Александр Дюма

Olympia von Clèves


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böser Mensch und will folglich nicht lügen. Befragen Sie mich über meinen Beruf?«

      »Allerdings.«

      «Wohl denn, mein Vater, ich will Ihnen freimütig antworten. Seitdem ich in Ihrem Abrahams Opfer gespielt, seitdem ich Ihre schönen Verse gesprochen, seitdem ich diesen Reichtum Ihrer Ideen, vermischt mit dem Adel Ihrer Gefühle, gekostet habe. . .«

      »Man wird sehen,« rief der Pater de la Sante, »der Unglückliche schiebt Alles auf mich.«

      »Gewiss, mein Vater, und das ist Gerechtigkeit,« erwiderte Banniére. »Ich dachte nicht an das Theater. Wer hat mir die Idee gegeben? Sie. Ich wusste nicht was eine Rolle ist. Wer hat mir den Isaak zugeteilt, Sie. Wer hat ihn mich probieren lassen, wer hat mich mit seinem Rate geleitet, wer hat mich durch seien Beifall aufgemuntert? Abermals Sie, mein Vater, immer Sie.«

      »Aber, Unglücklicher! Unglücklicher! was sagst Du denn da?«

      »Ich sage, mein Vater, wenn Sie aus Abrahams Opfer ein französisches Trauerspiel gemacht hätten, statt eines lateinischen . . .«

      »St!«

      »Ich sage, daß zu dieser Stunde, statt in einem armen Jesuitencollegium gespielt zu werden, Ihre Tragödie auf allen Theatern Frankreichs gespielt würde.«

      »Stille doch!«

      »Vor dem Hofe, vor dem König gespielt würde. Oh! was für schöne französische Verse hätte man aus solchen lateinischen Versen gemacht.«

      Si placet innocuo firmatum sanguine foedus, Jungere . . .

      »Ich habe sie gemacht, Unglücklicher!« rief der Pater de la Sante. Und er fing an zu deklamieren:

      S'il faut, pour consacrer la devine alliance, Repandre dans ce jour le sang de I'innocence.5

      Dann sich unterbrechend rief der Jesuit:

      »Mein Gott! was mache ich denn da? Es ist wahr,« fuhr er, indem er einen Seufzer ausstieß, fort, »ich würde eben so gut französisch« Tragödien gedichtet haben, als dieser verruchte Arouet, wenn ich gewollt hätte.«

      »Dann, mein Vater,« erwiderte Banniére, der während dieses ganzen Gesprächs fortwährend Vorteil errungen hatte, »dann können Sie mir nicht grollen, Sie, der Sie französische Tragödien machen, daß ich den Wunsch habe, sie zu spielen. Ich habe immer sagen hören, ohne Anfang würde es kein Ende, ohne Ursachen keine Wirkung geben. Sie sind der Anfang, ich bin nur das Ende; Sie sind die Ursache, ich bin nur die Wirkung.«

      »Dies, mein Sohn,« erwiderte der Pater de la Sante, erschrocken über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, und besonders über die Verantwortlichkeit, die man ihm zuschieben wollte, »dies ist eine zu ernste Frage, als daß ich nur so ex abrupto darauf antworten sollte. Morgen, übermorgen, später werden wir das Gespräch wieder aufnehmen.«

      »Ich bitte, mein Vater, noch einige Minuten,« sagte dringend Banniére, indem er den Jesuiten beim Gürtel fasste.

      »Nicht eine Sekunde!« rief der Pater de la Sante, »horch! horch! es schlägt zwei Uhr, und der ehrwürdige Pater Provisor Mordon erwartet mich zur Meldung.«

      Und der Autor von Abrahams Opfer machte seinen Gürtel von den Händen des jungen Mannes frei, verschwand im Gange und ließ Isaak Banniére in der tiefsten Verlegenheit zurück.

       V.

      Der ehrwürdige Pater Mordon

      Die Verlegenheit war um so größer bei dem Novizen, als der Pater de la Sante das Wort Meldung ausgesprochen hatte.

      Diese Meldung war der Schrecken der Novizen.

      Man nannte in der Tat Meldung eine Art von Revue, bei der der Superior singulatim die Meldungen jedes beim Noviciat angestellten oder demselben beigegebenen Professors empfing, abgesehen von gewissen Meldungen von Zöglingen, welche mehr geneigt waren, als die Anderen, das Licht der Gnade oder die Gnade des Lichtes, wie man will, aus die Werke ihrer Kameraden herabzurufen.

      Der unglückliche Banniére kannte diese jesuitische Gewohnheit. Den venezianischen Denunziationen oder der portugiesischen Inquisition ähnlich, erschien die Meldung den Opfern, die sie machte, mit den erschrecklichen Verhältnissen des Unbekannten; es war eine Wolke, die man nie sich bilden sah, aus der aber in einem gegebenen Augenblick, und beinahe immer in dem, wo man es am wenigsten erwartete, ohne Blitze oder Rauch der Donner und der Hagel hervorgingen.

