Александр Дюма

Die Dame von Monsoreau


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nicht: doch was war zu sagen, was war zu tun? Ich seufzte und wartete.

      »Überdies war der Weg, den der Graf verfolgte, wohl derjenige, welcher nach dem Schlosse Méridor zurückführte. In einer Viertelstunde sollten wir, so wie wir ritten, das Schloss erreichen, als der Graf plötzlich, auf einem Kreuzwege des Waldes, der mir wohl bekannt war, statt sich auf dem Wege zu halten, der mich zu meinem Vater zurückbrachte, links einbog und einen Pfad wählte, der sich sichtbar von der Richtung unseres Schlosses entfernte. Ich schrie laut auf und stützte bereits, trotz des raschen Laufes meines Zelters, die Hand auf den Sattelknopf, um zu Boden zu springen, als der Graf, der ohne Zweifel alle meine Bewegungen beobachtete, sich auf meine Seite neigte, mich mit seinem Arme umschlang, von meinem Rosse aufhob und auf den Sattelbogen seines Pferdes setzte. Sobald der Zelter sich frei fühlte, entfloh er wiehernd durch den Wald.

      »Diese ganze Handlung wurde so rasch von Seiten des Grafen ausgeführt, dass ich nicht Zeit hatte, einen Schrei auszustoßen.

      »Herr von Monsoreau legte mir schnell die Hand auf den Mund und sprach:

      ›Mein Fräulein, ich schwöre Euch bei meiner Ehre, dass ich Alles auf Befehl Eures Vaters tue, wie ich Euch bei dem ersten Halt, den wir machen, beweisen werde; genügt Euch dieser Beweis nicht oder scheint er Euch zweifelhaft, so seid Ihr, ebenfalls bei meiner Ehre, frei, mein Fräulein.‹

      ›Mein Herr, Ihr sagtet mir, Ihr würdet mich zu meinem Vater führen,‹ rief ich, seine Hand von mir stoßend und den Kopf zurückwerfend.

      ›Ja, ich sagte Euch das, weil ich sah, dass Ihr zögertet, mir zu folgen, und ein Augenblick dieses Zögerns mehr richtete uns zu Grunde, ihn, Euch und mich, wie Ihr selbst sehen konntet. Nun lasst hören,‹ sagte der Graf anhaltend, ›wollt Ihr den Baron töten? Wollt Ihr geraden Wegs Eurer Schande in die Hände, laufen? Sprecht ein Wort, und ich führe Euch nach dem Schlosse Méridor zurück.‹

      ›Ihr sagtet, Ihr würdet mir einen Beweis geben, dass Ihr im Namen meines Vaters so handeltet.‹

      ›Wohl, so empfangt diesen Beweis. Nehmt diesen Brief und lest ihn in dem ersten Lager, wo wir anhalten. Wollt Ihr, wenn Ihr ihn gelesen, in das Schloss zurückkehren, so seid Ihr frei, das wiederhole ich Euch abermals bei meiner Ehre. Doch bleibt Euch noch einige Achtung vor den Befehlen des Barons, so werdet Ihr nicht zurückkehren, dessen bin ich gewiss.‹

      ›Vorwärts, mein Herr, damit wir rasch das erste Lager erreichen, denn es drängt mich, Gewissheit zu erlangen, ob Ihr die Wahrheit sprecht.‹

      ›Erinnert Euch, dass Ihr mir freiwillig folgt.‹

      ›Ja, frei, in so weit ein Mädchen in einer Lage frei ist, wo es auf der einen Seite den Tod seines Vaters und seine Schande, und auf der andern die Notwendigkeit steht, sich dem Worte eines Mannes anzuvertrauen, den es kaum kennt; gleichviel, ich folge Euch freiwillig und Ihr könnt Euch dessen versichern, wenn Ihr mir ein Pferd geben wollt.‹

      »Der Graf hieß einen von seinen Leuten durch ein Zeichen absteigen; ich sprang von seinem Pferde herab und befand mich einen Augenblick nachher neben ihm im Sattel.

      ›Der Zelter kann nicht fern sein,‹ sagte er zu dem Mann, der abgestiegen war, ›sucht ihn im Walde, ruft Ihn, Ihr wisst, dass er wie ein Hund auf seinen Namen oder auf die Pfeife kommt. Ihr werdet uns in La Châtre wieder einholen.‹

      »Ich bebte unwillkürlich, La Châtre war bereits mehr als zehn Stunden von dem Schlosse Méridor auf der Straße nach Paris entfernt.

      ›Mein Herr,‹ sagte ich zu ihm, ›ich begleite Euch, doch in La Châtre werden wir unsere Bedingungen machen.‹

      ›Das heißt, mein Fräulein,‹ erwiderte der Graf, ›in La Châtre werdet Ihr mir Eure Befehle geben.‹

      »Dieser scheinbare Gehorsam beruhigte mich nicht; da mir jedoch die Wahl der Mittel nicht zu Gebot stand und dasjenige, welches sich mir zeigte, das einzige war, um dem Herzog von Anjou zu entkommen, so setzte ich schweigsam meinen Weg fort. Bei Tagesanbruch erreichten wir La Châtre. Doch statt in das Dorf zu reiten, ritten wir hundert Schritte von den ersten Gärten querfeldein und wandten uns nach einem abgelegenen Hause.

