dir was anmerken zu lassen . . . Pass auf.« Dann hab ich mich zusammengenommen, hab die Aufregung hinuntergeschluckt mit einem Ruck. Ein feiner Mensch war's schon, der Kerl, er wär nämlich elend reingeflogen, wenn ich mich ertappen liess! – Weisst du, bei uns wie im ganzen Pas-de-Calais sind die Eingangstüren alle zweiteilig; der untere Teil bis zur Hälfte ist eine Art Gitter und oben ist es wie so 'n Laden. So kann man die untere Hälfte schliessen und ist halb draussen, halb drin. Der Laden nun, der stand offen, und im Wohnzimmer, das als Esszimmer und zugleich als Küche dient, war Licht und man hörte Stimmen. Nun geh ich vorbei und streck den Hals nach der Seite. Da sah ich helle und rosigbeschienene Männer- und Frauenköpfe um den runden Tisch, auf dem die Lampe stand. Da hab ich sie direkt angeschaut, die Clotilde. Ich hab sie gut gesehn. Sie sass zwischen zwei Kerlen, Unteroffizieren, so viel ich weiss, und die sprachen mit ihr. Und weisst du, was sie tat? Nichts; sie lächelte, neigte ganz lieb ihr Gesicht mit ihrer leichten, blonden Haareinfassung, auf die die Lampe einen goldigen Schein legte. – Sie lächelte. Sie war zufrieden. Sie schien sich wohl zu fühlen neben diesen deutschen betressten Kerlen, an der Lampe und dem Feuer, das mir seine Wärme entgegenhauchte und das ich wieder erkannte. Dann bin ich vorübergegangen, hab mich umgedreht und bin nochmal durchgegangen, und hab sie wiedergesehen mit dem gleichen Lächeln. Und zwar war's kein erzwungenes Lächeln, mit dem man bezahlt, nein, ein ehrliches Lächeln, das aus ihrem Innersten kam und das sie selbst hergab. Und während den beiden, blitzkurzen Augenblicken, die ich hineingeschaut habe, hab ich auch mein kleines Mädchen sehen können, wie sie gerade einem dicken betressten Kerl die Hände reichte und versuchte, ihm auf die Knie zu klettern und daneben hab ich noch jemand erkannt, nun, wer war's doch gleich? Ja, es war Madeleine Vandaërt, dem Vandaërt seine Frau; ein Kamerad von mir vom 19ten, der an der Marne, bei Montyon, gefallen ist. – Sie wusste, dass er gefallen war, sie war nämlich in Trauer. Und sie, sie lachte und lachte fest, sag ich dir . . . und guckte den einen und den andern an mit 'nem Aussehn, als wollte sie sagen: »Wie glücklich bin ich hier!« – Ach ja! Ich aber bin raus und an die Kameraden gerannt, die draussen auf mich warteten und mich zurückführen sollten. Wie ich zurückgekommen bin, könnt ich nicht sagen. Ich war wie geschlagen. Gestolpert bin ich beim Gehn wie 'n Gehetzter. Und es hätte mich keiner anscheissen sollen in dem Moment! Laut herausgebrüllt hätte ich; Skandal hätt ich gemacht, um mich erschiessen zu lassen, dass es mit dem Schweineleben ein End hätte. Verstehst du? Gelächelt hat sie, meine Frau, meine Clotilde, an diesem Kriegstage! Also genügt es, dass man eine zeitlang fort ist und man kommt einfach nicht mehr in Betracht. Du schiebst ab von zu Hause in den Krieg und alles scheint unterzugehn; und während du's glaubst, so gewöhnt man sich an deine Abwesenheit und allmählich ist es, als ob du überhaupt nicht existiertest; man kommt ohne dich aus und ist glücklich wie vorher und lächelt. Gottver . . .! ich red nicht von der andern Schickse, die laut lachte, aber meine Clotilde, die Meinige, die grad in dem Augenblick, wo ich zufällig dazukam, grad in dem Augenblick sich nicht schlecht um mich futierte; da kannst du sagen, was du willst. – Wenn sie schliesslich noch mit Freunden oder Verwandten zusammen gewesen wäre; aber nein, gerade mit deutschen Unteroffizieren! Das musst du doch selber sagen, das war doch zum Hineinspringen ins Zimmer, ihr ein Paar rechts und links runterhauen und der andern Schneppe in Trauer den Hals drehn! – Jawohl, ich hab auch einen Augenblick dran gedacht. Ich weiss schon, dass ich zu weit ging . . . aber, was willst du, ich war eben ausser mir. – Weisst du, ich will nicht mehr sagen, als ich meine. Sie ist ein gutes Mädel, die Clotilde. Ich kenn sie schon und hab Zutrauen zu ihr. Das ist mal sicher, weisst du: wenn ich was abkrieg, weint sie sich mal vorerst alle Tränen aus dem Leib. Ich weiss ja schon, sie weiss, dass ich lebe, aber darum handelt es sich gar nicht. Nur dass sie einfach glücklich ist und zufrieden und aufgeht, sobald sie ein gutes Feuer, eine gute Lampe und Gesellschaft hat, ob ich nun da bin oder nicht . . .
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