hat. Ein Tabaksfeld in der Nähe von Amerongen war zum Teil gelegen an einer mit schweren Buchen bewachsenen Allee; dieser Teil wurde fast den ganzen Tag beschattet, war also feuchter als der von der Sonne beschienene. Die Pflanzen im Schatten waren höher und mit grösseren Blättern versehen.
Die mikroskopischen Untersuchungen zeigen in der That, dass die Struktur der Blätter feiner ist, und dass besonders das Schwammparenchym mit grösseren Luftgefässen versehen ist als dasselbe Gewebe der von der Sonne beschienenen Blätter. Ebenso, jedoch in schwächerem Grade, kennzeichneten sich die Blätter der Pflanzen, welche durch den Schatten der Trockenscheunen nach 1 Uhr Nachmittags keine Sonne mehr bekamen. Im Anschluss hieran lehrten mich die Versuche, dass ein Blattteil ohne Hauptrippen einer beschatteten Pflanze weniger wog als ein ebensogrosser Teil von einem besonnten Blatte. Als Durchschnittswert bei frischen Blattteilen fand ich für die im Schatten wachsenden Pflanzen, bei einer Oberfläche von 23 cm2, 0.530 Gramm, für die im Sonnenlicht wachsenden Pflanzen 0.650 Gramm, also im Verhältnis von 100 zu 122.
Zugleicherzeit muss hier die Bemerkung gemacht werden, dass Pflanzen, welche im Schatten wachsen, im grossen Ganzen ein besser brennbares Blatt liefern.
Aus diesen Betrachtungen erhellt die Macht der Düngung und der Einfluss des Lichtes auf den anatomischen Bau des Blattes[B].
Kultur
Anfang März wird der Samen der Tabakspflanze auf eine sehr eigentümliche Weise zur Aussaat präpariert. Zu einem Hektar braucht man nur 18 Fingerhütchen von diesem sehr winzigen Samen. Man bringt weissen Sand in Blumentöpfe und oben darauf den ein wenig angefeuchteten Samen. Eine Reihe dieser Töpfe, meistens für verschiedene Züchter, wird in ein kaltes mit Glasscheiben verschlossenes Mistbeet gestellt, in welchem durch Brühung des hineingebrachten Pferdemistes die erwünschte Temperatur erhalten wird, um die Saat keimen zu lassen. Sobald das Würzelchen sich zeigt, wird der Samen mit trocknem Sande vermischt und dann in die Mistbeete ausgesät. Der Boden dieser Mistbeete ist mit Pferdemist und etwas Taubenmist zubereitet. In der Gegend von Wageningen und Amerongen ist dieser Vogelmist leicht zu bekommen, durch das Recht, welches einigen Herrlichkeiten gewährt ist, hunderte ja sogar tausende meist verwilderte Tauben halten zu dürfen. Von diesen uralten Herrlichkeiten können genannt werden: Amerongen, Molenstein, Zandenburg und Leeuwenburg. Der Handelswert dieses Taubenmistes ist etwa 2 Gulden per Malter.
Die Kiste oder das Mistbeet, wovon der Glasrahmen mit geöltem Papier verklebt ist, wird jetzt derartig behandelt, dass der Pferdemist etwa 1 cm., der Taubenmist dahingegen etwa 3 à 4 cm. unter den Boden zu liegen kommt. Nachher wird das Mistbeet triefnass gemacht, und der Samen mit Sand vermischt darüber gestreut. Die ersten 10 Tage braucht es nicht begossen zu werden. Etwa am 15-30 Mai sind die Pflänzchen so gross, dass die besten ausgesucht und gepflanzt werden können. Dies geschieht auf dem schon schwer gedüngten Land und zwar so, dass zwei Reihen der Pflänzchen auf einen einigermassen erhöhten Erdrücken gestellt werden.
Man erhält hierdurch eine gute Abwässerung und zugleicherzeit eine sehr gute Gelegenheit, um später beim Einernten zwischen die Pflänzchen zu gelangen.
Auf einem ha. stehen ungefähr 38000 Pflanzen, welche je 45 cm. von einander entfernt sind. Die Umgebung der jungen Pflänzchen wird immer sorgfältig mittels Schaufel und Hacke vom Unkraute gesäubert.
Die gefürchteten Feinde der Pflanzen sind nun die »Käfer- und Grauwürmer«, die auf allen Tabaksfeldern, und die Erdraupen, die nur auf einigen Feldern gefunden werden. Nicht selten werden während des ersten Monats 2000 per ha. mit der Hand, also durch Ablesen entfernt. Nach dieser Zeit verschwinden diese gefürchteten Eindringlinge von selbst. Die Anpflanzung einer Reihe Salat längs der hohen Erbsen- und Bohnenhecken, scheint ein Lockmittel für die Erdraupen zu sein; auf diese Weise wird das Suchen und Entfernen erleichtert.
