Александр Дюма

Zwanzig Jahre nachher


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Ihr nicht gehört, Herr d’Artagnan, daß ich Euch antwortete, ich wüßte es nicht?«

      »Ja, allerdings, aber hierauf erwidere ich Euch, daß dies unmöglich ist.«

      »Es ist dennoch die Wahrheit, gnädiger Herr, die reine Wahrheit, die Wahrheit des guten Gottes.«

      D’Artagnan sah ein, daß er von Bazin nichts herausbringen würde. Bazin log offenbar, aber er log mit so viel Eifer und Festigkeit, daß man leicht errathen konnte, er würde nicht von seiner Lüge abgehen.

      »Wohl, Bazin,« sagte d’Artagnan; »da Ihr nicht wißt, wo Euer Herr sich aushält, so, sprechen wir nicht weiter davon. Wir wollen uns als gute Freunde trennen. Nehmt diese halbe Pistole und trinkt auf meine Gesundheit.«

      »Ich trinke nicht, Herr,« sagte Bazin, majestätisch die Hand des Offiziers zurückstoßend, »das ist gut für die Laien.«

      »Unbestechlich,« murmelte d’Artagnan, »in der That, ich spiele sehr unglücklich.«

      Und da d’Artagnan, in seine Betrachtungen versunken, den Rock von Bazin los ließ, so benützte dieser die Gelegenheit, um sich rasch in die Sakristei zurückzuziehen, in der er sich nicht eher in Sicherheit glaubte, als bis er die Thüre hinter sich zugeschlossen hatte.

      D’Artagnan blieb unbeweglich, nachdenkend, die Augen auf die Thüre geheftet, welche eine Schranke zwischen ihm und Bazin gezogen hatte, als er fühlte, daß man seine Schulter leicht mit der Fingerspitze berührte.

      Er wandte sich um und war im Begriffe, einen Ausruf des Erstaunens von sich zu geben, als derjenige, welcher ihn mit der Spitze des Fingers berührt hatte, eben diesen Finger zum Zeichen des Stillschweigens auf seinen Mund legte.

      »Ihr hier, mein lieber Rochefort,« sagte d’Artagnan halblaut.

      »St!« erwiderte Rochefort. »Wußtet Ihr, das ich frei war?«

      »Ich habe es aus erster Hand erfahren.«

      »Und von wem?«

      »Von Planchet.«

      »Wie? von Planchet?«

      »Allerdings, er hat Euch gerettet.«

      »Planchet? … In der That, ich glaubte ihn wieder zu erkennen. Das beweist, mein Lieber, daß eine Wohlthat nie verloren geht.«

      »Was macht Ihr hier?«

      »Ich habe Gott für meine glückliche Befreiung gedankt,« sagte Rochefort.

      »Was weiter? denn ich nehme an, das ist nicht Alles.«

      »Und dann kam ich, um die Befehle Coadjutors einzuholen und zu sehen, ob wir nicht etwas thun können, um den Mazarin in Wuth zu bringen.«

      »Schlimmer Kopf! Ihr werdet machen, daß man Euch noch einmal in die Bastille steckt.«

      Oh! was das betrifft … ich werde wohl auf meiner Hut sein; dafür stehe ich Euch. Die frische Lust ist so gut! Auch gedenke ich,« fuhr Rochefort mit voller Brust athmend fort: »auch gedenke ich eine Spazierfahrt auf das Land, eine Reise in die Provinz zu machen.«

      »Ich ebenfalls,« sagte d’Artagnan.«

      »Darf man Euch, ohne unbescheiden zu sein, fragen, wohin Ihr geht?«

      »Ich suche meine Freunde auf.«

      »Welche Freude?«

      »Diejenigen, von welchen ich Euch gestern Kunde geben sollte.«

      »Athos, Porthos und Aramis? Ihr sucht sie?«

      »Ja.«

      »Auf Ehre?«

      »Was ist denn darüber zu erstaunen?«

      »Nichts … Das ist komisch … Und in welchem Auftrage sucht Ihr sie?«

      »Ihr vermuthet es nicht?«

      »Allerdings.«

      »Leider weiß ich nicht, wo sie sind.«

      »Und Ihr habt kein Mittel, Nachricht von Ihnen zu bekommen? Wartet acht Tage, und ich gebe Euch Auskunft.«

      »Acht Tage, das ist zu viel; ich muß sie vor drei Tagen gefunden haben.«

      »Drei Tage, das ist kurz,« sagte Rochefort, »und Frankreich ist groß.«

      »Gleichviel. Ihr kennt das Wort: es muß sein, Mit diesem Wort macht man viele Dinge.«

