Glanz ihres Hauses behauptet, so daß ihr Gefolge fortwährend eines der glänzendsten der umliegenden Schlösser war.
Einige Zeit nach dem Tode des Grafen vermehrte sich der Hausstand der Wittwe von Ronsdorf um einen jungen Pagen, wie sie sagte, den Sohn einer ohne Vermögen gestorbenen Freundin. Er war ein schöner Knabe, kaum drei bis vier Jahre älter als Emma, und bei dieser Veranlassung verleugnete die Gräfin ihren Ruf großmüthiger Güte nicht. Der kleine Waise wurde von ihr wie ein Sohn aufgenommen, mit ihrer Tochter erzogen, und theilte mit dieser die Liebkosungen der Wittwe, und das auf eine so gleiche Weise, daß es schwer war zu unterscheiden, welches von den beiden ihr eigenes oder ihr angenommenes Kind wäre.
So wuchsen sie mit einander heran, und viele sagten, daß sie für einander bestimmt wären; als zum großen Erstaunen des Adels an den Ufern des Rheines der damals achtzehn Jahre alte junge Graf Ludwig von Godesberg mit der kleinen Emma von Ronsdorf verlobt wurde, die erst zehn Jahre alt war; nur wurde zwischen dem alten Landgrafen und der Wittwe bestimmt, daß die Verlobten noch fünf Jahre warten sollten, bevor sie Gatten würden.
Während dieser Zeit wuchsen Emma und Albert heran; der eine wurde ein schöner Knappe, und die andere ein anmuthiges junges Mädchen; die Gräfin von Ronsdorf hatte übrigens mit außerordentlicher Sorgfalt die Fortschritte ihrer Freundschaft beaufsichtigt und mit Vergnügen erkannt, daß, so groß ihre Zuneigung auch war, diese doch durchaus nicht den Charakter der Liebe hatte. Inzwischen war Emma dreizehn und Albert achtzehn Jahre alt; ihr Herz stand gleich der Knospe einer Rose im Begriffe, sich bei dem ersten Hauche des Jünglingsalters zu öffnen; dieser Moment war es, den die Gräfin für sie fürchtete. Unglücklicher Weise wurde sie zu jener Zeit selbst krank; einige Zeit lang hoffte man, daß die Kraft der Jugend (die Gräfin Wittwe war kaum vierunddreißig Jahre alt) über die Hartnäckigkeit der Krankheit siegen würde. Man täuschte sich, sie war tödtlich krank. Sie fühlte es selbst, ließ ihren Arzt kommen, und forschte ihn mit so vieler Beharrlichkeit und Festigkeit aus, daß er sich nicht weigern konnte, ihr zu sagen, daß die Wissenschaft der Menschen unzulänglich wäre, und daß für sie nur noch Rettung von dem Himmel zu erwarten sei. Die Gräfin empfing diese Nachricht als Christin, ließ Albert und Emma kommen, befahl ihnen vor ihrem Bette niederzuknien, und offenbarte ihnen mit leiser Stimme, ohne einen andern Zeugen als Gott, ein Geheimniß, das Niemand hörte. Nur bemerkte man mit Erstaunen, daß zur Stunde des Todeskampfes, statt daß die Sterbende es war, welche die Kinder segnete, es die Kinder waren, welche die Sterbende segneten, und daß sie ihr im Voraus auf Erden einen Fehltritt zu vergeben schienen, wegen dessen sie ohne Zweifel die Absolution im Himmel zu erhalten im Begriffe stand. An demselben Tage, wo diese Mittheilung stattgefunden hatte, verschied die Gräfin fromm und ergeben, und Emma, welche noch ein Jahr zu warten hatte, bevor sie als Verlobte Gattin wurde, brachte dieses Jahr in dem Kloster Nonnenwerth zu, das in Mitte des Rheines, auf der dem kleinen Dorfe Honnef gegenüber gelegenen Insel gleichen Namens erbaut ist.
Was Albert anbelangt, so blieb er in Ronsdorf, und der Schmerz, den er über den Verlust seiner Wohltäterin zeigte, war dem gleich, den er für eine Mutter empfunden hätte.
Die bestimmte Zeit verfloß, Emma hatte ihr fünfzehntes Jahr vollendet und sie blühte in Mitte ihrer Thränen und auf ihrer frommen Insel fortwährend, gleich einer jener frischen Wasserrosen, welche ganz funkelnd von Thau auf der Oberfläche der Seen schwimmen. Ludwig erinnerte den alten Landgrafen an das von der Wittwe gegebene und von der Tochter bestätigte Versprechen; das kam daher, weil der junge Mann seit einem Jahre seine Spaziergänge beständig nach Nonnenwerth gerichtet hatte, einem hübschen Hügel, der den Fluß überragt, und von dessen Höhe aus man unter sich ausgebreitet und den Strom durchschneidend, wie es der Kiel eines Schiffes thun würde, die anmuthige Insel ausgebreitet sieht, in deren Mitte sich noch heutigen Tages das in ein Wirthshaus umgeschaffene Kloster erhebt. Dort brachte er ganze Stunden, die Augen auf das Kloster geheftet zu, denn oft kam ein junges Mädchen, das er an ihrem Novizengewande erkannte, welches sie bald ablegen sollte, sich unter die Bäume zu setzen, welche den Rhein begrenzen, und blieb dort ganze Stunden regungslos und in eine Träumerei versunken, deren Ursache vielleicht derselbe Gegenstand war, der Ludwig anzog. Es war daher nicht zu verwundern, daß sich der junge Mann zuerst erinnerte, daß die Trauerzeit vorüber wäre, und daß er den Landgrafen daran erinnerte, daß diese Zeit duch einen günstigen Zufall mit der für die Feier seiner Verheirathung festgesetzten Zeit übereinstimmte.
