Александр Дюма

Tausend und Ein Gespenst


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hereingebrochen ist, so werden wir sehen. Als nun die Nacht hereingebrochen war, bin ich von Haus weggegangen. Ich hatte meine Leiter in der Umgegend gelassen; ich wußte, wo ich sie wiederfinden würde. Ich habe einen Spaziergang gemacht, bin auf dem längsten Wege zurückgekehrt, und dann, als ich gesehen habe, daß sich Niemand mehr in der Ebene befände, als ich kein Geräusch mehr gehört, habe ich mich dem Galgen genähert, meine Leiter aufgestellt, bin hinaufgestiegen, habe den Gehängten an mich gezogen, habe ihm seine Kette abgehängt, und. . .

      – Und was?

      – Meiner Treue! Glauben Sie mir, wenn Sie wollen; in dem Augenblicke, wo die Medaille seinen Hals verlassen hat, hat der Gehängte mich gepackt, seinen Hals aus der Schleife gezogen, meinen Kopf an die Stelle des seinigen hineingesteckt, und, meiner Treue! mich nun auch fortgestoßen, wie ich ihn fortgestoßen hatte. So ist die Sache.

      – Unmöglich, Sie irren sich.

      – Haben Sie mich gehängt gefunden oder nicht?

      – Ja.

      – Nun denn! Ich versichere Ihnen, daß ich mich nicht selbst gehängt habe. Das ist Alles, was ich Ihnen sagen kann.

      Ich überlegte einen Augenblick lang.

      – Und die Medaille, fragte ich ihn, wo ist sie?

      – Meiner Treue, suchen Sie auf der Erde, sie muß nicht weit sein. Als ich mich gehängt gefühlt habe, habe ich sie fallen lassen.

      Ich stand auf und warf die Augen auf den Boden.

      Ein Schein des Mondes fiel darauf, wie um meine Nachforschung zu leiten.

      Ich raffte sie auf, ging nach der Leiche des armen Artifaille, und hing ihm die Medaille wieder um den Hals.

      In dem Augenblicke, wo sie seine Brust berührte, lief etwas wie ein Schauder über seinen ganzen Körper, und ein schneidender und fast schmerzhafter Schrei drang aus seiner Brust.

      Der Scharfrichter that einen Sprung zurück.

      Mein Geist war durch diesen Schrei aufgeklärt worden. Ich erinnerte mich dessen, was die heiligen Schriften über die Beschwörungen und den Schrei sagen, welchen die Teufel ausstoßen, indem sie den Körper der Besessenen verlassen.

      Der Scharfrichter zitterte wie Espenlaub.

      – Kommen Sie hierher, mein Freund, sagte ich zu ihm, und fürchten Sie Nichts.

      Er näherte sich zögernd.

      – Was wollen Sie von mir? sagte er.

      – Hier ist eine Leiche, die Sie wieder an ihren Platz bringen müssen.

      – Niemals. – Wohl, damit er mich nochmals hängt!

      – Es ist keine Gefahr vorhanden, mein Freund, ich stehe Ihnen für Alles.

      – Aber, Herr Abbé! Herr Abbé!

      – Kommen Sie, sage ich Ihnen. Er that noch einen Schritt.

      – Hm! murmelte er, ich traue nicht.

      – Und Sie haben Unrecht, mein Freund, – so lange als der Körper seine Medaille hat, so werden Sie Nichts zu fürchten haben.

      – Warum das?

      – Weil der Teufel keine Gewalt über ihn haben wird, – diese Medaille beschützte ihn, Sie haben sie ihm genommen; – auf der Stelle ist der böse Geist, der ihn zum Bösen verleitet hat und der von seinem guten Engel beseitigt worden war, in die Leiche zurückgekehrt, und Sie haben gesehen, welches das Werk des bösen Geistes gewesen ist.

      – Dann ist dieser Schrei, den wir so eben gehört haben. . .

      – Der, den er ausgestoßen hat, als er gefühlt, daß seine Beute ihm entginge.

      – Ei, sagte der Scharfrichter, das wäre in der That wohl möglich.

      – Dem ist so.

      – Dann will ich ihn wieder an seinen Haken hängen.

      – Hängen Sie ihn wieder daran; die Gerechtigkeit muß ihren Lauf haben. Das Urtheil muß vollstreckt werden.