      »Und wann geht Ihr auf Nachforschungen aus?«

      »Ich thue dies bereits.«

      »Gut Glück!«

      »Und Euch glückliche Reise!«

      »Vielleicht treffen wir uns auf dem Wege.«

      »Das ist nicht wahrscheinlich.«

      »Wer weiß! der Zufall ist so launenhaft.«

      »Gott befohlen!«

      »Auf Wiedersehen! Doch halt, wenn Mazarin mit Euch spricht, so sagt ihm, ich habe Euch beauftragt, ihm mitzutheilen, er werde binnen Kurzem sehen, ob ich zum Handeln zu alt sei.«

      Und Rochefort entfernte sich mit dem teuflischen Lächeln, das d’Artagnan einst so oft beben gemacht hatte. Aber d’Artagnan schaute ihn dießmal ohne Bangigkeit und lächelnd mit einem Ausdrücke von Schwermuth an, den nur diese Erinnerung allein seinem Gesichte geben konnte.

      »Geh’, geh, Teufel,« sprach er, »und mache, was Du willst. Mir liegt nichts daran: es gibt keine zweite Constanze in der Welt!«

      Sich umwendend erblickte d’Artagnan Bazin, der, nachdem er seine kirchlichen Kleider abgelegt hatte, mit dem Sacristan plauderte, mit welchem d’Artagnan bei seinem Eintritt in die Kirche gesprochen hatte. Bazin schien sehr aufgeregt und machte mit seinem kurzen, dicken Arme allerlei Geberden. D’Artagnan begriff, daß er ihm alter Wahrscheinlichkeit nach die größte Verschwiegenheit in Beziehung auf seine Person empfahl.

      D’Artagnan benutzte die eifrige Unterredung dieser zwei Männer, um aus der Kathedrale zu schlüpfen und sich an der Ecke der Rue des Canettes in Hinterhalt zu legen. Bazin konnte, von dem Punkte aus, wo d’Artagnan verborgen war, nicht herausgehen, ohne daß man ihn sah.

      Fünf Minuten nachher erschien Bazin auf dem Vorplatz. Er schaute rings umher, um sich zu versichern, ob er nicht beobachtet würde; aber er erblickte unsern Offizier nicht, dessen Kopf allein vor die Ecke eines Hauses fünfzig Schritte von da hervorsah. Durch den Anschein beruhigt, wagte er sich in die Rue Notre-Dame. D’Artagnan stürzte aus seinem Versteck hervor und kam noch zeitig genug an, um ihn in die Rue de la Juiverie einbiegen und in der Rue de la Calandre in ein Haus von anständigem Aeußern eintreten zu sehen. Unser Offizier zweifelte nicht daran, daß der würdige Meßner in diesem Hause wohne.

      D’Artagnan erkundigte sich nicht in diesem Hause. Der Concierge, wenn es einen gab, mußte bereits in Kenntniß gesetzt sein; war keiner vorhanden, an wen sollte er sich dann wenden?

      Er trat in eine kleine Schenke, welche die Ecke der Rue Saint-Eloi und der Rue de la Calandre bildete und verlangte ein Maß Gewürzwein. Dieses Getränke zu bereiten, bedurfte es einer guten halben Stunde. D’Artagnan hatte alle Zeit, um Bazin zu bespähen, ohne Verdacht zu erregen.

      Er erblickte in der Schenke einen kleinen Jungen von zwölf bis fünfzehn Jahren mit aufgeweckter Miene, in welchem er Einen zuerkennen glaubte, den er zwanzig Minuten vorher unter dem Gewande eines Chorknaben gesehen hatte. Er befragte ihn, und da der Diaconatslehrling kein Interesse bei der Verheimlichung hatte, so erfuhr d’Artagnan von ihm, daß er von sechs bis neun Uhr Morgens das Geschäft eines Chorknaben und von neun Uhr bis Mitternacht das eines Kellners trieb.

      Während d’Artagnan mit dem Kinde plauderte, führte man ein Pferd vor die Thüre des Hauses von Bazin. Das Pferd war völlig gesattelt und gezäumt. Einen Augenblick nachher kam Bazin herab.

      »Halt,« sagte das Kind, »unser Meßner begibt sich auf den Weg.«

      »Wohin geht er?« fragte d’Artagnan.«

      »Bei Gott, ich weiß es nicht.«

      »Eine halbe Pistole, wenn Du es in