Alexander von Humboldt

Kosmos


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über die Oberfläche des Meeres empor. Durch den Erhebungs-Krater entweichen die gespannten Dämpfe; eine so große erhobene Masse fällt aber wieder zurück und verschließt sofort die nur für solche Kraftäußerung gebildete Oeffnung. Es entsteht kein Vulkan Leopold von Buch, phys. Beschreibung der canarischen Inseln S. 326; derselbe über Erhebungscratere und Vulcane, in Poggend. Ann. Bd. XXXVII. S. 169. Schon Strabo unterscheidet sehr schön da, wo er der Trennung Siciliens von Calabrien erwähnt, die zwiefache Bildung von Inseln. »Einige Inseln«, sagt er (lib. VI p. 258 ed. Casaub.),»sind Bruchstücke des festen Landes; andere sind aus dem Meere, wie noch jetzt sich zuträgt, hervorgegangen. Denn die Hochsee-Inseln (die weit hinaus im Meere liegenden) wurden wahrscheinlich aus der Tiefe emporgehoben, hingegen die an Vorgebirgen liegenden scheinen (vernunftgemäß) dem Festlande abgerissen.«.«

      Ein eigentlicher Vulkan entsteht nur da, wo eine bleibende Verbindung des inneren Erdkörpers mit dem Luftkreise errungen ist. In ihm ist die Reaction des Inneren gegen die Oberfläche in langen Epochen dauernd. Sie kann, wie einst beim Vesuv (Fisove Ocre Fisove (Mons Vesuvius) in umbrischer Sprache (Lassen, Deutung der Eugubinischen Tafeln, im Rhein. Museum 1832 S. 387); das Wort ocre ist sehr wahrscheinlich ächt umbrisch: und bedeutet, selbst nach Festus, Berg. Aetna würde, wenn nach Voß Αίτνη ein hellenischer Laut ist und mit αίθω und αίθινος zusammenhängt, ein Brand- und Glanzberg sein; aber der scharfsinnige Parthey bezweifelt diesen hellenischen Ursprung aus etymologischen Gründen: auch weil der Aetna keinesweges als ein leuchtendes Feuerzeichen für hellenische Schiffer und Wanderer dasteht, wie der rastlos arbeitende Stromboli (Strongyle): den Homer zu bezeichnen scheint (Odyss. XII, 68, 202 und 219), wenn auch die geographische Lage minder bestimmt angegeben ist. Ich vermuthe, daß der Name Aetna sich in der Sprache der Siculer finden würde, wenn man irgend erhebliche Reste derselben besäße. Nach Diodor (V, 6) wurden die Sicaner, d. i. die Eingebornen von Sicilien (Völker, die vor den Siculern die Insel bewohnten), durch Eruptionen des Aetna, welche mehrere Jahre dauerten, gezwungen sich in den westlichen Theil des Landes zu flüchten. Die älteste beschriebene Eruption des Aetna ist die von Pindar und Aeschylus erwähnte unter Hieron Ol. 75, 2. Es ist wahrscheinlich, daß Hesiodus schon verheerende Wirkungen des Aetna vor den griechischen Niederlassungen gekannt habe; doch über den Namen Αίτνη im Text des Hesiodus bleiben Zweifel, deren ich an einem anderen Orte umständlicher gedacht habe (Humboldt, Examen crit. de l’hist. de la Géogr. T. I. p. 168).), Jahrhunderte lang unterbrochen sein und dann doch wieder in erneuerter Thätigkeit sich darbieten. Zu Nero’s Zeiten war man in Rom schon geneigt den Aetna in die Classe allmälig erlöschender Feuerberge Seneca, Epist. 79. zu setzen; ja später behauptete Aelian Aelian, var. hist. VIII, 11. sogar, die Seefahrer fingen an den einsinkenden Gipfel weniger weit vom hohen Meere aus zu sehen. Wo die Zeugen des ersten Ausbruchs, ich möchte sagen, das alte Gerüste sich vollständig erhalten hat: da steigt der Vulkan aus einem Erhebungs-Krater empor; da umgiebt den isolirten Kegelberg circusartig eine hohe Felsmauer: ein Mantel, der aus stark aufgerichteten Schichten besteht. Bisweilen ist von dieser circusartigen Umgebung keine Spur mehr sichtbar: und der Vulkan, nicht immer ein Kegelberg, steigt auch als ein langgedehnter Rücken, wie der Pichincha, an dessen Fuß die Stadt Quito liegt, unmittelbar aus der Hochebene auf.

      Wie die Natur der Gebirgsarten: d. h. die Verbindung (Gruppirung) einfacher Mineralien zu Granit, Gneiß und Glimmerschiefer, zu Trachyt, Basalt und Dolerit: unabhängig von den jetzigen Klimaten, unter den verschiedensten Himmelsstrichen dieselbe ist; so sehen wir auch überall in der anorganischen Natur gleiche Gesetze der Gestaltung sich enthüllen: Gesetze, nach welchen die Schichten der Erdrinde sich wechselseitig tragen, gangartig durchbrechen, durch elastische Kräfte sich heben. In den Vulkanen ist dieses Wiederkehren derselben Erscheinungen besonders auffallend. Wo dem Seefahrer nicht mehr die alten Sterne leuchten: auf Inseln ferner Meere, von Palmen und fremdartigen Gewächsen umgeben; sieht er in den Einzelheiten des landschaftlichen Charakters den Vesuv, die domförmigen Gipfel der Auvergne, die Erhebungs-Krater der canarischen und azorischen Inseln, die Ausbruchsspalten von Island wiederkehrend abgespiegelt; ja ein Blick auf den Begleiter unseres Planeten, den Erdmond, verallgemeinert die hier bemerkte Analogie der Gestaltung. In den, mittelst großer Fernröhre entworfenen Karten des luft-und wasserlosen Satelliten erkennt man mächtige Erhebungs-Krater, welche Kegelberge umgeben oder sie auf ihren Ringwällen tragen: unbestreitbare Wirkungen der Reaction des Inneren gegen die Oberfläche des Mondes, begünstigt von dem Einfluß einer geringeren Schwere.

