Александр Дюма

Die Dame von Monsoreau


Скачать книгу

unmittelbar nach meiner Rückkehr von Fontainebleau reisen wir ab, darauf gebe ich Euch mein Ehrenwort; doch mittlerweile …«

      »Oh! mein Herr, schließt die Türe nicht, es ist unnötig; ich werde keine Nacht, nicht eine einzige Nacht unter demselben Dach mit Euch zubringen, bevor ich Gewissheit über das Schicksal meines Vaters habe.«

      Und die Frau, welche auf eine so entschiedene Weise sprach, blies in ein silbernes Pfeifchen, das einen scharfen, langen Ton von sich gab. Auf diese Art rief man in jener Zeit, wo die Glocken noch nicht erfunden waren, der Dienerschaft. Sogleich öffnete sich die Türe, durch welche Bussy eingetreten war, abermals und die Zofe der jungen Frau erschien: es war ein großes, starkes Mädchen aus Anjou, das auf diesen Ruf der Gebieterin zu warten schien und, sobald es denselben gehört hatte, herbei eilte. Diese Zofe trat in den Salon und öffnete bei ihrem Eintritte die Türe.

      Ein etwas breiterer Lichtstrahl drang in das Zimmer, in welchem sich Bussy befand, und er erkannte zwischen den zwei Fenstern das Portrait.

      »Gertrude,« sprach die Dame, »Du wirst nicht zu Bette gehen und Dich im Bereiche meiner Stimme aufhalten.«

      Die Kammerfrau entfernte sich, ohne zu antworten, auf demselben Wege, auf dem sie gekommen war, und ließ dabei die Türe des Salon weit offen, und es wurde dadurch das wunderbare Portrait beleuchtet.

      Bussy konnte nicht mehr zweifeln; dieses Portrait war dasjenige, welches er gesehen hatte. Er näherte sich sachte, um sein Auge an die Öffnung zu halten, welche die Dicke der Angeln zwischen der Türe und der Mauer ließ; doch so leise er auch auftrat, so krachte doch in der Sekunde, wo sein Blick in das Zimmer drang, der Boden unter seinem Fuße. Bei diesem Geräusch' wandte sich die Frau um: es war das Original des Portraits, es war die Fee des Traumes.

      Als der Mann sah, dass sie sich umwandte, wandte er sich ebenfalls um, obgleich er nichts gehört hatte.

      Es war der Herr von Monsoreau.

      »Ah!« sagte Bussy zu sich selbst, »der weiße Zelter … die entführte Frau … ich werde ohne Zweifel eine furchtbare Geschichte hören.«

      Und er trocknete sein Gesicht ab, das sich unwillkürlich mit Schweiß bedeckte.

      Bussy sah sie, wie gesagt, Beide, sie bleich, aufrecht und mit verächtlichem Ausdrucke, ihn sitzend, nicht bleich, sondern leichenfarbig, ungeduldig den Fuß bewegend und sich in die Hand beißend.

      »Madame,« sprach endlich der Herr von Monsoreau, »hofft nicht lange gegen mich die Rolle der verfolgten Frau, die Rolle des Opfers fortzusetzen; Ihr seid in Paris, Ihr seid in meinem Hause, und mehr noch, Ihr seid jetzt die Gräfin von Monsoreau, das heißt, meine Frau.«

      »Wenn ich Eure Frau bin, warum weigert Ihr Euch, mich zu meinem Vater zu führen, warum verbergt Ihr mich fortwährend vor den Augen der Welt?«

      »Habt Ihr den Herzog von Anjou vergessen, Madame?«

      »Ihr versichertet mich, einmal Eure Frau, hätte ich nichts mehr von ihm zu befürchten?«

      »Das heißt …«

      »Das habt Ihr mich versichert …«

      »Aber ich muss noch einige Vorsichtsmaßregeln nehmen.«

      »Wohl, so nehmt diese Maßregeln, mein Herr, und kommt wieder zu mir, wenn Ihr sie genommen habt.«

      »Diana,« sprach der Graf, in dessen Innerem der Zorn sichtbar stieg, »Diana, treibt nicht Euer Spiel mit dem geheiligten Bande der Ehe. Nehmt diesen Rat von mir an.«

      »Mein Herr, macht, dass ich kein Misstrauen mehr gegen den Gatten habe, und ich werde die Ehe achten.«

      »Es scheint mir doch, ich habe durch die Art, wie ich gegen Euch gehandelt, Euer Vertrauen verdient.«

      »Mein Herr, ich denke, bei dieser ganzen Angelegenheit hat Euch mein Interesse nicht allein geleitet, oder Ihr seid, wenn dem so ist, vom Zufall gut bedient worden.«

      »Oh! das ist zu viel,« rief der Graf, »ich bin in meinem Hause, Ihr seid meine Frau, und sollte Euch die Hölle zu Hilfe kommen, Ihr werdet diese Nacht noch mein sein.«