Durch eine Art schweigender Uebereinkunft betrachtete jeder Albert, der damals kaum zwanzig Jahre alt war, der sich aber immer durch einen über sein Alter erhabenen Ernst ausgezeichnet hatte, als den Vormund Emmas; er war es also, den der Landgraf daran erinnerte, daß der Zeitpunkt gekommen wäre, die Trauerkleider durch festliche Gewänder zu ersetzen. Albert begab sich nach dem Kloster und benachrichtigte Emma, daß der junge Ludwig das von ihrer Mutter gegebene Versprechen in Anspruch nähme. Emma erröthete und reichte Albert die Hand, indem sie ihm antwortete, daß sie bereit wäre, ihm überall hinzu folgen, wohin er sie führen würde. Die Reise war nicht lang, man hatte nur über die Hälfte des Rheines zu fahren und zwei Stunden längs seiner Ufer zurückzulegen; die Reise konnte daher den von dem jungen Grafen so sehr ersehnten Moment nicht lange verzögern. Drei Tage, nach Vollendung ihres fünfzehnten Jahres, wurde daher Emma, von einem der Erbin von Ronsdorf würdigem Gefolge begleitet und von Albert geführt, den Händen ihres Herrin und Gebieters, des Grafen Ludwig von Godesberg übergeben.
Zwei Jahre, während denen die junge Gräfin einen Sohn gebar, der Otto genannt wurde, verflossen in vollkommenem Glücke. Albert, der eine neue Familie gefunden, hatte diese beiden Jahre bald in Ronstorf, bald in Godesberg zugebracht, und während dieser Zeit das Alter erreicht, in welchem ein Mann von adeliger Abkunft seine ersten Waffenthaten thun muß. Er hatte dem zu Folge Dienste als Knappe unter den Truppen Johanns von Louxemburg, Königs von Böhmen genommen, eines der tapfersten Ritter seiner Zeit, und war ihm zu der Belagerung von Kassel gefolgt, wo er dem Könige Philipp von Valois gute Dienste leistete, der es unternommen hatte, den Grafen Ludwig von Crécy wieder in seine Staaten einzusetzen, aus denen er durch die Bürger von Flandern verjagt worden war. Er hatte sich also in der Schlacht befunden, in welcher diese unter den Mauern von Kassel gänzlich geschlagen wurden, und als Probestück hatte er unter den Bauern eine solche Niederlage angerichtet, daß Johann von Louxemburg ihn auf dem Schlachtfelde zum Ritter schlug. Der Sieg war übrigens so entscheidend gewesen, daß er den Feldzug mit einem Schlage geendigt, und da der Frieden in Flandern wieder hergestellt, so war Albert, ganz stolz, Emma seine goldene Kette und seine Sporen zu zeigen, auf das Schloß Godesberg zurückgekehrt.
Er fand den Grafen im Dienste des Kaisers abwesend; die Türken waren in Ungarn eingefallen, und auf die Aufforderung Ludwig des V. war Ludwig von Godesberg mit seinem Waffenbruder Karl von Homburg aufgebrochen; er wurde nichts desto weniger auf dem Schlosse Godesberg gut aufgenommen, wo er ohngefähr sechs Monate blieb. Seiner Untätigkeit müde und da er die Fürsten Europas ziemlich ruhig unter sich sah, war er nach Verlauf dieser Zeit aufgebrochen, um gegen die Sarazenen Spaniens zu kämpfen, gegen die Alphons der XI. König von Castilien und Leon, Krieg führte. Dort hatte er Wunder der Tapferkeit gethan, indem er gegen Musley Muhamed kämpfte; da er aber vor Granada gefährlich verwundet worden, so war er ein zweites Mal nach Godesberg zurückgekehrt, wo er den Gatten Emmas wiedergefunden, der das Erbe des gegen den Anfang des Jahres 1332 gestorbenen Landgrafen in Besitz genommen hatte.
Der junge Otto wuchs heran, er war ein schöner Knabe von fünf Jahren, mit blondem Kopfe, rosigen Wangen und blauen Augen. Die Rückkehr Alberts war ein Fest für die ganze Familie, und besonders für den Knaben, der ihn sehr liebte. Albert und Ludwig sahen sich mit Vergnügen wieder, beide hatten gegen die Ungläubigen gekämpft, der eine im Süden, der andere im Norden, beide waren Sieger gewesen, und beide brachten zahlreiche Erzählungen für die langen Winterabende mit; ein Jahr verfloß daher auch wie ein Tag, aber nach Verlauf dieses Jahres führte Alberts abenteuerlicher Character ihn von Neuem fort, er besuchte die Höfe von Frankreich und England, begleitete den König Eduard auf seinem Feldzuge gegen Schottland, brach eine Lanze mit James Douglas; dann sich wieder gegen Frankreich wendend, war er zurückgekehrt, um mit Walther von Mauny die Insel Cadsand zu nehmen. Indem er sich nun wieder auf dem festen Lande befand, hatte er dies benutzt, um seinen alten Freunden einen Besuch abzustatten, und war zum dritten Male auf das Schloß Godesberg zurückgekehrt, wo er einen neuen Gast gefunden hatte.
Das