Александр Дюма

El Salteador


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war, wie schon gesagt, die einzige Waffe des jungen Hauptmannes, denn offenbar war der ein Anführer, dessen Stimme so unmittelbaren Einfluß auf die Männer des Raubes und Blutes übte, die vor ihr bei Seite getreten traten.

      Außerdem trug er einen quergestreiften Mantel wie ihn heute noch die andalusischen Majas tragen und den er so majestätisch um sich schlug wie ein Kaiser seinen Purpur.

      Der Bandit, welcher früher zur Beruhigung Don Inigo‘s behauptet, der Hauptmann sey nicht nur jung und schön, sondern habe auch ein so vornehmes Aussehen, daß er allgemein für einen Edelmann gelte, hatte nicht zu viel gesagt und keine geschmeichelte Schilderung entworfen.

      Dona Flor gab bei dem Erscheinen des jungen Mannes laut ihr Erstaunen zu erkennen und es glich dies einem Freudenrufe, als sey die Ankunft des Unbekannten keineswegs eine Verstärkung der Banditen, als vielmehr eine Hilfe die der Himmel ihr und ihrem Vater sende.

      Don Inigo erkannte sofort, daß er von diesem Augenblick an mit der Bande nichts mehr zu schaffen habe, sein und seiner Tochter Schicksal vielmehr von dem jungen Manne abhänge.

      Indeß begnügte er sich, als sey er zu stolz zuerst zu sprechen, die Spitze des noch blutbefleckten Dolches auf die Brust seiner Tochter zu setzen.

      So wartete er und der Salteador nahm zuerst das Wort.

      »Ich zweifle nicht an eurem Muthe, Senior.« sagte er, »aber ich halte es für eine große Anmaßung, wenn Ihr glaubt, Euch mit dieser Nadel gegen zwanzig mit Dolchen und Schwertern bewaffnete Männer vertheidigen zu können.«

      »Es wäre allerdings Wahnwitz, wenn ich das Leben zu erhalten gedächte,« antwortete Don Inigo, »da ich aber nur meine Tochter und nach ihr mich selbst tödten will, so hielt und halte ich dies nicht nur für möglich, sondern für leicht.«

      »Und warum wolltet Ihr die Señora und Euch selbst tödten?«

      »Weil wir von Schimpf bedroht sind, den wir dem Tode vorziehen.«

      »Ist die Señora eure Gattin?«

      »Sie ist meine Tochter.«

      »Wie hoch haltet Ihr euer Leben und ihre Ehre?«

      »Mein Leben tausend Kronen; ihre Ehre steht über jedem Preis.«

      »Das Leben schenke ich Euch, Señor, antwortete der Salteador, »und die Ehre der Señora ist hier so sicher wie in ihrem Gemache, unter der Obhut ihrer Mutter.

      Die Banditen gaben ihre Unzufriedenheit murrend zu erkennen.

      »Geht Alle hinaus!« rief der Salteador, indem er die Hand ausstreckte und sie so hielt, bis auch der letzte der Banditen das Zimmer verlassen hatte.

      Nachdem dies geschehen, machte der Salteador die Thür zu und kehrte zu Don Inigo und Dona Flor zurück, die ihm verwundert und besorgt nachsahen.

      »Ihr müsset ihnen verzeihen, Señor,« sagte er; »sie sind rohe Männer, nicht Edelleute wie wir.«

      Don Inigo und Dona Flor sahen mit weniger Besorgniß, aber größerer Verwunderung, den Banditen an, der sich einen Edelmann nannte und durch sein Benehmen wie durch seine Haltung noch mehr als durch seine Worte bewies, er lüge nicht.

      »Señor,« sagte das Mädchen, »mein Vater scheint keine Worte zu finden, Euch zu danken, erlaubt also, daß ich Euch in seinem und meinem Namen Dank darbringe.«

      »Er hat in eurem Munde, Señora, einen Werth, den ihm selbst die Lippen eines Königs nicht zu geben vermöchten,« antwortete der Salteador, der sich sodann an den alten Herrn wendete und fortfuhr: »Ich weiß, daß Ihr euern Weg schnell fortzusetzen wünschet; wohin reiset Ihr?«

      »Nach Granada, wohin der König mich beschieden hat.«

      »Ach ja,– entgegnete der Salteador mit einem halb bittern, halb spöttischen Lächeln, ›das Gerücht von seiner Ankunft ist auch zu uns gedrungen; wir sahen gestern die Soldaten vorüberziehen, welche das Gebirge durchstreifen; er will, wie man sagt, daß ein zwölfjähriges Kind mit einem Beutel Gold in jeder Hand von Granada nach Malaga gehen könne, ohne daß es unterwegs Jemanden treffe, der etwas Anderes zu ihm sage, als den gewöhnlichen Reisegruß: Geht in Frieden mit Gott!‹

