zu bewilligen den Dienern seiner Kirche gestattet ist. Die Mönche, die das Wort des Herrn unter dieser Welt von Verworfenen zu verbreiten beauftragt waren, mußten an lichtscheue Geständnisse gewöhnt sein, und wenn nicht die Absolution, – wie es übrigens der Reisende hatte durchblicken lassen, – nur von den höchsten Gipfeln der geistlichen Hierarchie aus ihn herabsteigen konnte, so war, wir wiederholen es, die Gelegenheit schön, und es lohnte sich für ihn wohl der Mühe, daß er in einem dieser Tempel anhielt und einem von diesen Mönchen zu beichten suchte, welche oft kaum, – sei es wegen ihrer Tracht, sei es wegen ihrer Sprache, sei es sogar wegen ihrer Sitten, – von den Zigeunern aller Art, unter denen sie lebten, zu unterscheiden waren
Doch der Fremde ging an der Kirche Santa Maria Nova vorüber, ohne anzuhalten, und zog seines Weges; nach ungefähr einer Meile aber fand er die Straße versperrt durch ein gewölbtes Thor, das sich einerseits an die Ringmauer der St. Valentins»Kirche, andererseits an die Außenwerke eines befestigten Schlosses anlehnte, über dessen Wall man den Gipfel des Grabes von Cäcilia Metella erblickte.
Außer dem großen gewölbten Thore, von dem wir gesprochen, gewährte ein anderes, fünfzehn Schritte von der Straße rechts stehendes Thor Eingang in den Hof dieser Feste, die den Gaëtani, den Neyoten von Bonifaz VIII,, gehörte, welche es versuchten, durch Räubereien die riesenhafte Macht wieder an sich zu reißen, die sie in den ersten Jahren des Papstthums von Benedetto Gaëtano erlangt hatten, als die Könige von Ungarn und von Sicilien diesen, zu Fuße gehend und den Zaum seines Pferdes haltend, nach San Giovanni di Laterano führten, – eine Macht, die sie allmälig wieder verloren seit der Ohrfeige, welche der Papst und das Papstthum von der Hand von Colonna in der Person ihres Vorfahren erhielten.
Das Grab von Cäcilia Metella spielte für die Gaëtani dieselbe Rolle, welche das Grab von Aurelius Cotta für die Corsini spielte: es diente ihnen nämlich als Hauptfeste.
Von allen Gräbern der Via Appia war übrigens vielleicht das der Frau von Crassus, der Tochter von Metellus dem Kritiker, das, wie es noch heute ist, am Besten erhaltene. Der kegelförmige Gipfel war allein verschwunden, um einer mit Zinnen versehenen Plattform Platz zu machen, und eine von den neuen Werken auf den alten Bau gesprengte Brücke führte von den Wällen nach der riesigen Bastei.
Erst fünfundsiebzig Jahre später sollte das Grab der edlen, geistreichen, künstlerischen, Poetischen Frau, welche in ihrem Hause Catilina, Cäsar, Pompejus, Cicero, Lucullus, Terentius Varo, kurz Alles vereinigte, was Rom an Adel, Eleganz und Reichthum besaß, auf Befehl von Papst Paul III. ausgegraben werden, der die ihre Asche enthaltene Urne in eine Ecke des Vestibule des Farnesischen Palastes bringen ließ, wo man sie noch sieht.
Diese Frau mußte einen sehr großen Werth haben, daß ihr nach ihrem Tode Crassus ein solches Grab errichten ließ. – Ihr Grab und die Cäsar geliehenen fünfzehn Millionen sind die einzigen Flecken im Leben von Crassus.
Wie die Feste der Orsini auf der Villa des Quintilian erbaut war, so war die Feste der Gaëtani auf dem Boden erbaut, den einst die ungeheure Villa von Julius Atticus bedeckt hatte. Die Geschichte von Julius Atticus ist minder tragisch als die des Quintilian, ohne weniger seltsam zu sein. – Zum Präfecten von Asien durch den Kaiser Nerva ernannt, fand er, die Festung von Athen zerstörend, einen ungeheuren Schatz. Erschrocken beim Anblicke dieser Reichthümer, schrieb er an den Nachfolger von Domitian und den Vorgänger von Trajan und meldete ihm sein Glück, doch der Kaiser, der kein Recht auf diesen Schatz zu haben glaubte, erwiederte ihm nur: »Desto besser für Dich!« mit einem Ausrufungszeichen.
Diese Antwort befriedigte aber Julius Atticus nicht ganz; er befürchtete, Nerva glaubte, er habe einen gewöhnlichen Schatz, etwas Elendes wie ein paar Millionen Sestertien gefunden. Demzufolge nahm er die Feder und schrieb abermals an den Kaiser: »Cäsar, der Schatz, den ich gefunden, ist ein bedeutender Schatz.«
Nerva hielt es jedoch nicht für angemessen, etwas Anderes zu erwiedern, als das, was er schon in seinem ersten Briefe erwiedert hatte, wobei er nur ein zweites Ausrufungszeichen beifügte: »Desto besser für Dich!!«
Julius Atticus hatte ein ängstliches Gewissen; er befürchtete, dem Kaiser in seinen zwei ersten Briefen keinen hinreichenden Begriff von den Reichthümern, die er sich nicht anzueignen wagte, gegeben zu haben, und schrieb zum dritten Male:
»Aber, Cäsar, der Schatz, den ich gefunden, ist ungeheuer.«
»Desto besser für Dich!!!« antwortete der Kaiser, indem er ein drittes Ausrufungszeichen den zwei ersten beifügte.
