Иоганн Вольфганг фон Гёте

Gesammelte Gedichte: Elegien, Epigramme, Sonette, Kantaten, Xenien und viel mehr


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Töchter sollen dich warten schön;

      Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn,

      Und wiegen und tanzen und singen dich ein.«

      Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort

      Erlkönigs Töchter am düstern Ort? –

      Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:

      Es scheinen die alten Weiden so grau. –

      »Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;

      Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.«

      Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!

      Erlkönig hat mir ein Leids getan! –

      Dem Vater grausets, er reitet geschwind,

      Er hält in Armen das ächzende Kind,

      Erreicht den Hof mit Mühe und Not;

      In seinen Armen das Kind war tot.

Der Fischer

      Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll,

      Ein Fischer saß daran,

      Sah nach dem Angel ruhevoll,

      Kühl bis ans Herz hinan.

      Und wie er sitzt und wie er lauscht,

      Teilt sich die Flut empor;

      Aus dem bewegten Wasser rauscht

      Ein feuchtes Weib hervor.

      Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:

      Was lockst du meine Brut

      Mit Menschenwitz und Menschenlist

      Hinauf in Todesglut?

      Ach wüßtest du, wie ‘s Fischlein ist

      So wohlig auf dem Grund,

      Du stiegst herunter, wie du bist,

      Und würdest erst gesund.

      Labt sich die liebe Sonne nicht,

      Der Mond sich nicht im Meer?

      Kehrt wellenatmend ihr Gesicht

      Nicht doppelt schöner her?

      Lockt dich der tiefe Himmel nicht,

      Das feuchtverklärte Blau?

      Lockt dich dein eigen Angesicht

      Nicht her in ewgen Tau?

      Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll,

      Netzt’ ihm den nackten Fuß;

      Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,

      Wie bei der Liebsten Gruß.

      Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;

      Da wars um ihn geschehn:

      Halb zog sie ihn, halb sank er hin,

      Und ward nicht mehr gesehn.

Der König in ThuleFrühere Fassung: Der König von Thule

      Es war ein König in Thule,

      Ein’ goldnen Becher er hätt

      Empfangen von seiner Buhle

      Auf ihrem Todesbett.

      Den Becher hätt er lieber,

      Trank draus bei jedem Schmaus.

      Die Augen gingen ihm über,

      So oft er trank daraus.

      Und als er kam zu sterben,

      Zählt’ er seine Städt’ und Reich’,

      Gönnt’ alles seinen Erben,

      Den Becher nicht zugleich.

      Am hohen Königsmahle,

      Die Ritter um ihn her,

      Im alten Vätersaale

      Auf seinem Schloß am Meer

      Da saß der alte Zecher,

      Trank letzte Lebensglut

      Und warf den heiligen Becher

      Hinunter in die Flut.

      Er sah ihn sinken und trinken

      Und stürzen tief ins Meer.

      Die Augen täten ihm sinken,

      Trank keinen Tropfen mehr.

Spätere Fassung

      Es war ein König in Thule

      Gar treu bis an das Grab,

      Dem sterbend seine Buhle

      Einen goldnen Becher gab.

      Es ging ihm nichts darüber,

      Er leert’ ihn jeden Schmaus;

      Die Augen gingen ihm über,

      Sooft er trank daraus.

      Und als er kam zu sterben,

      Zählt’ er seine Städt’ im Reich,

      Gönnt’ alles seinen Erben,

      Den Becher nicht zugleich.

      Er saß beim Königsmahle,

      Die Ritter um ihn her,

      Auf hohem Vätersaale,

      Dort auf dem Schloß am Meer.

      Dort stand der alte Zecher,

      Trank letzte Lebensglut,

      Und warf den heilgen Becher

      Hinunter in die Flut.

      Er sah ihn stürzen, trinken

      Und sinken tief ins Meer.

      Die Augen täten ihm sinken;

      Trank nie einen Tropfen mehr.

Das Blümlein WunderschönLied des gefangnen GrafenGraf

      Ich kenn ein Blümlein Wunderschön

      Und trage darnach Verlangen;

      Ich möcht es gerne zu suchen gehn,

      Allein ich bin gefangen.

      Die Schmerzen sind mir nicht gering;

      Denn als ich in der Freiheit ging,

      Da hatt ich es in der Nähe.

      Von diesem ringsum steilen Schloß

      Laß ich die Augen schweifen

      Und kanns vom hohen Turmgeschoß

      Mit Blicken nicht ergreifen;

      Und wer mirs vor die Augen brächt,

      Es wäre Ritter oder Knecht,

      Der sollte mein Trauter bleiben.

Rose

      Ich blühe schön, und höre dies

      Hier unter deinem Gitter.

      Du meinest mich, die Rose, gewiß,

      Du edler, armer Ritter!

      Du hast gar einen hohen Sinn,

      Und herrscht die Blumenkönigin

      Gewiß auch in deinem Herzen.

Graf

      Dein Purpur ist aller Ehren wert

      Im grünen Überkleide;

      Darob das Mädchen dein begehrt,

      Wie Gold und edel Geschmeide.

      Dein Kranz erhöht das schönste Gesicht

      Allein du bist das Blümchen nicht,

      Das ich im stillen verehre.

Lilie

      Das Röslein hat gar stolzen