      Wenn in vielen Sprachen Vulkane mit Recht feuerspeiende Berge genannt werden, so ist ein solcher Berg darum keinesweges durch eine allmälige Anhäufung von ausfließenden Lavaströmen gebildet; seine Entstehung scheint vielmehr allgemein die Folge eines plötzlichen Emporhebens zäher Massen von Trachyt oder labrador-haltigem Augitgesteine zu sein. Das Maaß der hebenden Kraft offenbart sich in der Höhe der Vulkane; und diese ist so verschieden, daß sie bald die Dimension eines Hügels (Vulkan von Cosima, einer der japanischen Kurilen), bald die eines 18000 Fuß hohen Kegels hat. Es hat mir geschienen, als sei das Höhenverhältniß von großem Einfluß auf die Frequenz der Ausbrüche, als wären diese weit häufiger in den niedrigeren als in den höheren Vulkanen. Ich erinnere an die Reihenfolge: Stromboli (2175 Fuß), der fast täglich donnernde Guacamayo in der Provinz Quixos (ich habe ihn oft in 22 Meilen Entfernung in Chillo bei Quito gehört), der Vesuv (3637 F.), Aetna (10200 F.), Pic von Teneriffa (11424 F.) und Cotopaxi (17892 F.). Ist der Heerd dieser Vulkane in gleicher Tiefe, so gehört eine größere Kraft dazu die geschmolzenen Massen zu einer 6-und 8mal größeren Höhe zu erheben. Während daß der niedrige Stromboli (Strongyle) rastlos arbeitet, wenigstens seit den Zeiten homerischer Sagen, und, ein Leuchtthurm des tyrrhenischen Meeres, den Seefahrern zum leitenden Feuerzeichen wird: sind die höheren Vulkane durch lange Zwischenzeiten von Ruhe charakterisirt. So sehen wir die Eruptionen der meisten Colosse, welche die Andeskette krönen, fast durch ein ganzes Jahrhundert von einander getrennt. Wo man Ausnahmen von diesem Gesetze bemerkt, auf welches ich längst schon aufmerksam gemacht habe, mögen sie in dem Umstande gegründet sein, daß die Verbindungen zwischen dem vulkanischen Heerde und dem Ausbruch-Krater nicht bei allen Vulkanen, die man vergleicht, in gleichem Maaße als permanent frei gedacht werden können. In den niedrigen mag eine Zeit lang der Verbindungscanal verschlossen sein, so daß ihre Ausbrüche seltener werden, ohne daß sie deshalb dem Erlöschen näher sind.

      Mit den Betrachtungen über das Verhältniß der absoluten Höhe zur Frequenz der Entflammung des Vulkans, in so fern dieselbe äußerlich sichtbar ist, steht in genauem Zusammenhange der Ort, an welchem die Lava sich ergießt. Bei vielen Vulkanen sind die Ausbrüche aus dem Krater überaus selten; sie geschehen meist, wie am Aetna im sechzehnten Jahrhundert der berühmte Geschichtsschreiber Bembo Petri Bembi Opuscula (Aetna Dialogus), Basil. 1556 p. 63: »quicquid in Aetnae matris utero coalescit, nunquam exit ex cratere superiore, quod vel eo incendere gravis materia non queat, vel, quia inferius alia spiramenta sunt, non fit opus. Despumant flammis urgentibus ignei rivi pigro fluxu totas delambentes plagas, et in lapidem indurescunt.« schon als Jüngling bemerkte, aus Seitenspalten: da, wo die Wände des gehobenen Berges durch ihre Gestaltung und Lage am wenigsten Widerstand leisten. Auf diesen Spalten steigen bisweilen Auswurfs-Kegel auf: große, die man fälschlich durch den Namen neuer Vulkane bezeichnet und die an einander gereihet die Richtung einer, bald wieder geschlossenen Spalte bezeichnen; kleine, in Gruppen zusammengedrängt, eine ganze Bodenstrecke bedeckend, glocken-und bienenkorbartig. Zu den letzteren gehören die hornitos de Joruillo S. meine Zeichnung des Vulkans von Jorullo, seiner Hornitos und des gehobenen Malpays in den Vues des Cordillères Pl. XLIII. p. 239., und die Kegel des Vesuv-Ausbruchs im October 1822, des Vulkans von Awatscha nach Postels und des Lavenfeldes bei den Baidaren-Bergen nach Erman, auf der Halbinsel Kamtschatka.

      Stehen die Vulkane nicht frei und isolirt in einer Ebene; sind sie, wie in der Doppelkette der Andes von Quito, von einem neun-bis zwölftausend Fuß hohen Tafellande umgeben: so kann dieser Umstand wohl dazu beitragen, daß sie bei den furchtbarsten Ausbrüchen feuriger Schlacken, unter Detonationen, die über hundert Meilen weit vernommen werden, keine Lavaströme erzeugen Humboldt, Essai sur le Géogr. des Plantes et Tableau phys. des Régions équinoxiales 1807 p. 180 und Essai géogn. sur le Gisement des Roches 1823 p. 321. Daß übrigens