Александр Дюма

Die beiden Dianen


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doch ich werde ihn stets meinen Vater nennen.«

      Und sie reichte ihre Hand Enguerrand, der sie mit Küssen bedeckte, um das Recht zu haben, noch ein wenig durch den Schleier ihrer Thränen Gabriel anzuschauen, der nachdenkend und traurig, aber ergeben und entschlossen aussah.

      »Vorwärts, Madame,« sagte Frau von Leviston, welche diese Abschiede und Zögerungen vielleicht ungeduldig machten, »bedenkt, daß wir vor Einbruch der Nacht in Caen sein müssen.«

      Beinahe erstickt durch Schluchzen, entfernte sich Diana hastig, um in ihr Zimmer hinauf zu gehen, jedoch nicht ohne zuvor Gabriel durch ein Zeichen bedeutet zu haben, er möge warten.

      Nach Verlauf einer Stunde, während der man in den Wagen die Gegenstände packte, welche Diana mitnehmen wollte, erschien diese wieder ganz reisefertig. Sie bat Frau von Leviston, die ihr wie ihr Schatten folgte, um Erlaubniß, noch einmal in dem Garten umhergehen zu dürfen, wo sie zwölf Jahre lang so sorglos und glücklich gespielt hatte. Gabriel und Enguerrand gingen während dieses Besuches hinter ihr. Diana blieb vor einem Rosenstock mit weißen Blüthen stehen, den Gabriel und sie im vorhergehenden Jahre gepflanzt hatten. Sie pflückte zwei Rosen, befestigte eine an ihrem Kleid, roch an der andern und reichte sie Gabriel. Der junge Mann fühlte, daß ihm zu gleicher Zeit ein Papier in die Hand schlüpfte, das er hastig in seinem Wamms verbarg. Nachdem Diana von allen Gängen, von allen Gebüschen, von allen Blumen Abschied genommen hatte, mußte sie sich endlich zur Abreise entschließen. Als sie vor den Wagen kam, der sie wegführen sollte, gab sie die Hand den Dienern des Hauses und sogar den guten Leuten vom Flecken, welche sie alle kannten und liebten. Die Arme hatte nicht die Kraft, zu sprechen, sie machte nur Jedem ein freundschaftliches Zeichen mit dem Kopf. Dann umarmte sie Enguerrand, und endlich Gabriel, ohne sich im Geringsten um die Gegenwart von Frau von Leviston zu bekümmern. In den Armen ihres Freundes gewann sie sogar ihre Stimme wieder, und als dieser zu ihr sagte: »Fahre wohl! fahre wohl!« da sprach sie:

      »Nein, auf Wiedersehen!«

      Hiernach stieg sie in den Wagen, und da die Kindheit im Ganzen ihr Recht nicht völlig auf sie verlor, so hörte sie Gabriel mit jener kleinen Mundverziehung, die ihr so gut stand, Frau von Leviston fragen:

      »Man hat doch wenigstens meine große Puppe oben aufgepackt?«

      Der Wagen entfernte sich im Galopp.

      Gabriel öffnete das Papier, das ihm Diana gegeben hatte, und fand darin eine Locke von ihren schönen, aschblonden Haaren, die er so gern küßte.

      Einen Monat nachher ließ sich Gabriel, in Paris angelangt, im Hotel Guise bei dem Herzog von Guise unter dem Namen eines Vicomte d’Ermès melden.

      III.

      Im Lager

      »Ja, meine Herren,« sprach, in sein Zelt eintretend der Herzog von Guise zu den Edelleuten, die ihn umgaben, »ja, heute am 24. April 1557 Abends, nachdem wir am 15. auf das Gebiet von Neapel zurückgekehrt sind, nachdem wir Campli in vier Tagen genommen, beginnen wir die Belagerung von Civitella; Herren von Civitella, schlagen wir am 1. Mai unser Lager vor Aquila auf. Am 10. Mai sind wir in Arpino, am 21. in Capua, wo wir nicht einschlafen werden, wie Hannibal. Am 1. Juni, meine Herren, will ich Euch Neapel sehen lassen, wenn es Gott gefällt.«

      »Und wie steht es mit dem Papst, mein lieber Bruder?« fragte der Herzog von Aumale. »Seine Heiligkeit, die mir so sehr die Unterstützung der päpstlichen Truppen versprochen, läßt uns bis jetzt, wie mir scheint, auf uns selbst beschränkt, und unsere Armee ist kaum stark genug, um sich so auf ein feindliches Gebiet zu wagen.«

      »Paul II.,« sagte Franz, »ist zu sehr betheiligt bei dem Erfolge unserer Waffen, um uns ohne Hilfe zu lassen. Wie durchsichtig und erleuchtet ist diese Nacht, meine Herren! Byron, wißt Ihr, ob die Parteigänger, von deren Aufgebot in den Abruzzen Caraffa uns gesprochen, einigen Lärmen zu machen anfangen?«

      »Sie rühren sich nicht, gnädigster Herr, ich habe ganz frische und sichere Nachrichten.«