      »Seht,« sagte sie, einen Dolch aus ihrem Gürtel ziehend, »so antworte ich Euch.«

      Und sie stürzte in das Zimmer, in welchem Bussy war, schloss die Türe, stieß den doppelten Riegel vor und rief, während Monsoreau sich in Drohungen erschöpfte und mit der Faust an die Bretter schlug:

      »Wenn Ihr nur das kleinste Stückchen Holz von dieser Türe springen macht, Ihr kennt mich, mein Herr, so findet Ihr mich tot auf der Schwelle.«

      »Oh! seid unbesorgt, Madame,« sprach Bussy, Diana mit seinen Armen umschlingend, »Ihr werdet einen Rächer haben.«

      Diana wollte einen Schrei ausstoßen, aber sie begriff, dass die einzige Gefahr, die sie bedrohte, von ihrem Gatten kam. Sie beschränkte sich auf die Abwehr und blieb stumm, zitternd, unbeweglich.

      Herr von Monsoreau stampfte heftig mit dem Fuße; ohne Zweifel überzeugt, Diana würde ihre Drohung ausführen, verließ er jedoch bald den Salon, die Türe gewaltig hinter sich zuschlagend. Dann hörte man das Geräusch seiner Tritte im Gange sich entfernen und auf der Treppe abnehmen.

      »Doch Ihr, mein Herr,« sprach nun Diana, sich aus den Armen von Bussy losmachend und einen Schritt zurückgehend, »wer seid Ihr und wie kommt Ihr hierher?«

      »Madame,« antwortete Bussy, die Türe wieder öffnend und vor Diana niederkniend, »ich bin der Mann, dem Ihr das Leben erhalten habt. Wie könnt Ihr glauben, ich sei in einer schlimmen Absicht bei Euch eingetreten, oder ich hege Pläne gegen Eure Ehre?«

      Bei der Lichtwoge, die das edle Antlitz des jungen Mannes übergoss, erkannte ihn Diana.

      »Ah! Ihr hier, mein Herr,« rief sie, die Hände faltend, »Ihr wart hier, Ihr habt Alles gehört?«

      »Ach! ja, Madame.«

      »Doch wer seid Ihr? Nennt mir Euren Namen, Herr.«

      »Madame, ich bin Louis von Clermont, Graf von Bussy.«

      «Bussy, Ihr seid der brave Bussy!« rief in reiner Unschuld Diana, ohne zu ahnen, welche Freude dieser Ausruf in dem Herzen des jungen Mannes verbreitete. »Oh! Gertrude,« fuhr sie fort, sich an die Kammerfrau wendend, welche, als sie ihre Gebieterin mit Jemand sprechen hörte, ganz erschrocken herbeilief, »Gertrude, ich habe nun nichts mehr zu befürchten; von diesem Augenblick an stelle ich meine Ehre unter den Schutz des hochherzigen und biedersten Edelmanns von Frankreich.«

      Dann Bussy die Hand reichend sprach sie:

      »Steht auf, mein Herr, ich weiß, wer Ihr seid; nun müsst Ihr auch wissen, wer ich bin.«

       Zwölftes Kapitel

      Wer Diana von Méridor war

      Bussy stand ganz betäubt von seinem Glücke auf und ging mit Diana in den Salon, den Herr von Monsoreau verlassen hatte.

      Er schaute Diana mit dem Erstaunen der Bewunderung an, denn er hatte nicht geglaubt, die Frau, die er suchte, könnte die Vergleichung mit der Frau seines Traumes aushalten, und die Wirklichkeit übertraf nun Alles, was er für eine Laune seiner Einbildungskraft gehalten hatte.

      Diana zählte achtzehn bis neunzehn Jahre, sie stand folglich in dem ersten Glanz der Jugend und Schönheit, der sein reinstes Kolorit der Blume, seinen reizendsten Sammet der Frucht verleiht; man konnte sich in dem Ausdrucke des Blickes von Bussy nicht täuschen; Diana fühlte sich bewundert und sie hatte nicht die Kraft, Bussy seiner Begeisterung zu entziehen.

      Endlich begriff sie, dass sie das Stillschweigen, welches zu viel sagte, brechen musste.

      »Mein Herr,« sprach sie, »Ihr habt eine von meinen Fragen beantwortet, aber nicht die andere: ich fragte Euch, wer Ihr wäret, und Ihr sagtet es mir; ich fragte Euch aber auch, wie Ihr hierher gekommen, und hierauf antwortetet Ihr mir nichts.«

      »Madame,« sagte Bussy, »nach den paar Worten, die ich von Eurem Gespräche mit Herrn von Monsoreau gehört habe, begriff ich, dass die Ursachen meiner Gegenwart in einer ganz natürlichen Abhängigkeit von der Erzählung stünden, die Ihr mir zu