Else Ury

Die beliebtesten Jungmädelgeschichten von Else Ury


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wird auf dem Herd heiß gestellt, anders tut das Hausmütterchen es nicht.

      Nächstens soll auch große Puppenschneiderei stattfanden, Annemarie hat zu ihrem Geburtstag eine allerliebste kleine Nähmaschine bekommen. Fräulein will ihr zeigen, wie man darauf näht. Dabei hat sie auch noch den Kaufmannsladen und die Mehlhandlung zu bedienen, wenn Klaus gerade keine Lust dazu hat, oder wenn sie sich beide gezankt haben.

      Und Mutti will ihr Nesthäkchen doch auch ein bißchen um sich haben, wirklich, Annemarie weiß oft gar nicht, was sie von all ihren vielen Arbeiten zuerst machen soll.

      Sie kann sich gar nicht denken, daß es kleine Mädchen gibt, die sich manchmal langweilen.

      2. Kapitel

       Was der Osterhase bringt

       Inhaltsverzeichnis

      Es war am Ostersonntag, ganz früh am Morgen. Golden schien die liebe Sonne vom Himmel, gerade in Nesthäkchens Kinderstube hinein.

      Die Puppen lagen alle noch in festem Schlaf. Kurt schnarchte wie ein Murmeltier, und auch Lottis Fräulein schlief noch.

      Nanu – die Sonne begann erstaunt zu blinzeln – was sollte denn das bedeuten?

      Aus dem weißen Kinderbett in der Ecke sprang, vorsichtig nach dem schlafenden Fräulein herüberschauend, ein kleiner Hemdenmatz mit zwei blonden Rattenschwänzchen. Eins, zwei, drei, huschte er leise durch das Zimmer, geradeswegs zum Fenster, und kletterte dort behutsam auf den Kinderstuhl.

      Was hatte denn Nesthäkchen bloß in aller Herrgottsfrühe schon auf den Hof hinunterzugucken? Die Portierkinder, mit denen sie gut Freund war, schliefen doch noch alle.

      Die Sonne machte ein mißbilligendes Gesicht. Den Tod konnte sich das barfüßige kleine Ding ja bei seiner Frühpartie holen oder doch wenigstens einen tüchtigen Schnupfen.

      Nein, das gab die liebe Sonne nicht zu, daß Klein-Annemarie an den Osterfeiertagen krank im Bette liegen mußte.

      Schnell nahm sie ein paar ihrer spitzen Goldstrahlen und begann Fräulein damit unter die Nase zu krabbeln, einmal und noch einmal.

      »Hatschi!« nieste Fräulein und schlug die Augen auf. Da sah sie zu ihrer Verwunderung am Fenster auf dem Kinderstuhl ein ausgekniffenes Hemdenmätzchen thronen, das Stubsnäschen gegen die Scheiben gepreßt.

      »Kind – Annemie – willst du wohl gleich wieder ins Bett, es ist ja noch nicht mal sechs!« rief sie ärgerlich.

      »Ach, Fräulein,« Annemarie fuhr erschreckt zusammen, »warum bist du bloß aufgewacht! Ich wollte doch so schrecklich gern mal den Osterhasen sehen, ob er auch recht viel Eier für mich hat.«

      »Wenn du so unartig bist und heimlich aus dem Bett kletterst, bringt dir der Osterhase überhaupt keine Eier. Der kommt nur zu artigen Kindern. Flink zurück ins Bettchen, Annemie, daß du nicht etwa krank wirst«, mahnte Fräulein.

      »Woher weiß der Osterhase denn, ob ich artig bin?« erkundigte sich das Barfüßchen.

      »Er läßt es sich von allen Muttis und Fräuleins erzählen«, gähnte Fräulein.

      »Hat er dich auch schon danach gefragt?«

      »Ja–a–a–u–uh«, Fräulein gähnte herzbrechend.

      »Wann denn?« Nesthäkchen spitzte die Ohren.

      »Hör’ jetzt endlich mit dem ewigen Gefrage auf und gehe in dein Bett, Annemie, oder soll ich erst böse werden?«

      »Nein, nein, aber mein liebstes, bestes, allersüßestes Zuckerfräulein, sag’ mir doch bloß noch, wann der Osterhase dagewesen ist, dann gehe ich auch gleich wieder artig ins Bett«, schmeichelte die Kleine.

      »Heute nacht.« Fräulein konnte den Bitten der kleinen Schmeichelkatze nicht widerstehen.

      »Heute nacht, da hast du wohl mit ihm aus dem Schlaf gesprochen, Fräulein?« verwunderte sich die Kleine.

