Александр Дюма

Die drei Musketiere


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hatte sich Jemand in der Mausfalle fangen lassen.

      D'Artagnan stürzte nach der Stelle, wo die Dielen weggenommen waren, legte sich mit dem Bauch auf den Boden und horchte. Es wurde ein Geschrei vernehmbar, dann folgte ein starkes Seufzen, das man zu ersticken suchte, von einem Verhör war nicht die Rede.

      »Teufel!« sprach d'Artagnan zu sich selbst, »es scheint mir, das ist eine Frau; man durchsucht sie, sie widersteht, man thut ihr Gewalt an. Die Schurken!«

      D'Artagnan hatte, trotz seiner Klugheit, die größte Mühe, sich von der Scene entfernt zu halten, welche unten vorging.

      »Aber ich sage Euch, daß ich die Hausfrau bin, meine Herren, ich sage Euch, daß ich die Frau Bonacieux bin, ich sage Euch, daß ich im Dienste der Königin stehe,« rief die Unglückliche.

      »Frau Bonacieux!« murmelte d'Artagnan; »sollte ich so glücklich sein, das gefunden zu haben, was Jedermann sucht?«

      »Gerade Euch haben wir hier erwartet,« sprachen die Fragenden unten.

      Die Stimme der Frau wurde immer dumpfer; das Tafelwerk ertönte von einer geräuschvollen Bewegung, das Opfer widerstand, so weit eine Frau vier Männern widerstehen kann.

      »Vergebung, meine Herren, vergebt . . . « murmelte die Stimme, welche nur noch unartikulirte Töne hören ließ.

      »Sie knebeln sie! sie schleppen sie fort!« rief d'Artagnan und sprang wie eine Feder auf. »Meinen Degen! ich habe ihn zum Glück an meiner Seite. Planchet!«

      »Gnädiger Herr!«

      »Lauf schnell, suche Athos, Porthos und Aramis auf. Einer von diesen Dreien wird sicherlich zu Hause sein; vielleicht sind alle drei heimgekehrt. Sie sollen sich bewaffnen und rasch hierher kommen. Ah, ich erinnere mich, Athos ist bei Herrn von Treville.«

      »Aber wohin geht Ihr, gnädiger Herr, wohin geht Ihr?«

      »Ich steige durch das Fenster hinab,« rief d'Artagnan, »um schneller an Ort und Stelle zu sein. Du, lege die Diele wieder ein, fege den Boden, geh' durch die Thüre und lauf, wohin ich Dir gesagt habe.«

      »O, mein Herr, mein Herr, Ihr bringt Euch ums Leben,« rief Planchet.

      »Schweig, Dummkopf,« sprach d'Artagnan und sich mit der Hand an der Randleiste des Fensters haltend, glitt er vom ersten Stockwerk, das glücklicher Weise nicht hoch war, hinab, ohne die geringste Verletzung zu erleiden.

      Dann klopfte er an die Thüre und murmelte dabei:

      »Ich will mich ebenfalls in der Mausefalle fangen lassen, aber wehe den Katzen, die sich an einer solchen Maus reiben.«

      Kaum hatte der Klopfer unter der Hand des jungen Mannes ertönt, als das Geräusch aufhörte; es näherten sich Tritte, die Thüre öffnete sich und d'Artagnan stürzte mit bloßem Degen in das Zimmer des Meisters Bonacieux, dessen Thüre, ohne Zweifel durch eine Feder in Bewegung gesetzt, sich von selbst wieder schloß.

      Dann vernahmen die übrigen Bewohner des unglücklichen Hauses, so wie die nächsten Nachbarn ein gewaltiges Geschrei, ein Stampfen, ein Degengeklirr und ein Zertrümmern von Geräthschaften; einen Augenblick nachher konnten die Menschen, welche erstaunt über diesen Lärmen sich an ihr Fenster gestellt hatten, um die Ursache zu erfahren, deutlich sehen, wie die Thür sich wieder öffnete und vier schwarz gekleidete Menschen nicht heraus gingen, sondern gleich aufgescheuchten Raben herausflogen, am Boden und an den Tischecken Federn von ihren Flügeln zurücklassend, d.h. Fetzen von ihren Kleidern und Stücke von ihren Mänteln.

      D'Artagnan hatte mit leichter Mühe den Sieg errungen, denn nur ein einziger von den Alguazils war bewaffnet, und dieser vertheidigte sich nur der Form wegen. Die drei andern hatten es allerdings versucht, den jungen Mann mit Stühlen, Bänken und Töpfen niederzuschlagen, aber zwei bis drei Hiebe vom Flammberg des Gascogners flößten ihnen den gehörigen Schrecken ein. Zehn Minuten waren hinreichend, ihre Niederlage zu bewerkstelligen, und d'Artagnan blieb Herr des Schlachtfeldes.