      »Ich hielt mein Pferd an und fragte:

      ›Wohin gehen wir?‹

      ›Hört, mein Fräulein,‹ sprach der Graf, ›ich habe bereits die außerordentliche Schärfe Eures Geistes wahrgenommen, und, an Euren Geist appelliere ich auch. Können wir, vor den Nachstellungen des nach dem König mächtigsten Prinzen fliehend, in einem gewöhnlichen Gasthofe und mitten in einem Dorfe anhalten, wo uns der erste der beste Bauer, der uns sieht, angeben wird? Man kann einen Menschen erkaufen, aber man kann nicht ein ganzes Dorf erkaufen.‹

      »In allen Antworten des Grafen lag eine Logik oder wenigstens eine scheinbare Logik, der ich wenig entgegen zu halten wusste.

      ›Gut,‹ sagte ich zu ihm, ›reiten wir weiter.‹

      »Und wir setzten uns wieder in Marsch.

      »Wir wurden erwartet; ein Mann hatte sich, ohne dass ich es bemerkte, von unserer Eskorte getrennt und war voraus geritten. Ein gutes Feuer brannte in dem Kamin eines ziemlich reinlichen Zimmers, und ein Bett stand bereit.

      ›Hier ist Euer Zimmer, mein Fräulein,‹ sagte der Graf, ›ich werde Eure Befehle erwarten.‹

      »Er grüßte, zog sich zurück und ließ mich allein. »Es war meine erste Sorge, mich der Lampe zu nähern und den Brief meines Vaters aus meiner Brust hervorzuziehen . . . Hier ist er, Herr von Bussy; ich mache Euch zum Richter, lest.«

      Bussy nahm den Brief und las:

      ›Meine viel geliebte Diana, wenn Du, wie ich nicht bezweifle, meiner Bitte Dich fügend, dem Herrn Grafen von Monsoreau gefolgt bist, so weißt Du durch ihn, dass Du das Unglück gehabt hast, dem Herzog von Anjou zu gefallen, und dass er es gewesen ist, der Dich entführen und nach dem Schlosse Beaugé bringen ließ; schließe aus dieser Gewalttat, wozu der Herzog fähig ist, und welche Schande Dich bedroht. Es gibt ein Mittel, dieser Schande, die ich nicht überleben würde, zu entkommen; es besteht darin, dass Du unsern edlen Freund heiratest; bist Du einmal Gräfin von Monsoreau, so wird Dich der Graf verteidigen, und er hat mir geschworen, Dich durch alle ihm zu Gebot stehende Mittel zu verteidigen. Es ist daher mein Wunsch, geliebte Tochter, dass diese Heirat so bald als möglich stattfinden möge, und wenn Du meinen Wünschen entsprichst, so füge ich meiner entschiedenen Einwilligung meinen väterlichen Segen bei und bitte Gott, er möge Dir alle Schätze des Glückes gewähren, die seine Liebe für Herzen wie das Deinige vorbehalten hat.

      »Dein Vater, der Dir nicht befiehlt, sondern Dich bittet,

»Baron von Méridor.‹

      »Ach!« sprach Bussy, »wenn dieser Brief von Eurem Vater ist, Madame, so lautet er nur zu bestimmt.«

      »Er ist von ihm und darüber habe ich keinen Zweifel; nichtsdestoweniger las ich ihn dreimal ehe ich einen Entschluss fasste. Endlich rief ich den Grafen. Er trat sogleich ein, woraus ich ersah, dass er vor der Türe gewartet hatte.

      »Ich hielt den Brief in der Hand.

      ›Nun,‹ sagte er zu mir, ›Ihr habt gelesen?‹

      ›Ja,‹ antwortete ich.

      ›Zweifelt Ihr immer noch an meiner Ergebenheit und an meiner Achtung?‹

      ›Ich würde daran gezweifelt haben, mein Herr,‹ antwortete ich, ›hätte mir nicht dieser Brief den mir fehlenden Glauben geboten. Doch lasst nun hören, mein Herr, angenommen, ich wäre geneigt, dem Rate meines Vaters nachzukommen: was gedenkt Ihr zu tun?‹

      «»Ich gedenke Euch nach Paris zu führen, mein Fräulein; dort ist es noch leichter, Euch zu verbergen.‹

      ›Und mein Vater?‹

      ›Ihr wisst wohl, dass er überall sein wird, wo Ihr seid, und sobald Ihr nicht mehr durch seine Gegenwart gefährdet werden könnt, wird der Baron nachfolgen.‹

      ›Wohl, mein Herr, ich bin bereit, Euren Schutz unter den Bedingungen anzunehmen, die Ihr mir vorschreibt.‹

      ›Ich schreibe nichts vor, mein Fräulein,‹ entgegnete