphne zuschrieb.
»Nun spielte der Graf den Verzweifelten und schwor mir zwanzigmal bei seiner Ehre, wenn er hätte ahnen können, dass ich irgend einen Anteil an seinem Opfer nähme, so würde er sich äußerst glücklich geschätzt haben, es zu schonen; seine Beteuerungen besiegten mich jedoch nicht, und der Graf entfernte sich, ohne dass er in meinem Herzen den schmerzlichen Eindruck, den er auf dasselbe gemacht, zu vertilgen im Stande gewesen war.
»Als der Graf wegging, erbat er sich von meinem Vater die Erlaubnis, wiederkommen zu dürfen. Er war in Spanien geboren und in Madrid erzogen worden; es dünkte dem Baron anziehend, von dem Lande zu sprechen, in welchem er so lange verweilt hatte. Der Graf war übrigens von guter Geburt, Unterstatthalter der Provinz und, wie man sagte, ein Liebling des Herzogs von Anjou; mein Vater hatte keinen Grund, ihm seine Bitte zu verweigern, und er bewilligte sie ihm auch.
»Ach! von diesem Augenblick hörte, wenn nicht mein Glück, doch wenigstens meine Ruhe auf. Bald gewahrte ich den Eindruck, den ich auf den Grafen gemacht hatte. Anfangs kam er nur einmal in der Woche, dann zweimal, und endlich kam er alle Tage. Der Graf gefiel meinem Vater, gegen den er voll Aufmerksamkeit war. Ich sah, welches Vergnügen der Baron an seiner Unterhaltung fand, die stets die eines ausgezeichneten Mannes war. Ich wagte es nicht, mich zu beklagen; denn worüber hätte ich mich beklagen sollen? Der Graf war gegen mich artig wie gegen eine Geliebte, ehrfurchtsvoll wie gegen eine Schwester.
»Eines Morgens trat mein Vater mit einer ernsteren Miene, als gewöhnlich, in mein Zimmer, und dennoch hatte sein Ernst etwas Freudiges.
›Mein Kind,‹ sagte er zu mir, ›Du hast mich stets versichert, Du wärst glücklich, wenn Du mich nie verlassen dürftest.‹
›Oh! mein Vater,‹ rief ich, ›Ihr wisst, das ist mein teuerster Wunsch.‹
›Nun, meine Tochter,‹ fuhr er fort, indem er sich bückte, um mich auf die Stirne zu küssen, ›es hängt nur von Dir ab, Deinen Wunsch verwirklicht zu sehen.‹
»Ich vermutete, was er sagen wollte, und erbleichte so furchtbar, dass er innehielt, ehe er meine Stirne mit den Lippen berührt hatte.
›Diana, mein Kind!‹ rief er, ›oh! mein Gott, was hast Du?‹
›Herr von Monsoreau, nicht wahr?‹ stammelte ich.
›Nun?‹ fragte er erstaunt.
›Oh! nie, mein Vater, wenn Ihr ein wenig Mitleid mit Eurer Tochter habt, nie!‹
›Diana, meine geliebte Tochter,‹ erwiderte er, ›ich habe nicht Mitleid für Dich, sondern abgöttische Verehrung, wie Du weißt; nimm Dir acht Tage, um darüber nachzudenken, und wenn Du in acht Tagen …‹
›Oh! nein, nein,‹ rief ich, ›es ist unnötig, nicht acht Tage, nicht vier und zwanzig Stunden, nicht eine Minute. Nein, nein, oh! nein.‹
»Und ich zerfloss in Tränen.
»Mein Vater betete mich an; nie hatte er mich weinen sehen; er nahm mich in seine Arme und beruhigte mich mit zwei Worten, indem er mir sein adeliges Ehrenwort gab, er werde nie mehr von dieser Heirat sprechen.
Es verging wirklich ein Monat, ohne dass ich Herrn von Monsoreau wiedersah oder von ihm reden hörte. Eines Morgens erhielten wir, mein Vater und ich, eine Einladung, uns bei einem großen Feste einzufinden, das Herr von Monsoreau dem Bruder des Königs geben würde, welcher die Provinz besuchen sollte, deren Namen er trug. Das Fest fand im Rathaus in Angers statt.
»Diesem Briefe war eine persönliche Einladung des Prinzen beigefügt, der meinem Vater schrieb, er erinnere sich, ihn einst am Hofe von König Heinrich gesehen zu haben, und würde ihn mit Vergnügen wiedersehen.
»Mein erster Gedanke war, meinen Vater zu bitten, die Einladung auszuschlagen, und ich würde gewiss darauf bestanden sein, wäre sie nur im Namen von Herrn von Monsoreau gemacht worden; aber der Prinz war zur Hälfte dabei beteiligt, und mein Vater befürchtete, Seine Hoheit durch eine Weigerung zu verletzen.
»Wir begaben uns also zu dem Feste: Herr von Monsoreau empfing uns, als ob nichts zwischen uns vorgefallen wäre; sein Benehmen gegen mich, war weder gleichgültig, noch gezwungen; er behandelte mich wie alle andere Damen, und ich fühlte mich glücklich, dass ich nicht von seiner Seite, sei es im Guten oder im Schlimmen, der Gegenstand irgend einer Auszeichnung war.
»Nicht dasselbe war bei dem Herzog von Anjou der Fall. Sobald er mich bemerkte, heftete sich sein Blick auf mich, um mich nie mehr zu verlassen. Ich fühlte mich unbehaglich unter dem Gewichte dieses Blickes, und ohne meinem Vater zu sagen, was mich den Ball zu verlassen wünschen ließ, drang ich so in ihn, dass wir uns zuerst weg begaben.
»Drei Tage nachher erschien Herr von Monsoreau in Méridor; ich erblickte ihn von ferne in der Allee des Schlosses und zog mich in mein Zimmer zurück.
»Ich befürchtete, mein Vater würde mich rufen lassen, doch dem war nicht so. Nach Verlauf einer halben Stunde sah ich Herrn von Monsoreau sich wieder entfernen, ohne dass mir Jemand seinen Besuch gemeldet hatte. Auch mein Vater sprach nicht davon; nur glaubte ich zu bemerken, dass er nach diesem Besuche des Unterstatthalters düsterer war, als gewöhnlich.
»Es vergingen abermals ein paar Tage. Ich kam von einem Spaziergange in der Umgegend zurück, man lief mir entgegen, und sagte mir, Herr von Monsoreau wäre bei meinem Vater. Der Baron hatte wiederholt nach mir gefragt und sich sehr unruhig erkundigt, wohin ich gegangen sein könne. Er hatte auch Befehl gegeben, ihn sogleich von meiner Rückkehr zu benachrichtigen.
»Kaum war ich in meinem Zimmer, als wirklich mein Vater herbeieilte.
›Mein Kind,‹ sagte er zu mir, ›durch einen Beweggrund, den Du nicht zu wissen brauchst, bin ich genötigt, mich auf einige Tage von Dir zu trennen; frage mich nicht, denke nur, dieser Beweggrund müsse sehr dringend sein, dass er mich bestimme, eine Woche, vierzehn Tage, einen Monat vielleicht zu leben, ohne Dich zu sehen.‹
»Ich bebte, obgleich ich nicht ahnen konnte, welcher Gefahr ich ausgesetzt war. Aber der zweimalige Besuch von Herrn von Monsoreau weissagte mir nichts Gutes.
›Und wohin soll ich gehen, mein Vater?‹ fragte ich.
›Nach