      Die Nachbarn, welche ihre Fenster mit der in jenen Zeiten fortwährender Aufstände und Streitigkeiten den Parisern eigenen Kaltblütigkeit geöffnet hatten, schlossen sie wieder, sobald sie die vier schwarzen Männer entfliehen sahen; ihr Instinkt sagt ihnen, daß für den Augenblick alles zu Ende war; überdies war es bereits spät geworden, und damals, wie heut zu Tage legte man sich im Quartier des Luxemburg frühe schlafen.

      Allein mit Frau Bonacieux, drehte sich d'Artagnan nach dieser um. Die arme Frau war auf einen Lehnstuhl zurückgesunken und halb ohnmächtig. D'Artagnan schaute sie mit einem raschen Blick prüfend an. Es war eine reizende Frau von fünf- bis sechsundzwanzig Jahren, brünett, mit blauen Augen, leicht aufgestülpter Nase und einem von Rosa und Opal marmorirten Teint. Hier aber hörten die Zeichen auf, nach welchen man sie mit einer vornehmen Dame hätte verwechseln können. Die Hände waren weiß, aber nicht zart, die Füße kündigten keine Frau von Stand an. Zum Glücke konnte sich d'Artagnan noch nicht mit allen diesen Einzelnheiten beschäftigen.

      Als d'Artagnan in seiner Musterung der Frau Bonacieux bis zu den Füßen gelangte, sah er auf dem Boden ein feines Batisttuch, das er seiner Gewohnheit gemäß aufhob, und erkannte an der Ecke dieselbe Zeichnung, wie an dem Taschentuch, wegen dessen er sich mit Aramis beinahe auf Leben und Tod hätte schlagen müssen. Von dieser Zeit an mißtraute d'Artagnan allen mit Wappen verzierten Sacktüchern und er steckte deshalb das von ihm aufgehobene, ohne ein Wort zu sagen, in die Tasche der Frau Bonacieux.

      In diesem Augenblick kam Frau Bonacieux wieder zu sich; sie schlug die Augen auf, schaute erschrocken um sich und sah, daß das Zimmer leer und sie mit ihrem Befreier allein war. Sie reichte ihm alsbald lächelnd die Hände. Frau Bonacieux besaß das reizendste Lächeln in der Welt.

      »Ah! mein Herr,« sprach sie, »Ihr habt mich gerettet. Erlaubt mir, daß ich Euch danke.«

      »Madame,« sagte d'Artagnan, »ich habe nicht mehr gethan, als jeder Edelmann an meiner Stelle gethan haben würde. Ihr seid mir also keinen Dank schuldig.«

      »Gewiß, mein Herr, gewiß, und ich hoffe, Euch beweisen zu können, daß Ihr keiner Undankbaren einen Dienst geleistet habt. Aber was wollten denn diese Menschen, die ich Anfangs für Diebe gehalten habe, und warum ist Herr Bonacieux nicht hier?«

      »Madame, diese Menschen waren bei weitem gefährlicher, als Diebe sein könnten; denn es sind Schergen des Herrn Cardinals, und was Euern Gatten, den Herrn Bonacieux, betrifft, so befindet sich dieser nicht hier, weil man ihn gestern verhaftet und nach der Bastille abgeführt hat.«

      »Mein Mann in der Bastille!« rief Frau Bonacieux; »o mein Gott, was hat er denn gethan, dieser arme liebe Mann, er ist ja die Unschuld selbst!«

      Und etwas wie ein Lächeln trat auf dem noch erschrockenen Antlitz der jungen Frau hervor.

      »Ah, was er gethan hat, Madame?« sprach d'Artagnan; »ich glaube, sein Verbrechen besteht einzig und allein darin, daß er zugleich das Glück und das Unglück hat, Euer Gatte zu sein.«

      »Aber, mein Herr, Ihr wißt also . . . «

      »Ich weiß, daß man Euch entführt hat, Madame.«

      »Und wer hat dies gethan? Wißt Ihr es? O! wenn ihr es wißt, so sagt es mir.«

      »Ein Mann von vierzig bis fünfundvierzig Jahren, mit schwarzen Haaren, dunkler Gesichtsfarbe und einer Narbe an der linken Schläfe.«

      »So ist es, so ist es, aber sein Name?«

      »Ah! sein Name? Ich weiß ihn nicht.«

      »Und mein Mann, wußte er, daß man mich gewaltsam weggebracht hatte?«

      »Er war von dem Entführer selbst davon benachrichtigt worden.«

      »Und hat er irgend einen Verdacht in Beziehung auf die Ursache dieses Ereignisses?« fragte Frau Bonacieux mit einer Verlegenheit.

      »Er schrieb dasselbe einer politischen Ursache zu.«

      »Anfangs zweifelte ich daran, und nun theile ich seine Ansicht. Also hat dieser gute Herr Bonacieux mich nicht einen Augenblick im Verdacht gehabt?«

      »Ach! weit entfernt, Madame. Er war zu stolz auf Eure Klugheit und besonders auf Eure Liebe.«

      Ein