      Der arme Teufel zögerte noch.

      – Fürchten Sie Nichts, sagte ich zu ihm, ich stehe für Alles.

      – Wenn auch, erwiderte der Scharfrichter, verlieren Sie mich nicht aus den Augen, und kommen Sie mir bei dem geringsten Schrei zu Hilfe.

      – Sein Sie unbesorgt, Sie werden meiner nicht bedürfen.

      Er näherte sich der Leiche, hob sie vorsichtig bei den Schultern auf und zog sie nach der Leiter, indem er zu ihr sprach.

      – Sei ohne Furcht, Artifaille, es geschieht nicht, um Dir Deine Medaille zu nehmen. Sie verlieren uns nicht aus den Augen, Herr Abbé?

      – Nein, mein Freund, sein Sie unbesorgt.

      – Es geschieht nicht, um Dir Deine Medaille zu nehmen, fuhr der Scharfrichter in dem freundlichsten Tone fort, nein, sei unbesorgt; da Du es gewünscht hast, so wirst Du mit ihr begraben werden. Es ist wahr, er rührt sich nicht, Herr Abbé.

      – Sie sehen.

      – Du wirst mit ihr begraben werden. – Inzwischen hänge ich Dich auf den Wunsch des Herrn Abbé wieder an Deinen Platz, – denn, was mich anbetrifft, so begreifst Du!. . .

      – Ja, ja, sagte ich zu ihm, ohne daß ich mich enthalten konnte zu lächeln, aber machen Sie geschwind.

      – Meiner Treue, es ist geschehen, sagte er, indem er den Körper los ließ, den er von Neuem an den Haken gehängt hatte, und zu gleicher Zeit auf den Boden sprang.

      Und der Körper schaukelte sich ohne Bewegung und leblos in der Luft.

      Ich knieete nieder und begann die Gebete, welche Artifaille von mir verlangt hatte.

      – Herr Abbé, sagte der Scharfrichter, indem er neben mir niederkniete, wären Sie so gefällig, die Gebete laut und langsam herzusagen, damit ich sie wiederholen könnte?

      – Wie! Unglückseliger! Sie haben sie also vergessen?

      – Ich glaube, daß ich sie niemals gekannt habe.

      Ich betete die fünf Pater Noster und die fünf Ave Maria, welche der Scharfrichter gewissenhaft nach mir wiederholte.

      Als das Gebet beendigt war. stand ich auf.

      – Artifaille, sagte ich laut zu dem Hingerichteten, ich habe für das Heil Deiner Seele das gethan, was ich vermogt; an der glückseligen Jungfrau Maria ist es, das Uebrige zu thun.

      – Amen! sagte mein Begleiter.

      In diesem Augenblicke erleuchtete der Mond die Leiche mit seinem Silberscheine. Es schlug Mitternacht auf der Kirche Notre-Dame.

      – Lassen Sie uns gehen, sagte ich zu dem Scharfrichter, wir haben hier Nichts mehr zu thun.

      – Herr Abbé, sagte der arme Teufel, wären Sie so gütig, mir eine letzte Gunst zu bewilligen?

      – Welche?

      – Mich bis nach meiner Wohnung zu begleiten; so lange als ich meine Thüre nicht zwischen mir und diesem Schelme wohl verschlossen fühle, werde ich nicht.ruhig sein.

      – Kommen Sie, mein Freund.

      Wir verließen das Glacis, nicht ohne daß mein Begleiter sich von zehn zu zehn Schritt umwandte, um zu sehen, ob der Gehängte wirklich an seinem Platze wäre.

      Nichts rührte sich.

      Wir kehrten in die Stadt zurück. Ich führte meinen Mann bis nach seiner Wohnung. Ich wartete, bis er Licht angemacht hatte, dann verschloß er die Thüre, nahm Abschied von mir und dankte mir durch die Thüre. Vollkommen ruhig an Leib und an Geist kehrte ich nach Haus zurück.

      Als ich am folgenden Tage erwachte, sagte man mir, daß die Frau des Diebes mich in dem Eßzimmer erwartete.

      Ihr Gesicht war ruhig und fast freudig.

      – Herr Abbé, sagte sie zu mir, ich komme, Ihnen zu danken; mein Gatte ist mir gestern erschienen, als