Wilhelm Kobelt

Fauna der Nassauischen Mollusken


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die Präparate auf einander legen zu können, klebe ich an beide schmale Seiten des Objectträgers ein paar Cartonstreifen, auf die ich zugleich Namen etc. schreiben kann; zum Aufkleben bediene ich mich einer mit französischem Terpentin versetzten Schellaklösung; nimmt man reine Schellaklösung oder Gummi, so springen die Leisten alle Augenblicke ab.

      Aus dem hinteren, oberen Theile der Mundmasse entspringt die Speiseröhre, ein enges, mitunter in Längsfalten liegendes Rohr, das sich entweder schon nach kurzem Lauf allmählig, wie bei Helix und Limax, oder nach langem Lauf plötzlich, wie bei Limnaea und Planorbis, zu einem mehr oder minder geräumigen Magen erweitert. Meist der Einmündungsstelle des Schlundes gegenüber entspringt aus dem Magen dann der Darm; nur bei den Kiemenschnecken erscheint der Magen mehr zusammengebogen und die beiden Oeffnungen liegen nahe bei einander.

      Der Darmcanal bildet meistens zwei starke Schlingen, die innerhalb der Lebermasse verlaufen, und geht dann in den kurzen, geraden Mastdarm über, der an der rechten Seite, zunächst an oder in der Athemhöhle, nach aussen mündet. Die Wand des Darmes besteht aus einer dicken Muskelhaut mit besonders starken Längsmuskeln, und einem inneren Ueberzug von cylindrischen Zellen; Drüsen finden sich in derselben nirgends.

      Dagegen findet man einige starke Drüsen ausserhalb des Darms, aber in ihn einmündend. Immer sind zwei starke Speicheldrüsen vorhanden, die zu beiden Seiten des Schlundes liegen und in ihn einmünden. Den hintern Theil des Körpers füllt die Leber aus, aus mehreren Drüsen bestehend, die den Darm und die Fortpflanzungs-Organe umhüllen und in den Magen oder den obersten Theil des Darmcanals, jede mit einem eigenen Ausführungsgange, einmünden.

      Das Nervensystem ist ziemlich einfach. Wir finden weder ein in ähnlicher Weise wie bei den Wirbelthieren die andern Nervencentren überwiegendes Gehirn, noch eine Längsreihe strangförmig vereinigter Nervenknoten, wie bei den Gliederthieren. Das Centralorgan ist ein Nervenring, der unmittelbar hinter der Mundhöhle, bei den Kiemenathmern hinter der Schnauze, den Anfang der Speiseröhre umgiebt. Er besteht aus drei Paar Nervenknoten oder Ganglien, die durch mehrere Nervenfäden unter einander verbunden sind. Ein Ganglienpaar liegt auf der Oberseite des Schlundes, es giebt die Nervenäste für den Kopf und die Sinnesorgane ab und wird das Hirnganglion genannt. Von den beiden auf der Unterseite liegenden Paaren versorgt das eine den Fuss und die Bewegungsorgane, Fussganglion, das andere die Eingeweide, Visceralganglion. Wo besonders starke Organe zu versorgen sind, finden wir meistens noch einzelne Nervenäste zu Knoten anschwellend, besonders im Mantel. Die Ganglien bestehen aus ziemlich grossen Zellen mit mehreren Ausläufern, sogenannten multipolaren Ganglienzellen; die Ausläufer gehen unmittelbar in die ziemlich breiten, blassen Nervenfasern über, die aber nicht, wie bei den höheren Thieren, aus Scheide und Inhalt, sondern nur aus einer gleichartigen Masse bestehen.

      Die beiden unteren Ganglien sind bei den Lungenschnecken meist mit einander verschmolzen, doch kann man an den austretenden Nerven die Bedeutung der einzelnen Theile leicht erkennen. Bei den Kiemenathmern sind sie weiter von einander entfernt, bei manchen Seeschnecken liegen sie sogar, durch lange Nervenfäden verbunden, in ganz verschiedenen Körpertheilen. Die Farbe des Nervensystems ist meist ein blasses Weiss; bei Limnaea und Planorbis aber sind alle Theile gelb oder roth gefärbt.

      Die Sinnesorgane finden wir bei den Gastropoden alle fünf mehr oder weniger entwickelt. Das Gefühl scheint seinen Hauptsitz in den Fühlern zu haben, doch sind auch die anderen Körpertheile mehr oder weniger empfindlich. Die Fühler oder Tentakel geben durch ihren sehr verschiedenen Bau wichtige Anhaltspuncte für die Eintheilung. Bei den lungenathmenden Landschnecken finden wir hohle, im Innern mit Blut erfüllte Fühler, die wie Handschuhfinger aus- und eingestülpt werden können. Das Einstülpen geschieht durch einen eigenen Muskel, der, von dem Spindelmuskel ausgehend, sich kurz vor der Spitze des Fühlers, aber noch unterhalb des Auges und des Tastorganes, ansetzt; der vorderste Theil des Fühlers wird also bei seiner Zusammenziehung nur in die Fühlerröhre hineingezogen, nicht in sich selbst eingestülpt; dadurch sind die Sinnesorgane vor Zerrung geschützt. Die Ausstülpung erfolgt ohne Muskelwirkung nur durch den Blutandrang. In die Fühler tritt von dem Hirnganglion aus ein starker Nervenast, der unmittelbar jenseits des Muskelansatzes zu einem Nervenknoten anschwillt, von dem aus feine Fädchen nach der Haut gehen. Moquin-Tandon will hierin das Geruchsorgan erkennen.

