Александр Дюма

Die drei Musketiere


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gewann, und deren Furcht gänzlich verschwunden war, wo sie einen Freund in demjenigen erkannte, den sie für einen Fein gehalten hatte.

      »Nein,« sprach d'Artagnan, »nein, ich gestehe es, der Zufall hat mich Euch in den Weg geführt. Ich sah eine Frau an das Fenster eines meiner Freunde klopfen.«

      »Eines Eurer Freunde?« unterbrach ihn Frau Bonacieux.

      »Allerdings; Aramis ist einer meiner besten Freunde.«

      »Aramis? wer ist dies?«

      »Geht doch! wollt Ihr etwa behaupten, Ihr kennet Aramis nicht?«

      »Ich höre zum ersten Mal seinen Namen aussprechen.«

      »Ihr kommt also auch zum ersten Mal an dieses Haus?«

      »Allerdings!«

      »Und Ihr wußtet nicht, daß es von einem jungen Menschen bewohnt war?«

      »Nein.«

      »Von einem Musketier?«

      »Keineswegs.«

      »Ihr habt also nicht ihn aufgesucht?«

      »Durchaus nicht. Ueberdieß habt Ihr wohl gesehen, daß die Person, mit der ich sprach, eine Frau war.«

      »Allerdings; aber diese Frau gehört wohl zu den Freundinnen von Aramis?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Da sie bei ihm wohnt.«

      »Das geht mich nichts an.«

      »Aber wer ist sie denn?«

      »Oh! das ist nicht mein Geheimniß.«

      »Liebe Frau Bonacieux, Ihr seid reizend, aber zugleich die geheimnißvollste Frau . . . «

      »Verliere ich dabei?«

      »Nein, Ihr seid im Gegentheil anbetungswürdig.«

      »Dann gebt mir den Arm.«

      »Sehr gerne; und nun? . . . «

      »Nun führt mich.«

      »Wohin?«

      »Wohin ich gehe.«

      »Aber wohin geht Ihr?«

      »Ihr werdet es sehen, da Ihr mich an der Thüre verlassen müßt.«

      »Soll ich Euch erwarten?«

      »Das wird unnöthig sein.«

      »Ihr werdet also allein zurückkehren?«

      »Vielleicht ja, vielleicht nein.«

      »Aber wird die Person, die Euch sodann begleitet, ein Mann oder eine Frau sein?«

      »Ich weiß es noch nicht.«

      »Das werde ich wohl erfahren.«

      »Wie dies?«

      »Ich werde Euch erwarten, um Euch herauskommen zu sehen.«

      »In diesem Falle adieu!«

      »Wie so?«

      »Ich bedarf Eurer nicht.«

      »Aber Ihr habt gebeten . . . «

      »Die Hilfe eines Edelmannes und nicht die Überwachung eines Spions.«

      »Das Wort ist etwas hart.«

      »Wie nennt man diejenigen, welche den Leuten ungeheißen folgen?«

      »Indiscrete.«

      »Das Wort ist zu weich.«

      »Nun, Madame, ich sehe wohl, daß man alles thun muß, was Ihr haben wollt.«

      »Warum habt Ihr Euch des Verdienstes beraubt, es sogleich zu thun?«

      »Gibt es nicht Menschen, welche zu bereuen wissen?«

      »Ihr bereuet also ernstlich?«

      »Ich weiß dies selbst nicht. Ich weiß nur so viel, daß ich Euch Alles zu thun verspreche, was Ihr haben wollt, wenn Ihr mich Euch bis dahin begleiten laßt, wohin Ihr geht.«

      »Und Ihr verlaßt mich sodann?«

      »Ja.«

      »Ohne mich bei meinem Austritt zu bespähen?«

      »Nein.«

      »Auf Ehrenwort?«

      »So wahr ich ein Edelmann bin!«

      »Gebt mir Euren Arm und dann vorwärts!«

      D'Artagnan bot seinen Arm der Frau Bonacieux, welche sich halb lachend, halb zitternd daran hing, und sie gewannen die Höhe der Rue de la Harpe. Hier angelangt, schien die junge Frau zu zögern, wie sie dies bereits in der Rue de Vaugirard gethan hatte. Aber sie erkannte wohl an gewissen Zeichen die Thüre, näherte sich dieser und sprach:

