fragte der ehrwürdige Prior.
»Ich habe Rühreier mit Hahnenkämmen.«
»Hernach?«
»Gefüllte Champignons.«
»Hernach?«
»Krebse in Madeira.«
»Kleines Zeug, dies Alles, kleines Zeug, habt Ihr nicht etwas, das einen Grund bilden würde, sprecht geschwinde.«
»Ich hatte außerdem noch einen Schinken mit Pistazien.«
»Puh!« machte Chicot.
»Verzeiht,« unterbrach ihn schüchtern der Bruder Eusèbe, »er ist in Xeres Sect gekocht. Ich habe ihn mit einem in einer Marinade von Aix-Oel erweichten Ochsenfleisch gespickt, so daß man mit dem Fett des Ochsen das Magere des Schinken und mit dem Fett des Schinken das Magere des Ochsen ißt.«
Gorenflot wagte es, an Chicot einen Blick begleitet von einer Geberde der Billigung zu richten.
»Das ist gut, nicht wahr, Herr Robert?« sagte er.
Chicot machte eine Geberde der Halbbefriedigung.
»Und hernach?« fragte Gorenflot, »was habt Ihr noch?«
»Man kann Euch einen Aal in der Minute fertig machen.«
»Pfui über Euren Aal!»sagte Chicot.
»Ich glaube, Herr Briquet,« entgegnete Bruder Eusèbe, der nach und nach muthig wurde, »ich glaube, daß Ihr von meinen Aalen kosten könnt, ohne es zu sehr zu bereuen.«
»Was haben sie denn so Seltenes, Eure Aale?«
»Ich füttere sie auf eine eigenthümliche Weise.«
»Oh! oh!«
»Ja,« sprach Gorenflot, »es scheint, daß die Römer oder die Griechen, ich weiß nicht mehr genau, kurz ein Volk Italiens, ihre Lampreten fütterten, wie es Bruder Eusèbe thut. Er hat es in einem alten Autor Namens Sueton gelesen, der über die Küche schreibt.«
»Wie, Bruder Eusèbe,« rief Chicot »Ihr gebt Euren Aalen Menschen zu fressen?«
»Nein, mein Herr, ich hacke die Eingeweide und Lebern von Geflügel und Wildbret klein, ich füge ein wenig Schweinefleisch bei, ich mache aus dem Allem eine Art von Wurstfleisch, das ich meinen Aalen vorwerfe, welche in dem auf einem, jeden Tag erneuerten Kies in einem Monat fett werden und sich, während sie fett werden, beträchtlich verlängern. Derjenige, zum Beispiel, welchen ich heute dem ehrwürdigen Herrn Prior anbiete, wiegt neun Pfund.«
»Das ist also eine Schlange,« sagte Chicot.
»Er verschlang mit einem Mal ein Hühnchen von sechs Tagen.«
»Und wie habt Ihr ihn zubereitet?« fragte Chicot.
»Ja, wie habt Ihr ihn zubereitet?« wiederholte der Prior.
»Abgehäutet, gebräunt, durch Sardellenbutter gezogen, in feinem geriebenem Brod umgedreht, dann wieder zehn Secunden lang auf den Rost gelegt, wonach ich die Ehre haben werde, Euch denselben mit Knoblauch und spanischem Pfeffer gewürzt, in einer Sauce schwimmend vorzusetzen.«
»Aber die Sauce selbst?«
»Ja, die Sauce selbst?«
»Eine einfache Sauce von Aix-Oel, mit Citronen und Senf geschlagen.«
»Ganz gut,« sagte Chicot.
Bruder Eusèbe athmete.
»Nun fehlen die Confituren,« sprach Gorenflot einsichtsvoll.
»Ich werde ein Gericht ersinnen, das im Stande ist, den Beifall den ehrwürdigen Herrn Priors zu gewinnen.«
»Es ist gut, ich verlasse mich auf Euch,« sagte Gorenflot, »zeigt Euch meines Vertrauens würdig.«
Eusèbe verbeugte sich.
»Darf ich mich entfernen?« fragte er.
Der Prior befragte Chicot.
»Er mag sich entfernen,« sagte Chicot.
»Gut, und schickt mir den Bruder Kellermeister.«
Eusèbe verbeugte sich und ging hinaus.
