wo Schnee zu fallen beginnt, zwischen 11000 und 12000 Fuß Höhe) einige Arten von großblüthigen, myrtenblättrigen Alpensträuchen fast perpetuirlich getränkt werden, zeugt nicht eigentlich für das Dasein einer großen absoluten Menge des Wasserdunstes in jener Höhe; diese Nässe beweist nur, wie der häufige Nebel auf dem schönen Plateau von Bogota, die Frequenz der Niederschläge. Nebelschichten in solchen Höhen entstehen und verschwinden bei ruhiger Luft mehrmals in einer Stunde. Solcher schnelle Wechsel charakterisirt die Hochebenen und Paramos der Andeskette.
Die Electricität des Luftkreises: man mag sie in den unteren Regionen oder in der hohen Wolkenhülle betrachten, problematisch in ihrem stillen periodischen täglichen Gange wie in den Explosionen des leuchtenden und krachenden Ungewitters; steht in vielfachem Verkehr mit allen Erscheinungen der Wärme-Vertheilung, des Drucks der Atmosphäre und ihrer Störungen, der Hydrometeore, wahrscheinlich auch des Magnetismus der äußersten Erdrinde. Sie wirkt mächtig ein auf die ganze Thier-und Pflanzenwelt: nicht etwa bloß durch meteorologische Processe, durch Niederschläge von Wasserdämpfen, Säuren oder ammoniacalischen Verbindungen, die sie veranlaßt; sondern auch unmittelbar als electrische (nervenreizende oder Saftumlauf befördernde) Kraft. Es ist hier nicht der Ort den Streit über die eigentliche Quelle der Luft-Electricität bei heiterem Himmel zu erneuern: welche bald der Verdampfung unreiner (mit Erden und Salzen geschwängerter) Flüssigkeiten Ueber die Bedingungen der Verdampfungs-Electricität bei hoher Temperatur s. Peltier in den Annales de Chimie T. LXXV. p. 330., bald dem Wachsthum der Pflanzen Pouillet in den Annales de Chimie T. XXXV. p. 405. oder andern chemischen Zersetzungen auf der Oberfläche der Erde, bald der ungleichen Wärme-Vertheilung in den Luftschichten De la Rive in seinem vortrefflichen essai historique sur l’Électricité p. 140., bald endlich, nach Peltier’s scharfsinnigen Untersuchungen Peltier in den Comptes rendus de l’Acad. des Sciences T. XII. 1841 p. 307; Becquerel, traité de l’Électricité et du Magnétisme T. IV. p. 107., der Einwirkung einer stets negativen Ladung des Erdballs zugeschrieben worden ist. Auf die Resultate beschränkt, welche electrometrische Beobachtungen, besonders die zuerst von Colladon vorgeschlagene sinnreiche Anordnung eines electromagnetischen Apparats, gegeben haben: soll die physische Weltbeschreibung die mit der Höhe und der baumfreien Umgebung der Station unbestreitbar zunehmende Stärke der allgemeinen positiven Luft-Electricität Duprez sur l’Électricité de l’air (Bruxelles 1844) p. 56–61., ihre tägliche Ebbe und Fluth (nach Clarke’s Dubliner Versuchen in verwickelteren Perioden, als Saussure und ich sie gefunden), die Unterschiede der Jahreszeiten, des Abstandes vom Aequator, der continentalen und oceanischen Oberflächen angeben.
Wenn im ganzen da, wo das Luftmeer einen flüssigen Boden hat, das electrische Gleichgewicht seltener gestört ist als in der Landluft, so ist es um so auffallender, zu sehen, wie in weiten Meeren kleine Inselgruppen auf den Zustand der Atmosphäre einwirken und die Bildung der Gewitter veranlassen. Im Nebel und bei anfangendem Schneefall habe ich in langen Reihen von Versuchen die vorher permanente Glas-Electricität schnell in resinöse übergehen und mehrfach abwechseln sehn: sowohl in den Ebenen der kalten Zone als unter den Tropen in den Paramos der Cordilleren, zwischen 10000 und 14000 Fuß Höhe. Der wechselnde Uebergang war dem ganz gleich, welchen die Electrometer kurz vor und während des Gewitters angeben. Humboldt, Relation historique T. III. p. 318. Ich mache hier nur auf diejenigen meiner Versuche aufmerksam, in denen der 3 Fuß lange metallische Leiter des Saussure’schen Electrometers weder auf-und abwärts bewegt, noch nach Volta’s Vorschlag mit brennendem Schwamm armirt war. Denjenigen meiner Leser, welche die jetzt streitigen Punkte der Luft-Electricität genau kennen, wird der Grund dieser Beschränkung verständlich sein. Ueber die Bildung der Gewitter in den Tropen s. meine Relat. hist. T. II. p. 45 und 202–209. Haben die Dunstbläschen sich zu Wolken mit bestimmten Umrissen condensirt, so vermehrt sich nach Maaßgabe der Verdichtung die electrische Spannung der äußeren Hülle oder Oberfläche Gay-Lussac in den Annales de Chimie et de Physique T. VIII. p. 167. Nach den abweichenden Ansichten von Lamé, Becquerel und Peltier ist über die Ursach der specifischen Vertheilung der Electricität in Wolken, deren einige eine positive oder eine negative Spannung haben, bisher schwer zu entscheiden. Auffallend ist die, zuerst von Tralles aufgefundene, von mir oft in verschiedenen Breiten bestätigte, negative Electricität der Luft, die bei hohen Wasserfällen Zerstäubung der Wassertropfen veranlaßt und in drei-bis vierhundert Fuß Entfernung für sensible Electrometer bemerkbar ist., auf welche die Electricität der einzelnen Dunstbläschen überströmt. Die schiefergrauen Wolken haben, nach Peltier’s zu Paris angestellten Versuchen, Harz-; die weißen, rosen-und orangefarbenen Wolken Glas-Electricität. Gewitterwolken umhüllen nicht bloß die höchsten Gipfel der Andeskette (ich selbst habe die verglasenden Wirkungen des Blitzes auf einem der Felsthürme gefunden, welche in einer Höhe von fast 14300 Fuß den Krater des Vulkans von Toluca überragen); auch über dem Tieflande, in der gemäßigten Zone, sind Gewitterwolken in einer verticalen Höhe von 25000 Fuß gemessen worden Arago im Annuaire du Bureau des Longitudes pour l’an 1838 p. 246.. Bisweilen senkt sich aber die donnernde Wolkenschicht bis zu fünf-, ja zu dreitausend Fuß Abstand über der Ebene herab.