      »Das ist allerdings sein Wille,« sagte Don Inigo; »und ich weiß, daß darauf bezügliche Befehle ergangen sind.«

      »Und in welcher Zeit will der König Don Carlos diese Eroberung des Gebirges durchführen?«

      »Er hat dem Oberrichter nur vierzehn Tage dazu gegeben.«

      »Wie schade, Señora,« sagte der Salteador zu Dona Flor, »daß Ihr gerade heute hier erscheint und nicht nach drei Wochen; Ihr würdet dann statt der Banditenschaar, die Euch erschrecket hat, nur ehrliche Leute gefunden haben, die Euch wünschten: Geht in Frieden mit Gott! die Euch im Nothfalle zum Schutze begleitet hätten.«

      »Wir haben ein noch größeres Glück gehabt, Señor,« entgegnete das Mädchen, »da wir einen Edelmann trafen, der uns die Freiheit gab.«

      »Dafür habt Ihr nicht mir zu danken,« antwortete der Salteador; »ich folge einer Macht, die größer ist als mein Wille, stärker als mein Temperament.«

      »Welcher Macht?«

      Der Bandit zuckte die Achseln.

      »Ich weiß es nicht,« sagte er; »ich bin leider ein Mensch, der stets seinem ersten Gefühle nachgibt. Ich weiß nicht, welche Verbindung zwischen meinem Herzen und meinem Kopfe, meinem Kopfe und meiner Hand, meiner Hand und meinem Degen besteht, welche mich bald zum Guten, bald zum Bösen treibt, aber öfter zum Bösen als zum Guten. Dieses Gefühl hat mir, sobald ich Euch erblickte, den Zorn aus dem Herzen genommen und ihn weit von mir geschleudert, so weit, daß ich, auf Edelmannswort, ihn gar nicht wieder finden konnte.«

      Don Inigo hatte den jungen Mann angesehen, während derselbe sprach, und er empfand in seinem Herzen seltsamer Weise ein Gefühl gleich dem, welches der Salteador halb spottenden, halb innigen Worten zu schildern versuchte.

      Dona Flor wiederum hatte sich langsam ihrem Vater genähert, nicht aus Furcht, sondern weil sie im Gegentheil bei dem Tone der Stimme des jungen Mannes etwas ganz Ungewöhnliches fühlte, das wie ein Wonneschauer durch ihre Adern sich verbreitete und daß am Arme des Vaters sie die Schuldlose, einen Schutz gegen dieses ihr neue und unbekannte Gefühl suchte.

      »Junger Mann,« sagte Don Inigo in Bezug auf die letzten Worte des Salteadors, »was Ihr für mich empfunden habt, fühle ich für Euch; mich hat also nicht das Unglück, sondern das Glück heute hierhergeführt, nicht erst nach drei Wochen, denn nach drei Wochen wäre es vielleicht zu spät gewesen, Euch einen entsprechenden Gegendienst zu erweisen.«

      »Mir einen Dienst?« sagte der Bandit lächelnd und seine Züge, die sich leicht verzogen, schienen sagen zu wollen: »Der müßte allmächtig seyn, der mir den einzigen Dienst erwiese, der mir erwiesen werden kann.«

      Don Inigo fuhr fort, als verstehe er, was in dem Herzen des jungen Mannes vorging:

      »Der barmherzige Gott hat in dieser Welt einem Jeden seinen Platz angewiesen; den Ländern gab er die Könige; den Königen die Edelleute, welche ihre natürliche Begleitung sind; den Städten die Bewohner: Bürger, Handelsleute und Volk; den Meeren die wagenden Schiffer, welche jenseits der Oceane vergessene Welten wieder finden, oder neue entdecken wollen; er gab dem Gebirge die raubsüchtigen Männer und gleichzeitig die blutgierigen Raubthiere, um anzuzeigen, daß er beide gleich stelle und diese Männer auf die unterste Stufe der Menschheit.«

      Der Salteador machte eine Bewegung.

      »Lasset mich reden,« fuhr Don Inigo fort.

      Der junge Mann nickte zustimmend.

      »Nun,« fuhr der alte Herr fort, »da man aber Menschen außer dem Kreise findet, in den Gott der Herr sie als Wesen derselben Art, aber verschiedenen Werthes, eingeschlossen hat, muß eine große gesellschaftliche Erschütterung oder irgend eine gewaltige Familiencatastrophe sie aus ihrem Kreise hieraus in einen fremden geworfen haben. So ist ein Jeder von uns beiden einen verschiedenen Weg gegangen, obwohl wir dazu geboren waren, als Edelleute im Gefolge der Könige zu seyn. Das Schicksal machte aus mir einen Seefahrer, aus Euch. . . «

      Er