Der Geldersche Landmann versteht unter Käferwürmern »Engerlinge«, das sind die Larven des Maikäfers, Melolontha vulgaris. Unter Grauwürmern versteht man gewöhnlich die »Emelten«, die Larven der Erdschnaken: Tipula oleracea, T. paludosa, T. maculosa, u. s. w. Unter Nadelwürmern versteht man gewöhnlich Erdraupen: Agrotis segetum, A. tritici, A. exclamationis u. s. w. Die Züchter verwechseln gewöhnlich diese Namen. Herr Professor Ritzema Bos hatte die Güte, mir hier die richtigen Benennungen anzugeben. Nach 6 bis 7 Wochen ist die Pflanze schon so gross, dass sie »geköpft« werden kann, d. h. in den Morgenstunden wird mit geölten oder mit Speck eingeriebenen Fingern die Knospe herausgenommen. Die Pflanze trägt bald darauf 14 à 15 tüchtige Blätter. An einer geringen Zahl gut gewählter Pflanzen lässt man Samen schiessen, entfernt die kleinen Blumen oder Früchte und lässt die Grösseren zur vollen Reife kommen. Der Samen, der von überseeischen Besitzungen zum Anstellen von Versuchen hierher gebracht wurde, ist im Laufe der Jahre durch die natürliche Kreuzbestäubung stets zurück gegangen. Man hält jetzt auf die beschriebene Weise eine Auslese zur Ziehung der besten Arten. Ende Juli werden die untersten fünf Blätter, das sogenannte Sandgut, gepflückt, 2 bis 3 Wochen später das Erdgut, und wieder nach derselben Zeit das Bestgut.
Die Blätter werden nach jeder Ernte in dem Hauptnerv eingeschnitten, an Stäbe oder Stangen gesteckt und dicht auf einander 3 bis 4 Wochen in dazu hergerichteten, gut ventilierten, meistens hölzernen Scheunen zum Trocknen aufgehängt. Bei feuchtem Wetter geschieht dies Trocknen nicht immer nach Wunsch, die Blätter trocknen schlecht und in Folge dessen entsteht die sogenannte »Anschwellung«, die in Fäulnis übergehen kann. Dadurch, dass man niedrige Feuer unter die trocknenden Blätter anlegt, kann diesem Übel abgeholfen werden, besonders im Spätsommer: am 10ten Tag der Trocknung wird dies beim Bestgut beobachtet, die »Anschwellung« zeigt sich dann dadurch, dass die hängenden Blätter sich gerade ausbreiten.
Das Sandgut, Bestgut und Erdgut, von dem beim Anfange der Trocknung etwa 30 à 40 Blätter an einer Stange hingen, wird nach 3 bis 4 Wochen umgesteckt und zwar derartig, dass die Blätter von 4 Stäben auf eine Stange gesteckt werden. Dann werden diese Stangen zu Haufen aufgetürmt und zwar so, dass ein Kubus gebildet wird, dessen Höhe aus etwa 20 bis 25 Schichten besteht, wovon die Blätter alle nach innen gerichtet sind.
So bleiben sie liegen bis zum Oktober oder November, um dann sortiert und in Büschel zusammen gebunden zu werden.
Anatomie und Physiologie.
Die Brennbarkeit des Tabaksblattes, wie wir schon sahen, ist abhängig von der Anwesenheit organischer Kaliumsalze.
Die Art, wie die Pflanze diese bildet und aus welchen Salzen sie entstehen, ist nicht mit Bestimmtheit anzugeben. Jede lebende Pflanze (die meisten Parasiten ausgenommen) baut aus anorganischen Stoffen diejenigen Körper auf, welche sie braucht. In welcher Weise das Nicotin von der Tabakspflanze aufgebaut wird, ist unbekannt. Dies Alcaloid scheint sich in allen Teilen der Pflanze zu finden.
Mit den allgemeinen Alcaloidreagentien wird überall im Pallissadengewebe wie im Schwammparenchym eine Reaktion beobachtet.
Die Funktionen, welche die Organe der Pflanze ausüben, sind genau bekannt; man kennt die Rolle vom Xylem, Phloëm, Parenchym, Collenchym, Sclerenchym und von sovielen andern. Weniger bekannt ist die Weise, in welcher die Pflanze die organischen Stoffe aufbaut, Stoffe, welche so zusammengesetzt sind, dass man noch nicht den mindesten Begriff hat von ihrer Konstitution oder ihrem chemischen Bau. Vor einigen Jahren gab Baeyer seine Hypothese über die Bildung der Kohlhydrate unter dem Einflüsse des Chlorophylls. Nach dieser Vermutung, die noch nicht widerlegt worden ist, geht die Kohlensäure in Ameisensäure über, diese mittels Reduktion in Aldehyd, und dieses wieder unter Polymerisation in ein Kohlhydrat, einen Zucker, ein Monosaccharid. Nach den Untersuchungen von Curtius, die im Anfange des Jahres 1897 bekannt gemacht wurden, ist es ihm gelungen, aus dem Brei der Pappel- und Eschenblätter, mittels M — Nitrobenzhydrazid, ein Aldehyd