Dieses dritte Ausrufungszeichen beruhigte Julius Atticus; er zögerte nicht mehr, sich den Schatz anzueignen, der in der That so groß war, daß er, nachdem er seinem Sohne 6,300,000 Franken, um Bäder zu bauen, gegeben, nachdem er einen Palast in Athen, einen Palast in Rom, einen Palast in Neapel und Villas überall errichtet, nachdem er mit sich von Attica fünfzehn bis zwanzig Philosophen, fünfzehn bis zwanzig Dichter, zehn bis zwölf Tonkünstler, sechs bis acht Maler, für deren Bedürfnisse er so freigebig sorgte, daß Jeder von ihnen ein Leben führte, daß man ihn für einen Senator halten konnte, in seine Heimath zurückgebracht, nachdem er dreißig Millionen dem Kaiser und sechzig Millionen seinem Sohne hinterlassen, noch neunzig Franken Leibrente jedem Athenienser vermachen konnte.
Ach! wie Karl der Große beim Anblick der Normannen über den Verfall des Reiches weinte, so konnte Julius Atticus, trotz seiner Millionen, über den Verfall seines Geschlechtes weinen. Dichter, Redner, Künstler, Vater eines Redners, sah er seinen Enkel so entartet hinsichtlich der erblichen Intelligenz, daß, um ihn lesen zu lehren, sein Vater Herodes Atticus genöthigt war, ihm vierundzwanzig Sklaven zu geben, welche die vierundzwanzig Buchstaben des Alphabets vorstellten und von denen jeder aus seiner Brust die Figur des Buchstaben, dem er entsprach, trug.
Diese ganze Oertlichkeit, – Grab von Cacilia Metella, Villa von Julius und Herodes Atticus, Circus von Mazentius, der nur etwa hundert Schritte davon entfernt ist, Alles dies gehörte Enrico Gaëano, und stand für den Augenblick unter dem Befehle von Gaëtano von Agnani, einem Bastard der Familie.
Die Gaëtani hatten den Flecken Agnani bewohnt, wohin sich während seiner Streitigkeiten mit dem König von Frankreich der Papst Bonifaz VIII. geflüchtet, und hatten ihn mit Bastarden bevölkert.
In der Stunde, zu der wir gekommen sind, nämlich gegen Mittag, belustigte sich Gaëtano der Bastard, – dies war der Name, den man ihm gab, – damit, daß er seine Garnison in Circus von Maxentius übte.
Diese Garnison bestand hauptsächlich aus Engländern, Deutschen und Gebirgsleuten, Basken, Picmontesen, Tyrolern, Schweizern, Schottländern, Bauern der Abruzzen.
Dadurch, daß sie sich beständig an einander rieben, miteinander lebten, denselben Bedürfnissen unterworfen waren, dieselben Gefahren liefen, hatten sich diese Leute unter sich eine Art von Sprache geschaffen, ähnlich jenem Patois, das man aus den Küsten des Mittelländischen Meeres spricht, und mit dessen Hilfe die Reisenden die Wanderung um den großen See machen können, den die Alten das Innere Meer nannten. Diese Sprache genügte für den, Austausch ihrer Gedanken und für die Mittheilung ihrer Wünsche.
In demselben Patois gab ihnen auch ihr Anführer seine Befehle.
Am Tage des Kampfes beseelte ein Geist diese Menschen; man hätte glauben sollen, es seien Landsleute, Freunde, beinahe Brüder; war aber das Schlachtfeld geräumt, so gewannen für die Garnison die verschiedenen Nationalitäten wieder die Oberhand: der Engländer ging zum Engländer, der Deutsche zum, Deutschen, der Gebirgsmann zum Gebirgsmann.
Sie waren also, nach ihrer Gewohnheit an Ruhetagen und in Garnisonsstunden, in Gruppen abgetheilt, und jede Gruppe vertrat gewisser Maßen ein Volk; das Gefühl der Nationalität, welches besonders in der Fremde vorherrscht, war das Element der Anziehung und des Zusammenhangs, das diese Söhne derselben Erde vereinigte; indem sie mit einander die Sprache ihres Landes sprachen, indem sie sich mit den Uebungen ihrer Heimath belustigten, gab eine Illusion des Augenblicks dem Engländer die Nebel Britanniens, dem Deutschen das Gemurmel der germanischen Flüsse, dem Gebirgsmann den Schnee seiner Alpenspitzen zurück, und solche Illusionen trösteten diese verhärteten Herzen, liebkosten diese rohen Phantasien, denn sie glaubten sich in ihrem Heimathlande.
Die Einen schossen mit dem Bogen; – das waren englische Schützen, Ueberreste von jenen großen