      Aber als Annemie jetzt endlich den Rückzug in ihr Bettchen antreten wollte, da jauchzte sie plötzlich laut auf, daß sämtliche Puppen entsetzt aus dem Schlaf hochfuhren, und Kurt vor Schreck fast aus seiner Fußbank gekegelt wäre.

      »Fräulein, der Osterhase, da ist er, ganz deutlich habe ich ihn gesehen.« Die Kleine wies aufgeregt aus dem Fenster. Schwarz war er, und einen langen Schwanz hat er gehabt, und mit einem Satz ist er drüben über das Dach gesprungen.«

      »Du Schäfchen, das war sicher der schwarze Kater von unserm Portier.« Jetzt mußte Fräulein doch lachen.

      »Der Kater – bewahre – das war der Osterhase!« Annemie ließ sich so leicht nicht etwas ausreden. Auch als sie wieder im Bett lag und ihre Blauaugen gerade müde zuklappen wollten, murmelte sie noch im Einschlafen: »Und es war doch der Osterhase!«

      Ein Weilchen darauf spähte die liebe Sonne aufs neue in die Kinderstube hinein, ob dort nun endlich Ruhe herrschte. Da schlief die ganze Gesellschaft wieder, und der richtige Osterhase konnte, unbeobachtet von neugierigen Kinderaugen, all seine Schokoladen-und Marzipaneier verstecken.

      Das war eine schwierige Sache für Fräulein, heute Nesthäkchen anzukleiden. Sehr still hielt der kleine Wildfang ja niemals, aber heute war die Annemarie in allen vier Ecken der Kinderstube zu gleicher Zeit. Am Ende hatte Fräulein bloß nicht aufgepaßt, und der Osterhase hatte doch ein paar Eier ins Kinderzimmer gelegt.

      Während Fräulein ihr die blonden Kraushärchen entwirrte, was niemals eine sehr angenehme Aufgabe war, entwischte sie ihr dreimal.

      Wutsch – war sie in dem Schuhschrank drin, wo sie sämtliche Schuhe und Stiefel nach Ostereiern durchstöberte. Fräulein mit Kamm und Bürste hinterdrein.

      Dann, als das erste Zöpfchen halb geflochten war, fiel es Annemie plötzlich ein, sicher würde sich etwas in der Puppenküche finden. Heidi – kramte sie auch schon dort das Unterste zu oberst, Fräulein mit Kamm und Bürste hinterdrein.

      Aber als die Kleine plötzlich, gerade da die große, hellblaue Schleife das zweite Zöpfchen schmücken sollte, hast du nicht gesehen, auf den großen Tisch kletterte, um auf den Ofen nach Ostereiern zu spähen, da konnte Fräulein mit Kamm und Bürste nicht hinterdrein. Auf den Tisch konnte sie unmöglich klettern. Sie machte ein unzufriedenes Gesicht, bis Annemie sich ihrem Fräulein mit Küssen und Streicheln an den Hals hängte und versprach, sich nun aber wirklich ganz artig anziehen zu lassen. Das tat sie auch, denn so klein sie auch war, das wußte die Annemarie: Was man verspricht, muß man halten!

      »Na, endlich ausgeschlafen, Lotte?« begrüßte sie der Vater, als Nesthäkchen am Kaffeetisch erschien.

      »Ach, Vatchen, ich habe heute morgen schon den Osterhasen übers Dach springen sehen«, erzählte Annemarie eifrig.

      »So?« fragte der Vater ernsthaft.

      Der vorlaute Klaus aber rief: »Es gibt ja gar keinen Osterhasen, bist du noch ein dämliches Ding, nur ganz gewöhnliche Hasen gibt es.«

      »Das ist nicht wahr, du lügst!« begehrte das Schwesterchen auf.

      So etwas wollte sich der Klaus nun wieder nicht sagen lassen, er griff nach Annemies frisch geflochtenen Zöpfchen, und es wäre an dem schönen Ostersonntag wohl zu einer regelrechten Schlacht gekommen, wenn Mutti nicht gerade das Zimmer betreten hätte.

      »Ei, Kinder, ist das unser Feiertagsfrieden?« fragte sie vorwurfsvoll.

      Da ließen die kleinen Kampfhähne beschämt voneinander ab, und Nesthäkchen sprang zu Mutti, um sich ihren Gutenmorgenkuß zu holen.

      Gibt es wohl noch etwas Schwereres im Leben, als zwei große Tassen Kakao austrinken zu müssen, während man ganz genau weiß, daß im Nebenzimmer die schönsten Ostereier auf einen warten?

      Endlich – endlich war die Tasse leer, und nun war Klein-Annemarie auch nicht mehr zu halten.