      Es war in der Tat der Gebrauch, daß jedes Wort, jeder Gedanke, jede Handlung der Novizen vor das unversöhnliche Tribunal des Superiors gebracht wurden. Die Folge der Meldung war aber für diejenigen, welche sie betraf, das Vorurteil vor Allem, die Erklärung zuweilen, die Strafe immer.

      Es versteht steh von selbst, daß jeder vom Superior befragte Jesuit diesem einen getreuen Bericht über Alles das schuldig war, was ihn der Superior fragte, und sollte dieser Bericht auch die ihm teuersten Personen, einen Freund, einen Verwandten, einen, Bruder, gefährden.

      Kaum war auch Banniére, den, wir wir gesehen, der Pater de la Sante in der Kirche verlassen hatte, in seine Zelle zurückgekehrt, als ein Cuistre, so nannte man die, Diener, seine Thür öffnete, welche dem Novizen unter keinen Umständen geschlossen zu halten gestattet war.

      Das Noviciat der Jesuiten war eine grässliche Probezeit: es handelte sich darum, das Werk der Natur, das man den Menschen nennt, zu brechen, zu zerstören zu vernichten, um daraus den Sklaven des Ordens zu machen, den man den Jesuiten nannte. Für diese Verwandlung wurde kein Mittel vernachlässigt, von der berauschendsten Verführung bis zu den grausamsten Martern. So macht man es mit den Thieren, die man zähmt und, um zu diesem Ziele zu gelangen, der drei ersten Bedürfnisse der belebten Materie, nämlich des Lichtes, der Nahrung und des Schlafes beraubt.

      Man entnervte jeden Widerstand durch die Dunkelheit, durch die Nachtwachen und durch den Hunger. Der Noviz schlief jenen in der Jugend so sanften Schlaf, man entzog ihn plötzlich dieser Ruhe, und ohne Beweggrund, ohne Nutzen, ohne einen andern Zweck, als den, den Leib und den Geist zum passiven Gehorsam zu führen, befahl man ihm, hundertmal im Garten aus und abzugehen, oder das Amt der Jungfrau zu sprechen. Starb er fast Hungers, und er war im Begriff, ein gutes Mahl einzunehmen, so kam in dem Augenblick, wo er das erste Stück in den Mund schieben wollte, der Befehl, einer Konferenz von zwei, von drei, von vier, von fünf Stunden beizuwohnen. Strebte er mit zu großem Verlangen nach den ersten Sonnenstrahlen des Mai, nach den ersten Frühlingsblüten, welche mit den Wohlgerüchen der jungen Blumen aus ihren Flügeln das Leben und die Gesundheit zu bringen scheinen, so steckte man ihn aus einen Tag, aus zwei Tage, oft auf eine Woche, zuweilen aus einen Monat in ein finsteres Gewölbe, wo ihm statt jedes Duftes die Ausströmung des Grabes, statt jeder Lust jener unterirdische Wind zukam, der so traurig an den Ecken der Pfeiler klagt, welche die Gruftgewölbe tragen. Dann, wenn die Seele und der Geist eingeschläfert waren und zum Willen nur noch den höheren Willen hatten, der bei der großen, wunderbaren Verbindung präsidierte, die man die Gesellschaft Jesu nannte, ward der Noviz in den Schoß des Ordens ausgenommen, und da wurde er nach seinem Verstand, nach seinem Wissen, nach seiner Fähigkeit, nach seinem Genie entweder einfacher Bruchstein, oder Eckstein, oder Gewölbeschlüssel des ungeheuren Gebäudes, errichtet im Schatten durch die schwarzen Arbeiter, welche nach der Weltherrschaft strebten.

      In dem Moment, wo der Diener an der Thür von Banniére erschien, hatte dieser noch nicht Zeit gehabt, seinen unglücklichen Herodes zu verbergen, und er suchte mit allen Augen einen Winkel, dem er ihn anvertrauen könnte.

      Der Cuistre unterbrach ihn in dieser wichtigen Operation und sagte Banniére, der Pater Provisor rufe ihn.

      Woraus Banniére nur dadurch antwortete, daß er seine Tasche platt machte und dem Diener zu folgen sich entschloss.

      Zwei Minuten nachher stand er dem Superior gegenüber.

      Der Pater Mordon, der Superior der Jesuiten von Avignon, war in physischer und moralischer Hinsicht der vollkommenste Gegensatz, den mau für den Pater de la Sante finden konnte; groß, mager, blass in jener Blässe des Elfenbeins, Besitzer eines Kopfes mit ungeheurer Stirne, mit zwei starren Augen, welche, wenn sie sich lange aus denselben Gegenstand