      »Nun, mein Herr, hier habe ich Geschäfte. Ich danke Euch tausendmal für das ehrenvolle Geleite, das mich vor allen Gefahren beschützt hat; aber der Augenblick, Wort zu halten, ist gekommen. Ich bin am Orte meiner Bestimmung.«

      »Und Ihr habt bei Eurer Rückkehr nichts mehr zu befürchten?«

      »Ich habe nur die Diebe zu fürchten.«

      »Ist das nichts?«

      »Was könnten sie mir nehmen? ich habe keinen Pfennig bei mir.«

      »Ihr vergeßt das schön gestickte Taschentuch mit dem Wappen.«

      »Welches?«

      »Das, welches ich zu Euren Füßen gefunden und wieder in Eure Tasche gesteckt habe.«

      »Schweigt, schweigt. Unglücklicher!« rief die junge Frau. »Wollt Ihr mich verderben?«

      »Ihr seht, daß immer noch Gefahr für Euch vorhanden ist, da Euch ein einziges Wort zittern macht und Ihr eingesteht, daß Ihr verloren wäret, wenn man dieses Wort hören würde. Ah! Madame,« fuhr d'Artagnan fort, indem er ihre Hand ergriff und mit glühenden Blicken betrachtete, »seid edelmüthiger, vertraut Euch mir an; habt Ihr nicht in meinen Augen gelesen, daß in meinem Herzen nur Ergebenheit und Mitgefühl herrschen?«

      »Allerdings,« antwortete Frau Bonacieux, »verlangt meine Geheimnisse von mir und ich werde sie Euch sagen; aber bei denen anderer ist mir dies nicht möglich.«

      »Gut,« sprach d'Artagnan, »ich werde sie zu entdecken wissen; da diese Geheimnisse Einfluß auf Euer Leben üben können, so müssen sie die meinigen werden.«

      »Hütet Euch wohl,« rief die junge Frau mit einem Ernst, der d'Artagnan unwillkürlich beben machte. »Oh! mischt Euch auf keinerlei Weise in meine Angelegenheiten, sucht mich nicht in der Erfüllung meiner Aufgabe zu unterstützen, ich bitte Euch darum, bei der Theilnahme, die ich Euch einflöße, bei dem Dienste, den Ihr mir geleistet habt, und den ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen werde. Glaubt vielmehr, was ich Euch sage. Beschäftigt Euch nicht mehr mit mir, ich sei für Euch gar nicht mehr vorhanden, es sei, als ob Ihr mich gar nicht gesehen hättet.«

      »Muß Aramis dasselbe thun, wie ich?« fragte d'Artagnan gereizt.

      »Ihr habt diesen Namen schon zwei- oder dreimal ausgesprochen, mein Herr, und ich sagte Euch doch, daß ich ihn nicht kenne.«

      »Ihr kennt den Mann nicht, an dessen Laden Ihr geklopft habt? Ihr haltet mich doch für gar zu leichtgläubig, Madame!«

      »Gesteht, daß Ihr, um mich zum Sprechen zu veranlassen, diese Geschichte erfindet und diese Person schafft.«

      »Ich erfinde nichts, ich schaffe nichts, Madame, ich sage die strenge Wahrheit.«

      »Und Ihr behauptet, einer von Euren Freunden wohne in diesem Hause?«

      »Ich behaupte und wiederhole es zum dritten Male, in diesem Hause wohnt mein Freund, und dieser Freund ist Aramis.«

      »Alles das wird sich später erklären, für jetzt, mein Herr, schweigt.«

      »Wenn Ihr mein Herz ganz unverhüllt sehen könntet,« sprach d'Artagnan, »so würdet Ihr darin so viel Neugierde lesen, daß Ihr Mitleid mit mir hättet, und so viel Liebe, daß Ihr sogleich eben diese Neugierde befriedigen würdet. Man hat