Александр Дюма

El Salteador


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und wenn ich mein Wort gegeben hätte, angenommen ich gäbe es.«

      »Dann lassen wir Dich zunächst nicht aus den Augen.«

      »Nach meinem Ehrenwerte wolltet Ihr mich nicht weiter reisen lassen?«

      »O,« entgegnete der Bandit, »wir leben nicht mehr in der Zeit, als die Juden von Burgos dem Cid tausend Mark Gold aus einen Kasten voll Erde liehen; wir sehen vorher hinein, nicht wie die würdigen Israeliten erst nach Auszahlung der tausend Mark.«

      »Elende!« murmelte Don Inigo.

      »Vater,« fuhr Dona Flor fort, die noch immer den Alten zu beruhigen suchte, »Vater um Gottes willen!«

      »Und wenn Ihr mich nicht aus den Augen lasset. . .«

      »Wir befestigen Dich mit einer haltbaren Kette an diesen eisernen Ring.«

      Bei diesen Worten zeigte der Bandit auf einen in der Wand festgemachten eisernen Ring, der allerdings zu solchem Zwecke angebracht zu seyn schien.

      »Wie einen Sclaven an die Kette legen!« sagte der Alte.

      Bei dieser Drohung, die allen Stolz in ihm aufregte, versuchte und bewirkte er eine so gewaltige und so rasche Bewegung, daß er den Banditen, der ihm das Knie aus, die Brust gesetzt hatte, drei Schritte von sich schleuderte und sich drohend auf ein Knie aufrichtete.

      Aber wie ein Felsen die Wogen zurückwirft, um von ihnen dann bedeckt zu werden, stürzten sich augenblicklich fünf oder sechs Banditen auf Don Inigo und entrissen ihm den Schwertgriff mit noch etwa zehn Zoll Klinge, den er festgehalten hatte, während der Mann mit dem Messer, im Aerger darüber, durch einen Greis hinweggeschleudert worden zu seyn, mit geschwungener Waffe zurückkam und schwur die letzte Minute des Gefangenen sey gekommen.

      Als die Klinge des Dolchmessers blitzte, stieß Dona Flor einen gräßlichen Schrei aus und eilte auf ihren Vater zu.

      Ein Bandit aber hielt Dona Flor zurück, ein Anderer faßte die Hand seines Gefährten.

      »Vicente! Vicente!« rief er auf die Gefahr hin, daß das drohende Messer sich gegen ihn wende, »was willst Du thun?«

      »Den Wüthigen kalt machen.«

      »Du wirst das nicht thun.«

      »Beim heiligen Jacob, das werden wir sehen!«

      »Du wirst es nicht thun, sage ich Dir; Du machst nur ein Loch in einen Sack mit Gold und durch dies Loch fällt unser Lösegeld, so daß wir nichts haben. Vicente, Du hast einen abscheulichen Charakter, wie ich Dir immer gesagt. Laß mich mit dem würdigen Herrn reden und Du wirst sehen, daß er Vernunft annimmt.«

      Der Bandit, den sein Camerad Vicente genannt hatte, erkannte ohne Zweifel die Richtigkeit der Bemerkungen und trat grollend zurück, das heißt er wich nicht aus dem Gemache hinaus, sondern wich nur ein paar Schritte, wie der verwundete Jaguar, immer bereit, von neuem über seine Beute herzufallen.

      Der Bandit, welcher sich als Unterhändler aufgeworfen hatte, nahm die Stelle Vicente’s ein.

      »Nun, Señor Caballero, nehmt Vernunft an; man wird Euch nicht an den eisernen Ring fesseln, sondern Euch nur in den Weinkeller einschließen, dessen Thür so fest ist wie die an den Kerkern von Granada, und eine Wache davor stellen.«

      »Wie, Elende, so denkt Ihr einen Mann von meinem Range zu behandeln?«

      »Vater, ich werde bei Euch seyn; ich verlasse Euch nicht.«

      »Mein schönes Kind,« sagte einer der Banditen, »das können wir Euch nicht versprechen.«

      »Was könnt Ihr mir nicht versprechen?«

      »Daß Ihr immer bei eurem Vater bleibet.«

      »Mein Gott, und was gedenkt Ihr mit mir zu thun?« fragte Dona Flor.«

      »Was wir mit Euch thun werden?« entgegnete der Unterhändler. »Wir sind keine vornehmen Herren, um Euch dies sagen zu können. Die Mädchen von eurem Alter, von eurer Schönheit und eurem Stande sind die besondere Beute des Hauptmannes.«

      »Mein Gott!« flüsterte Dona Flor, während der Vater einen Zornlaut aussprach.