      Die Landschnecken haben meistens vier Fühler, von denen aber die unteren kleiner und einfacher gebaut zu sein pflegen; bei der zu Pupa gehörigen Gattung Vertigo verkümmern dieselben sogar ganz. Die Wasserschnecken haben meistens nur zwei Fühler, und sind dieselben nur einfache, lappen- oder borstenförmige, inwendig solide Hautlappen, die nicht eingezogen, sondern nur zurückgezogen und unter den Mantelrand verborgen werden können; sie enthalten auch keinen besonderen Nervenknoten. Die gedeckelten Landschnecken haben ebenfalls nur zwei, nicht einziehbare Fühler und gleichen hierin ganz den Kiemenschnecken.

      

      Gesichtsorgane finden sich bei allen Gastropoden, mit Ausnahme einiger Arten, die in dem ewigen Dunkel grosser Tropfsteinhöhlen, fast nur im Krain, leben. Sie sind sehr vollkommen gebaut, ganz ähnlich denen der höheren Thiere. Zu äusserst liegt eine feste, bindegewebige Haut, die sich vornen zu einer durchsichtigen Hornhaut verdünnt; dahinter liegt eine ziemlich kugelige Linse, und den Rest des Auges füllt die Netzhaut aus, an der man aber wieder eine innere faserige und eine äussere körnige Schicht unterscheiden kann, zwischen denen eine dünne Schicht farbstoffhaltiger Zellen, der Aderhaut der höheren Thiere entsprechend liegt. Nur die unterirdisch lebende Cionella acicula hat auch keine ausgebildete Augen, mindestens keine Pigmentschicht darin. Genauere Untersuchungen an dieser Art sind mir nicht bekannt. Die Nerven kommen nicht von dem Ganglion des Tastnerven, obwohl das Auge der Landschnecken unmittelbar auf demselben aufsitzt, sondern von einem eigenen Nerven, der sich schon ziemlich nahe am Gehirnganglion von dem Tastnerven abzweigt. Ueber seine Endigungen in der Netzhaut ist man noch nicht einig, da die schwarzgefärbte Zellenschicht eine Untersuchung dieser Verhältnisse ausserordentlich erschwert.

      Die Lage der Augen gibt für unser System einen sehr wichtigen Eintheilungsgrund ab. Bei allen lungenathmenden Landschnecken, mit Ausnahme der Auriculaceen und Cyclostomaceen, stehen die Augen auf der Spitze der oberen Fühler und der Schmidt’sche Name Stylommatophoren ist davon abgeleitet. Bei den lungenathmenden Wasserschnecken sitzen sie meistens innen neben der Fühlerbasis, bei den gedeckelten Wasserschnecken aussen, bei den gedeckelten Landschnecken ebenfalls aussen oder hinter der Fühlerwurzel.

      Die Schärfe des Gesichtes scheint nicht sehr bedeutend zu sein; doch können sie immerhin einige Fuss weit sehen. Ich habe oft beobachtet, dass kriechende Schnecken ihre Fühler einzogen, sobald ich, mehrere Fuss von ihnen entfernt stillestehend, die Hand nach ihnen ausstreckte.

      Auch das Gehörorgan findet sich bei allen Gastropoden; es besteht aus zwei kugeligen oder halbkugeligen Bläschen, die beiderseits auf der Hinterseite der Fussganglien aufsitzen und einen oder einige steinartige Körperchen, die Hörsteine oder Otolithen, enthalten, die beständig in schwingender, zitternder Bewegung sind. Sie wurden zuerst von John Hunter erkannt, und dann von v. Siebold, und besonders in neuerer Zeit von Ad. Schmidt[4], genauer untersucht. Bei kleinen Schnecken kann man leicht die zitternde Bewegung der Otolithen beobachten, wenn man der lebenden Schnecke den Kopf abschneidet, ihn mit einem Tropfen Wasser zwischen zwei Objectträgern presst und dann unter das Microscop bringt; die Bewegung dauert dann ¼-½ Stunde. Form und Zahl der Gehörsteinchen sind sehr verschieden; Cyclostoma, Hydrobia, Bithynia haben nur einen, Neritina viele hunderte. Man nimmt meistens an, dass sie aus kohlensaurem Kalk (Arragonit) bestehen, da sie sich in Essigsäure ohne Rückstand auflösen; Schmidt macht aber darauf aufmerksam, dass auch in dem Glycerin microscopischer Präparate, welche längere Zeit der Wärme ausgesetzt waren, die Gehörsteinchen sich auflösen, was mit dem chemischen Verhalten des Kalkes nicht stimmt.

      Bei einigen Schnecken, Helix, Limax, Physa, beobachtete Ad. Schmidt einen Gang, der von der Gehörblase nach der äusseren Haut verläuft und vermuthlich als äusserer Gehörgang die Zuleitung des Schalles vermittelt.

      Der Geschmacksinn ist bei allen Schnecken vorhanden, denn sie wählen ihre Nahrung sehr sorgfältig aus, seinen Sitz hat man aber noch nicht ausmachen können. Ebenso