am vierten Tage mit ihm von Versailles nach Paris gewandert, ohne Schwierigkeiten beim König eingeführt worden, aus den Tuilerien zwei Stunden vor Gamain weggegangen, in die Wohnung, die er bei seinem Freunde Achille du Chastellet inne hatte, zurückgekehrt und, nachdem er die Kleider gewechselt, noch an demselben Abend mit Postpferden nach Metz abgereist war.
Andererseits hatte er am Tage nach der nächtlichen Conferenz, welche zwischen ihm und Herrn von Beausire aus dem Saint-Jean Kirchhofe stattgefunden, diesen ganz bestürzt nach Bellevue zum Banquier Zannone laufen sehen. Als er um sieben Uhr Morgens vom Spiele nach Hause kam, nachdem er Alles, bis aus seinen letzten Louis d’or, trotz der unschlagbaren Martingale von Herrn Law, verloren, hatte nämlich Meister Beausire das Haus völlig leer gesunden: Mademoiselle Oliva und der junge Toussaint waren verschwunden.
Da erinnerte sich Beausire, daß der Graf von Cagliostro mit ihm wegzugehen sich geweigert und erklärt hatte, er habe mit Mademoiselle Oliva etwas Vertrauliches zu reden. Das war ein dem Verdachte geöffneter Weg: Oliva war vom Grafen von Cagliostro entführt worden; als guter Leithund hatte Herr von Beausire die Nase auf der rechten Fährte, und er verfolgte sie bis Bellevue; hier nannte er sich, und sogleich wurde er eingeführt beim Baron Zannone, oder beim Grafen von Cagliostro, wie der Leser, wenn nicht die Hauptperson, doch wenigstens den Schließnagel des Dramas, das wir zu erzählen unternommen, nennen will.
Als er in den Salon eingeführt war, den wir kennen, weil wir am Anfange dieser Geschichte den Doctor Gilbert und den Marquis von Favras hier haben eintreten sehen, als er sich dem Grafen gegenüber fand, zögerte Beausire; der Graf schien ihm ein so vornehmer Herr zu sein, daß er es nicht einmal wagte, seine Geliebte von ihm zurückzufordern.
Doch als hätte er in der Tiefe des Herzens des ehemaligen Gefreiten lesen können, sagte Cagliostro: »Herr von Beausire, ich habe Eines bemerkt: Sie haben aus der Welt nur zwei wahre Leidenschaften: das Spiel und Mademoiselle Oliva.«
»Ah! Herr Graf,« rief Beausire, »Sie wissen also, was mich hierher führt?«
»Vollkommen. Sie wollen Mademoiselle Oliva von mir zurückverlangen; sie ist bei mir.«
»Wie! sie ist beim Herrn Grafen?«
»Ja, in meinem Hause in der Rue Saint-Claude; sie hat dort wieder ihre alte Wohnung gefunden; und wenn Sie vernünftig sind, wenn ich mit Ihnen zufrieden bin, wenn Sie mir Neuigkeiten bringen, die mich interessiren oder belustigen, nun, Herr von Beausire, so werden wir Ihnen dieser Tage fünf und zwanzig Louis d’or in die Tasche stecken und einen schönen Rock auf den Leib geben, damit Sie den adeligen Herrn im Palais Royal und den Liebesritter in der Rue Saint-Claude spielen können.«
Beausire hatte große Lust, die Stimme zu erheben und Mademoiselle Oliva zu reclamiren; aber Cagliostro hatte ein paar Worte von der unglücklichen Geschichte mit der portugiesischen Gesandtschaft fallen lassen, welche immer wie das Schwert des Damokles über dem Haupte des ehemaligen Gefreiten schwebte, und Beausire schwieg.
Als er sodann einen Zweifel darüber äußerte, daß Mademoiselle Oliva im Hotel der Rue Saint-Claude sei, befahl der Herr Graf anzuspannen, fuhr mit Beausire nach dem genannten Hotel, führte ihn in das Allerheiligste ein und ließ ihn, indem er ein Bild verrückte, durch eine geschickt angebrachte Oeffnung Mademoiselle Oliva sehen, welche, angethan wie eine Königin, in einer großen Causeuse eines von jenen, damals so allgemein verbreiteten, schlechten Büchern las, welche, wenn sie das Glück hatte, ein solches zu treffen, die Freude der ehemaligen Kammerjungfer von Fräulein von Taverney bildeten, während Herr Toussaint, ihr Sohn, gekleidet wie ein Königssohn, mit einem mit Federn geschmückten weißen Hut à la Henri IV. und einer himmelblauen, Pumphose, welche ein goldbefranster dreifarbiger Gürtel um den Leib festhielt, sich mit herrlichem Spielzeug belustigte.