Der Bruder Kellermeister folgte auf den Bruder Eusèbe und erhielt nicht minder pünktliche und nicht minder ins Einzelne gehende Befehle.
Zehn Minuten nachher saßen die zwei Freunde vor einem mit einem feinen leinenen Tuche bedeckten Tisch, in großen ganz mit Kissen ausgelegten Lehnstühlen begraben, Messer und Gabeln in der Hand, wie zwei Duellisten einander gegenüber.
Obgleich hinreichend groß für sechs Personen, war die Tafel doch voll gestellt, dergestalt hatte der Kellermeister Flaschen von verschiedenen Formen und Etiquetten aufgehäuft.
Dem Programm getreu, schickte Eusèbe Rühreier, Krebse und Champignone, welche die Luft mit einem milden Dampf von Trüffeln und von Butter durchdufteten, wozu sodann der Geruch der Thymiancrême und des Madeiraweins kam.
Chicot griff wie ein Hungeriger an.
Der Prior dagegen wie ein Mensch, der sich selbst, seinem Koch und seinem Tischgenossen mißtraut.
Doch nach einigen Minuten fing Gorenflot an zu schlingen, während Chicot beobachtete.
Man begann mit dem Rheinwein, dann ging man zu dem Burgunder von 1550 über, man machte einen Ausflug zu einem Ermitage, dessen Alter man nicht kannte; man nippte am Saint-Perey; endlich kam man zum Wein des Beichtkindes.
»Was sagt Ihr dazu?« fragte Gorenflot, nachdem er dreimal gekostet hatte, ohne daß er sich auszusprechen wagte.«
»Wild, aber leicht,« erwiederte Chicot, »und wie heißt die Bußfertige?«
»Ich kenne sie nicht.«
»Alle Wetter, Ihr wißt ihren Namen nicht.«
»Meiner Treue, nein, wir verhandeln durch Botschafter.«
Chicot machte eine Pause, während welcher er sanft die Augen schloß, als wollte er den Geschmack eines Schlucks Wein untersuchen, den er im Mund hielt, ehe er ihn durch die Gurgel laufen ließ, in der Wirklichkeit aber, um nachzudenken.
»Ich habe also die Ehre, einem Armee-General gegenüber zu speisen?« sagte er nach fünf Minuten.
»Oh! mein Gott, ja!«
»Wie, Ihr seufzt, während Ihr dies sagt?«
»Ah! das ist sehr anstrengend.«
»Allerdings; aber es ist ehrenvoll, es ist schön.«
»Herrlich! nur habe ich keine Stille mehr in den Officien… und vorgestern bin ich beinahe genöthigt gewesen, eine Platte beim Abendbrod zu streichen.«
»Eine Platte streichen… und warum?«
»Weil mehrere von meinen besten Soldaten, ich muß es gestehen, die Vermessenheit hatten, den Weinbeermus von Burgund, den man am Freitag als drittes Gericht gibt, ungenügend zu finden.«
»Ah! ungenügend… und welchen Grund gaben sie hierfür an?«
»Sie behaupteten, sie hätten noch Hunger, und verlangten noch eine Fastenspeise, wie Kriechente, Hummer oder einen schmackhaften Fisch. Begreift Ihr diese Freßgierigen?«
»Verdammt, wenn sie übermäßige Uebungen vornehmen müssen, so darf man nicht staunen, daß sie Hunger haben, diese Mönche.«
»Wo wäre denn das Verdienst?« entgegnete der Prior, »gut essen und gut arbeiten kann Jedermann. Was Teufels! man muß seine Entbehrungen dem Herrn anzubieten wissen,« fügte der würdige Abt bei, indem er ein großes Stück Schinken und Ochsenfleisch auf eine sehr ehrenwerthe Portion Gelantine häufte, von der der Bruder Eusèbe nicht gesprochen hatte, weil dieses Gericht zu einfach war, nicht um auf den Tisch gesetzt zu werden, wohl aber, um auf der Karte zu figuriren.
»Trinkt, Modeste, trinkt,« sagte Chicot, »Ihr werdet ersticken, Ihr seht schon carmesinroth aus.«
»Vor Entrüstung,« erwiederte der Prior und leerte sein Glas, das eine halbe Pinte enthielt.
Chicot ließ