      »Ach, erschreckt nicht,« sagte der Bandit lachend, »unser Hauptmann ist jung, schön und soll auch aus guter Familie seyn. Was also auch geschehen mag, guter Mann, einen Trost werdet Ihr haben: wäret Ihr auch so adelig wie der König, eine Mißheirath wird’s nicht.«

      Erst bei diesen Worten erkannte Dona Flor ganz das Gräßliche des Schicksals, das ihr vorbehalten seyn konnte; mit einer gedankenschnellen Bewegung nahm sie aus ihrem Strumpfbande einen kleinen nadelspitzen Dolch, dessen Klinge sofort auf ihrer Brust blitzte.

      Die Banditen sahen die Bewegung, wichen einen Schritt zurück und Dona Flor stand von neuem frei, an der Wand, ruhig, aber entschlossen wie eine Statue der Festigkeit.

      »Was bestehlt mein Vater?« fragte sie.

      Das Auge des züchtigen Kindes bewies wie die Stimme, daß die spitze Klinge auf das erste Wort des Vaters bis an das Heft in das Herz eindringen soll.

      Don Inigo antwortete nicht, da ihm aber die gefahrvolle Lage für den Augenblick die Kraft des Jünglings wiedergab, so warf er mit einer eben so heftigen als unerwarteten Bewegung die beiden ihn haltenden Räuber von sich, war mit einem Sprunge auf und rief, indem er die Arme ausbreitete:

      »Hierher, mein Kind!«

      Dona Flor flog an die Brust ihres Vaters, gab ihm den Dolch und sagte halblaut:

      »Vater, Vater, gedenke des Römers, dessen Geschichte Du mir erzählt hast und der Virginius hieß!«

      Kaum hatte sie diese Worte gesprochen, als ein Bandit, der die Hand nach ihr ausgestreckt, zu Don Inigo’s Füßen nieder sank, denn er war ins Herz von dem dünnen Dolche getroffen, der mehr wie ein Spielzeug als wie eine Waffe aussah.

      In demselben Augenblick erhob sich ein unermeßlicher Zornesausruf in der Venta. Zehn Messer öffneten sich, zehn Dolche fuhren aus ihren Scheiden, zehn Schwerter blitzten und bedrohten gleichzeitig die beiden Gefangenen, welche nun sterben zu müssen meinten, einen letzten Kuß tauschten, ein letztes Gebet murmelten, die Arme gen Himmel erhoben und gleichzeitig ausriefen:

      »Stoßet zu!«

      »Nieder mit ihnen! Nieder!« schrien die Banditen, die mit geschwungenen Waffen auf den Alten und das Mädchen stürzten.

      Mit einem Male aber hörte man, daß ein kräftiger Faustschlag eine Fensterscheibe zertrümmerte. Ein junger Mann ohne eine andere Waffe als einen baskischen Dolch im Gürtel sprang gewandt in das Zimmer herein und fragte mit einer offenbar an Befehlen gewöhnten Stimme:

      »Was geht da vor?«

      Bei dieser Frage, die nicht überlaut gesprochen wurde, schwieg das Geschrei, die Messer klappten zu, die Dolche und Schwerter verschwanden in den Scheiden und Alle traten bei Seite, so daß Vater und Tochter, die sich umschlungen hielten, in einem weiten Kreise dem Angekommenen gegenüberstanden.

      Siebentes Capitel.

      El Salteador

      Derjenige, dessen plötzliche, offenbar von den Bedrohenden so wenig als von den Bedrohten erwartete Ankunft eine so auffallende Wirkung hervorgebracht hatte, verdient es, sowohl nach der Art seines Auftretens als nach der Rolle, die er in dieser Geschichte zu spielen hat, daß wir einen Augenblick die Erzählung unterbrechen, um ihn den Lesern zu beschreiben.

      Er war ein Mann von sieben- oder achtundzwanzig Jahren, in der Tracht eines andalusischen Gebirgsbewohners, der sich indeß durch große Eleganz auszeichnete.

      Sie bestand in einem breitkrämpigen grauen Hute mit zwei Adlerfedern, einem gestickten Lederwams, wie es heute noch die Jäger von Cordova tragen, wenn sie in die Sierra Morena gehen; in einem algierschen Gürtel aus Seide und Gold, in kurzen Beinkleidern von fleischfarbenem Sammt mit ciselirten Knöpfen, in Stiefeln von demselben Leder wie das Wams, an der Seite geschnürt, aber nur am Knöchel, so daß sie den Strumpf sehen ließen und an der Wade offen standen.

      Ein einfacher Dolch, wie ihn die pyrenäischen Bärenjäger tragen, das