Da fühlte Beausire, wie sich in ihm das Herz des Liebenden und des Vaters ausdehnte; er versprach Alles, was der Graf wollte, und getreu seinem Worte erlaubte der Graf Herrn von Beausire, an den Tagen, wo er eine interessante Neuigkeit bringen würde, nachdem er in Gold die Bezahlung aus seiner Hand empfangen hätte, sich den Preis in Liebe in den Armen von Mademoiselle Oliva zu holen.
Alles ging also nach den Wünschen des Grafen und, wir möchten beinahe sagen, auch nach denen von Beausire, als gegen das Ende des Monats December zu einer für diese Jahreszeit sehr ungebührlichen Stunde, nämlich um sechs Uhr Morgens, der Doctor Gilbert, der schon seit anderthalb Stunden bei der Arbeit war, drei Schläge an seine Thüre thun hörte und an den Zwischenräumen zwischen diesen Schlägen erkannte, derjenige, welcher sich ankündige, sei ein Bruder Maurer.
Dem zu Folge öffnete er.
Ein Lächeln aus den Lippen stand Cagliostro jenseits der Thüre.
Gilbert fand sich nie ohne einen gewissen Schauer diesem geheimnißvollen Manne gegenüber.
»Ah! Sie sind es, Graf?« sagte er.
Dann, nach einer Anstrengung gegen sich selbst, fügte er, indem er ihm die Hand reichte, bei:
Seien Sie willkommen? zu welcher Stunde Sie auch erscheinen, und was auch die Ursache sein mag, die Sie hierher führt.«
»Die Ursache, die mich hierher führt, mein lieber Gilbert,« erwiederte der Graf, »ist der Wunsch, Sie einem philanthropischen Experimente, von dem ich mit Ihnen zu sprechen die Ehre gehabt habe, beiwohnen zu lassen.«
Gilbert suchte sich zu erinnern, aber vergebene, von welchem Experimente der Graf mit ihm gesprochen hatte.
»Ich entsinne mich nicht,« sagte er.
»Kommen Sie immerhin, mein lieber Gilbert, seien Sie unbesorgt, ich störe Sie nicht umsonst. Ueberdies werden Sie da, wohin ich Sie führe, Personen von Ihrer Bekanntschaft treffen.«
»Lieber Graf, überallhin, wohin Sie mich auch führen, gehe ich um Ihretwillen; der Ort, an den ich gehe, und die Personen, die ich dort treffe, sind nur secundäre Dinge.«
»Dann kommen Sie, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Gilbert war ganz angekleidet; er hatte nur seine Feder niederzulegen und seinen Hut zu nehmen.
Als diese beiden Operationen vollbracht waren, sagte er:
»Graf, ich bin zu Ihren Befehlen.«
»Lassen Sie uns gehen,« erwiederte einfach der Graf.
Und er ging voran; Gilbert folgte ihm.
Ein Wagen wartete unten; die zwei Männer stiegen ein.
Der Wagen entfernte sich rasch, ohne daß der Graf einen Befehl zu geben brauchte. Der Kutscher wußte offenbar zum Voraus, wohin man ging.
Nach einer Fahrt von einer Viertelstunde, während welcher Gilbert bemerkte, daß man durch ganz Paris und vor die Barrière kam, hielt man in einem großen viereckigen Hose an, gegen den zwei Stockwerke von vergitterten Fenstern gingen.
Hinter dem Wagen schloß sich das Thor wieder, das ihn eingelassen.
Als er ausgestiegen war, bemerkte Gilbert, daß er sich im Hofe eines Gefängnisses befand, und bei näherer Betrachtung dieses Hofes erkannte er, daß der von Bicêtre war.
Dieser durch seinen natürlichen Anblick schon sehr traurige Ort der Scene wurde noch trauriger gemacht durch das zweifelhafte Tageslicht, das nur mit Bedauern in diesen Hof herabzusteigen schien.
Es war ungefähr ein Viertel auf sieben Uhr Morgens, eine unbehagliche Stunde im Winter, denn in dieser Stunde wird die Kälte selbst für die kräftigsten Organisationen empfindlich.
Ein feiner, florartiger Regen fiel schräge und zog Streifen an den grauen Mauern.
Mitten im Hofe errichteten fünf bis sechs Arbeiter unter der Anführung eines Meisters und unter den Befehlen eines schwarz gekleideten Mannes, der sich selbst mehr Bewegung machte als alle Andere, eine Maschine von einer unbekannten, seltsamen Form.
Als er die zwei Fremden gewahrte, erhob der kleine Mann das Haupt.
Gilbert schauerte; er hatte den Doctor Guillotin erkannt, den er bei Marat getroffen. Diese Maschine war im Großen dieselbe, die er im Kleinen im Keller des Redacteur der Zeitung: L’Ami du Peuple gesehen.
Der kleine Mann erkannte seinerseits Cagliostro