      »Unsere Musketenschüsse werden sie erwecken,« sagte der Herzog von Guise. »Herr Marquis d’Elboeuf,« fuhr er fort, »habt Ihr von den Zufuhren an Lebensmitteln und Munition sprechen hören, welche wir in Ascoli erhalten sollten, und die uns nun, denke ich, hier zukommen werden?«

      »Ja, ich habe davon sprechen hören, doch in Rom, gnädigster Herr, und leider schon vor langer Zeit! . . .«

      »Eine einfache Zögerung,« unterbrach ihn der Herzog von Guise, »sicherlich nur eine Zögerung, und wir sind Allem nach noch nicht völlig entblößt. Die Einnahme von Campli hat uns ein wenig wiederbelebt, und wenn ich in einer Stunde von jetzt an in das Zelt eines Jeden von Euch träte, meine Herren, so wette ich, ich würde ein gutes Abendbrod aufgetragen, und bei Tische mit Euch eine arme Witwe oder eine hübsche Waise von Campli finden, die Ihr zu trösten im Zuge wäret. Es läßt sich nichts Besseres denken, meine Herren. Ueberdies sind dies die Pflichten von Siegern, welche die Gewohnheit des Sieges süß finden lassen, nicht wahr? Entsprecht also Eurem Geschmack, ich halte Euch nicht zurück; morgen früh bei Tagesanbruch werde ich Euch auffordern, mit mir die Mittel zu suchen, diesen Zuckerhut Civitella anzugreifen; bis dahin, meine Herren, guten Appetit und gute Nacht.«

      Der Herzog begleitete lachend die Führer des Heeres bis zur Thüre seines Zeltes zurück. Als aber der Vorhang, der dasselbe schloß, hinter dem letzten gefallen war und Franz von Guise sich allein fand, nahm plötzlich seine männliche Physiognomie einen sorgenvollen Ausdruck an; er setzte sich an einen Tisch, legte sein Haupt in seine Hände, und murmelte voll Unruhe:

      »Hätte ich besser daran gethan, auf jeden persönlichen Ehrgeiz Verzicht zu leisten, nur General von Heinrich II. zu bleiben, und mich auf die Wiedereroberung von Mailand und die Befreiung von Siena zu beschränken? Nun bin ich auf dem Gebiet von Neapel, wohin mich alle meine Träume als König beriefen; doch ich bin ohne Verbündete, bald ohne Lebensmittel, und alle diese Anführer meiner Truppen, mein Bruder zuerst, Geister ohne Thatkraft und ohne Gewicht, geben sich schon der Entmuthigung hin wie ich sehe.«

      In diesem Augenblick hörte der Herzog von Guise, daß Jemand hinter ihm ging. Er wandte sich rasch und ganz entrüstet gegen den verwegenen Unterbrecher um; als er ihn aber gesehen, reichte er ihm, statt ihm einen Vorwurf zu machen, die Hand und sprach:

      »Nicht wahr, Ihr, Vicomte d’Ermès, nicht wahr, Ihr, mein lieber Gabriel, würdet nie zögern vorwärts zu gehen, weil das Brod zu selten und der Feind zu zahlreich ist, Ihr, der Ihr zuletzt Metz verlassen, und zuerst in Valenza und in Campli eingedrungen seid? Doch, Ihr kommt, um mir etwas Neues zu melden, Freund?«

      »Ja, gnädigster Herr, ein Eilbote ist aus Frankreich eingetroffen,« antwortete Gabriel, »er bringt, wie ich glaube, Briefe von Eurem Bruder, dem hochwürdigsten Cardinal von Lothringen. Darf ich ihn bei Euch einführen?«

      »Nein, doch er mag Euch die Sendung mit der er beauftragt ist, übergeben, Vicomte, und ich bitte Euch, sie mir selbst zu überbringen.«

      Gabriel verbeugte sich ging hinaus, kam bald wieder zurück und überbrachte einen Brief, der mit dem Wappen des Hauses Lothringen versiegelt war.

      Die sechs abgelaufenen Jahre waren an unserem alten Freund Gabriel beinahe spurlos vorübergegangen; seine Züge hatten nur einen männlicheren, entschiedeneren Charakter angenommen; man errieth nun in ihm einen Mann, der seinen eigenen Werth geprüft und kennen gelernt hat. Doch es war immer dieselbe reine, ernste Stirne, derselbe redliche, offene Blick, und, sagen wir es sogleich, dasselbe Herz voll Jugend und Illusion. Er war auch kaum erst vierundzwanzig Jahre alt.

      Der Herzog von Guise zählte siebenunddreißig, und obgleich er eine edle, großherzige Natur besaß, war doch sein Gemüth von vielen Orten zurückgekommen, wohin das von Gabriel noch nie gegangen, und mehr als ein gescheitertes Aufstreben, mehr als ein vergeblicher Kampf hatten sein Auge vertieft und seine Schläfe entblößt. Dennoch begriff und liebte er den ritterlichen und ergebenen Charakter von Gabriel, und eine unwiderstehliche Sympathie zog den erfahrenen Mann zu dem vertrauensvollen Jüngling hin.

      Er nahm aus seinen Händen den Brief seines Bruders und sprach, ehe er ihn öffnete:

      »Hört, Vicomte d’Ermès, Hervé von Thelen, mein Geheimschreiber, den Ihr kanntet,