Nach Arago’s Untersuchungen, den umfassendsten, welche wir bisher über diesen schwierigen Theil der Meteorologie besitzen, sind die Licht-Entbindungen (Blitze) dreierlei Art: zickzackförmige, scharf an den Rändern begrenzte; Blitze, die das ganze, sich gleichsam öffnende Gewölk erleuchten; Blitze in Form von Feuerkugeln. A. a. O. p. 249–266 (vergl. p. 268–279). Wenn die ersteren beiden Arten kaum 1/1000 der Secunde dauern, so bewegen sich dagegen die globulären Blitze weit langsamer; ihre Erscheinung hat eine Dauer von mehreren Secunden. Bisweilen (und neue Beobachtungen bestätigen das schon von Nicholson und Beccaria beschriebene Phänomen) werden ganz ohne vernehmbaren Donner, ohne Anzeige von Gewitter isolirte Wolken, welche hoch über dem Horizont stehn, ohne Unterbrechung auf lange Zeit leuchtend im Innern und an den Rändern; auch hat man fallende Hagelkörner, Regentropfen und Schneeflocken ohne vorhergegangenen Donner leuchten gesehn. In der geographischen Vertheilung der Gewitter bietet das peruanische Küstenland, in dem es nie blitzt und donnert, den auffallendsten Contrast mit der ganzen übrigen Tropenzone dar: in welcher sich zu gewissen Jahreszeiten fast täglich, 4 bis 5 Stunden nach der Culmination der Sonne, Gewitter bilden. Nach den vielen von Arago gesammelten Zeugnissen der Seefahrer (Scoresby, Parry, Roß, Franklin) ist nicht zu bezweifeln, daß im allgemeinen im hohen Norden zwischen 70° und 75° Breite electrische Explosionen überaus selten A. a. O. p. 388–391. Der um die Meteorologie des asiatischen Nordens hoch verdiente Akademiker von Baer hat nicht die große Seltenheit der Gewitter in Island und Grönland in Abrede gestellt: er hat nur angezeigt (Bulletin de l’Acad. de St.-Pétersbourg 1839 Mai), daß man auch in Nowaja Semlja und Spitzbergen bisweilen habe donnern gehört. sind.
Der meteorologische Theil des Naturgemäldes, welchen wir hier beschließen, zeigt, daß alle Processe der Licht-Absorption, der Wärme-Entbindung, der Elasticitäts-Veränderung, des hygrometrischen Zustandes und der electrischen Spannung, welche das unermeßliche Luftmeer darbietet: so innig mit einander zusammenhangen, daß jeder einzelne meteorologische Proceß durch alle anderen gleichzeitigen modificirt wird. Diese Mannigfaltigkeit der Störungen, die unwillkührlich an diejenigen erinnern, welche in den Himmelsräumen die nahen und besonders die kleinsten Weltkörper (Trabanten, Cometen, Sternschnuppen) in ihrem Laufe erleiden, erschwert die Deutung der verwickelten meteorologischen Erscheinungen; sie beschränkt und macht größtentheils unmöglich die Vorherbestimmung atmosphärischer Veränderungen: welche für den Garten-und Landbau, für die Schifffahrt, für den Genuß und die Freuden des Lebens so wichtig wäre. Diejenigen, welche den Werth der Meteorologie nicht in die Kenntniß der Phänomene selbst, sondern in jene problematische Vorherbestimmung setzen, sind von der festen Ueberzeugung durchdrungen: daß der Theil der Naturwissenschaft, um den so viele Reisen in ferne Berggegenden unternommen worden sind, die Meteorologie, sich seit Jahrhunderten keiner Fortschritte zu rühmen habe. Das Vertrauen, das sie den Physikern entziehen, schenken sie dem Mondwechsel und gewissen lange berufenen Calendertagen.
»Große Abweichungen von der mittleren Temperatur-Vertheilung treten selten local auf, sie sind meist über große Länderstrecken gleichmäßig vertheilt. Die Größe der Abweichung ist an einer bestimmten Stelle ein Maximum und nimmt dann